Jazz at the Philharmonic

Michael Engelbrecht

Aziza Mustafa Zadeh

Das Exotische löst, oft zu eilfertig, eine besondere Faszination aus. Alles Fremde scheint von ungewohnten Wahrnehmungen zu künden, einer Sicht auf die Welt, die das Normale überwindet und selbst Oberflächen ganz neu schillern läßt. So wird auch in der Musik gern der Kitzel des Andersartigen bedient; die Wortfelder vorn "Magischen" bis zur "fremden Welt" werden inflationär benutzt, selbst wenn das musikalische Material nur flüchtig angezuckert ist mit ungewöhnlichen Instrumenten und nicht- westlichen Grooves. Daß hinter solchen Begehrlichkeiten oft nur Allerweltsklang steckt und ein geschäftstüchtiger Flirt mit rasch verfliegenden Moden, wird spätestens deutlich, wenn die Reize rasch verflogen sind und das Verfallsdatum des Ohrenkitzels erreicht ist. Wenn aber Klänge so eigenständig, so originell sind, daß die Mythen und Legenden sich zur Musik wie Fußnoten zu einem Text verhalten, dann ist höchste Aufmerksamkeit geboten, dann werden Schlagzeilen und reißerische Attribute zur Nebensache! Wie bei Aziza Mustafa-Zadeh, die als "Jazz-Prinzessin aus dem Morgenland" hofiert und mit blumiger Metaphorik in die Exotika-Abteilung des modernen Jazz eingereiht wird. Am 19. Dezember 1969 wurde sie in Baku, Aserbaidschan, in eine musikalische Familie hineingeboren - und in einen Schmelztiegel, in dem sich aserbaidschanische, armenische, türkische und persische Einflüsse verbinden. Ihr Vater Vagif war ein bekannter Jazzpianist in seiner Heimat, zugleich bestens vertraut mit der Folklore des Landes; sein früher Tod ließ ihn zur Legende werden. Ihre Mutter Eliza, eine gelernte Folksängerin, wandte sich ebenso intensiv dem Jazz zu und wurde zur stetigen Wegbegleiterin ihrer Tochter - allgegenwärtig vom Management bis zur Ko-Produktion ihrer CD's. Zu einer Zeit, als der sowjetische Jazz von offizieller Seite noch als imperialistische Kulturware geächtet wurde, studierte Aziza klassische Klaviermusik, Jazz und Folklore, ohne diese drei Genres in eine herkömmliche Hierarchie der Ernsten und "weniger" Ernsten Musik einzuordnen. Mit der Unterstützung ihres Vaters gewann sie einen tiefen Einblick in Mugam, die ältesten Heimatklänge des Aserbaidschan, eine "Musik der Liebenden", die sich, ähnlich wie indische Ragas, vorgegebener Muster bedient und zugleich großes improvisatorisches Geschick verlangt. Die Verbindung zum Jazz liegt also nahe. Zudem verfügten auch die von Aziza Mustafa-Zadeh bewunderten Evans, über ausgezeichnete Kenntnisse klassischer Musik. Berührungsängste verschwinden da von selbst. Solche Gleichzeitigkeit von Grenzüberschreitung und Traditionsbewußtsein, von Klangpoesie und Experiment, zeigt sich, am ungeschütztesten, in ihren Solokonzerten bzw. Soloalben "Aziza Mustafa Zadeh" (1991) und "Seventh Truth" (1996). In ihren Gruppenarbeiten erfüllt sich die Pianistin, Sängerin und Komponistin den Traum, mit hochkarätigen Jazzmusikern zu spielen. Auf "Always" (1993) spielt sie im Trio mit John Patitucci (b) und Dave Weckl (dr), auf "Dance Of Fires" [sic](1995) u.a. mit Al Di Meola (g) und Stanley Clarke (b), auf ihrem aktuellen Album) jazziza" (1997) mit Toots Thielemans (harm), Philip Catherine (g) und Eduardo Contrera (perc).

In der Kölner Philharmonie wer Aziza Mustafa-Zadeh zuletzt im Juni 1996 zu Gast.

Aziza Mustafa Zadeh

 

         Reprinted without permission. Published on Jo's Nexus.

 

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