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Die Hoffnung stirbt am letzten Tag

Diagnose Hirntumor

Kapitel 15: Ängste und Sorgen
8. Juni

Werner war sich doch insgeheim bewusst, dass er Hilfe brauchte. Es fehlte ihm die Sicherheit beim Duschen. Eigentlich wollte ich rüber in die Gemeinschaftsküche, um mit dem Kochen zu beginnen. Er sollte in der Zwischenzeit duschen. Doch er wollte beim Duschen nicht alleine sein. „Falls was passiert“, meinte er.

Jeden Monat hatte Werner bis anhin einen Vortrag gehalten. Dafür benötigte er immer viel Vorbereitungsarbeit. Es war am 8. Juni, also vier Wochen vor dem nächsten Vortragswochenende, als er sich äusserte: „Ich habe noch nicht mal einen Anfang für den nächsten Vortrag.“ Für mich war es erstaunlich, dass er wirklich daran dachte, wieder einen Vortrag zu halten. Seine Vorträge waren immer wissenschaftlich sehr anspruchsvoll. Mir war klar, dass er nicht mehr dazu fähig war, solche Themen zu bearbeiten.

Nachmittags unternahmen wir regelmässig bei schönem Wetter einen Spaziergang. Sie wurden jedoch immer kürzer. Diesmal wollte Werner aber unbedingt noch ein Stück weiter laufen. Doch auf einmal musste er dringend absitzen. Leider war nirgends eine Bank zu sehen. Zum Glück war in der Nähe ein Brunnen und in letzter Sekunde konnte er sich auf den Brunnenrand setzen. Ich weiss nicht, was sonst passiert wäre. Erinnerungen an zwei Jahre früher kamen in mir hoch. Von jetzt an wollte ich nicht mehr alleine mit ihm an die frische Luft.