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Die Hoffnung stirbt am letzten Tag

Diagnose Hirntumor

Kapitel 2:  Untersuchung
17. April

Es war Mittwoch vor Ostern. Werner schilderte dem Hausarzt, dass er im rechten Fuss weniger Kraft hätte. Dies sei ihm besonders beim Autofahren aufgefallen. Zudem habe er Mühe mit der rechten Hand in Schreibschrift zu schreiben. Auch habe er Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht beim Stehen und Laufen. 

Der Hausarzt wollte am nächsten Tag in die Ferien. Deshalb unternahm er alles, um Werner noch am selben Tag ins Kantonsspital für ein MRI zu schicken. Um 12.30 war der Termin. Bis zum frühen Abend hörte ich nichts mehr von ihm. Der Hausarzt sagte noch, er wollte ihn nach dem MRI noch sehen, egal wie spät es werde.

Gegen 17.00 Uhr rief Werner an. Sie wollen nochmals ein MRI mit Kontrastmitteln machen. Ich soll Dr. Baumer anrufen und ihm ausrichten, es hätte keinen Sinn, nochmals bei ihm vorzusprechen. Ich fragte Werner, was sie denn rausgefunden hätten. Er meinte, sie wüssten auch nicht, was es sei.

Ich rief also Dr. Baumer an. Dieser wollte jedoch unbedingt Werner nochmals sehen, bevor er in die Osterferien fuhr. Er fragte mich: „Hat er Ihnen nichts gesagt?“ Ich verneinte.  Er regte sich auf, dass Werner dachte, dass es etwas mit dem Rücken zu tun hätte. „Das kommt nicht vom Rücken,“ erklärte er, „das kommt vom Gehirn“.

Gegen 18 Uhr holte meine Schwester Werner vom Kantonsspital ab und brachte ihn zum Hausarzt. Auf dem Weg zu ihm informierte Werner sie über den Befund. Man hätte einen Schatten im Gehirn gesehen. Für mich war das klar: Ein Tumor!

Als Werner etwa um 19.00 Uhr endlich nach Hause kam, nahm ich ihn einfach nur in die Arme. Wir hatten keine Ahnung, was da auf uns zukam. Werner schien zuversichtlich. Wir waren alle eigentlich überzeugt, dass der Hirntumor gutartig sei.

Der Tumor lag auf der linken Seite im motorischen Bereich, aber natürlich umgeben von lauter Nervensträngen. Wenn diese verletzt werden, kann sich das nicht nur im motorischen Bereich auswirken, sondern auch im Sprachzentrum oder im Denken. Davor hatte Werner am meisten Angst. Das Denken war für ihn lebenswichtig. Deshalb kam für ihn eine operative Entfernung mit diesem Risiko nicht in Frage. Er wollte auch keine Chemotherapie, weil diese die gesunden Zellen im ganzen Körper angreifen würde. Nur Bestrahlung schien ihm sinnvoll, da sie gezielt die krebskranken Zellen vernichtet.

Man hatte mit ihm nach dem MRI besprochen, dass man zuerst herausfinden musste, ob da irgendwo ein primärer Tumor vorhanden sei und die Raumforderung im Gehirn die Metastasen wären. Dazu sei noch ein Ganzkörper-CT und eine Darmspiegelung nötig.

Danach müsse man mittels einer Biopsie herausfinden, was es für ein Tumor sei, wie gross und ob er gut- oder bösartig sei. Sie wollten es gleich die Woche nach Ostern in Angriff nehmen. Doch Werner hatte Ende der Woche noch einen Vortrag in unserer Gemeinschaft zu halten und den wollte er nicht absagen. So wurde die Biopsie auf den 2. Mai angesetzt.

Ab sofort musste er täglich Fortecortin einnehmen (Cortison), um zu verhindern, dass der Hirndruck ansteigt, was lebensgefährlich sein könnte. Für Werner galt nun absolutes Fahrverbot.

Am 26. April hatten wir ein Vorbereitungsgespräch im Kantonsspital in der chirurgischen Abteilung. Es ging um die Art der Biopsie und was alles für Komplikationen passieren könnten.

Werner war ein Hochrisikopatient.