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Die Hoffnung stirbt am letzten Tag

Diagnose Hirntumor

Kapitel 17: Zukunftsaussichten
12. Juni

Am 12. Juni war wieder ein Hausarzttermin. Diesmal war ich kurz alleine mit dem Arzt. Ich nutzte die Gelegenheit und fragte ihn, womit ich rechnen müsse. Was konnte in Zukunft passieren? Dr. Baumer erklärte, es könne zu epileptischen Anfällen kommen.

„Wenn er einen Anfall kriegt, dann dürfen Sie ihn nicht berühren. Warten Sie einfach, bis es vorbei ist.“

Weiter meinte er, könnte es auch zu einer Hirnblutung kommen, wenn der Hirndruck plötzlich ansteigen würde. Das Cortison wirke dem zwar entgegen, aber seine Wirkung halte nicht ewig. Ausserdem könnte es auf der rechten Seite zu einer totalen Lähmung kommen.

Dr. Baumer berichtete uns dann noch vom Tumorboard, das nun endlich am 6. Juni stattgefunden hatte. Der Laborbericht von Zürich hätte doch auch noch was Positives herausgefunden. Es handle sich nun doch nicht um ein Glioblastom (Grad 4), sondern um ein Anaplastisches Astrocytom (Grad 3). Im später erhaltenen Bericht las ich jedoch:

‚In der Biopsie der Raumforderung zeigte sich ein anaplastischen Astrozytom, - allerdings IDH wildtype. Diese spezielle Tumorentität hat  eine Prognose vergleichbar mit einem Glioblastom‘.

Also viel besser waren die Zukunftsaussichten doch nicht.

Zwei Tage später war endlich der ersehnte Termin beim Radioonkologen Dr. Widmer. Er klärte uns über die eventuellen Nebenwirkungen der Bestrahlung auf. Dazu gehörten die Müdigkeit, das sogenannte Fatigue, und vorübergehender Haarausfall. Am andern Tag habe ich mich zum ersten Mal aktiv im Forum gemeldet. Dies war mein Bericht:

'Bei meinem Mann wurde vor 2 Monaten beim MRI ein Hirntumor festgestellt. Bei der folgenden Biopsie (Operation war zu gefährlich) stellten sie die Diagnose: Glioblastom Grad IV
Sobald die Wunde verheilt ist, soll er Strahlentherapie erhalten.
Er bekam dann Fortecortin, um den Druck wegzunehmen. Es wurde aber nicht besser, im Gegenteil. Ich sehe, wie er von Tag zu Tag körperliche und vor allem auch geistige Fähigkeiten verliert. Mein Mann ist zwar 80 Jahre, aber war vorher noch sehr aktiv. Vor 3 Wochen hat er noch einen Vortrag gehalten. Jetzt kann er sich oft nicht mehr klar ausdrücken, verwechselt Wörter und versteht Erklärungen nicht. Dann wird er auch oft aggressiv, was ja auch verständlich ist.
Die Strahlentherapie lässt auf sich warten. Auch wegen den Festtagen wurde das Tumorboard immer wieder nach hinten verschoben.
Gestern hatten wir nun endlich das erste Gespräch mit dem Radioonkologen. Er will nächste Woche zuerst noch einmal ein MRI machen und die Woche darauf dann dieses besprechen und anschliessend das CT mit dem Behandlungsplan machen. So wird die Strahlungstherapie frühestens in 2 Wochen beginnen.
Warum dauert es so lange (10 Wochen)? Der Arzt sagte, man könne mit der Bestrahlung keine Heilung erwirken, man könne nur das Wachstum stoppen und den Zustand, wie er jetzt ist, erhalten. Aber mein Mann hat ja jetzt schon keine grosse Lebensqualität mehr und wenn es jetzt noch länger geht bis zur Therapie, dann werden ja noch mehr Hirnfunktionen sich verabschieden. Eigentlich müsste man doch möglichst schnell handeln.
Vielleicht denken ja die Ärzte, dass die Strahlentherapie nichts bringt und verzögern das Ganze absichtlich.
Ich mache mir Sorgen und bin auch wütend'.

Ich wollte Dr. Widmer anrufen und darauf drängen, dass die Bestrahlung früher beginnt. Doch Werner wollte das nicht. Er fand es gut, dass es noch so lange geht, weil er dann noch länger an seiner Selbstheilung arbeiten könne.