Es war Mittwoch vor Ostern. Werner schilderte dem Hausarzt,
dass er im rechten Fuss weniger Kraft hätte. Dies sei ihm besonders beim
Autofahren aufgefallen. Zudem habe er Mühe mit der rechten Hand in
Schreibschrift zu schreiben. Auch habe er Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht
beim Stehen und Laufen.
Der Hausarzt wollte am nächsten Tag in die Ferien. Deshalb
unternahm er alles, um Werner noch am selben Tag ins Kantonsspital für ein MRI
zu schicken. Um 12.30 war der Termin. Bis zum frühen Abend hörte ich nichts
mehr von ihm. Der Hausarzt sagte noch, er wollte ihn nach dem MRI noch sehen,
egal wie spät es werde.
Gegen 17.00 Uhr rief Werner an. Sie wollen nochmals ein MRI
mit Kontrastmitteln machen. Ich soll Dr. Baumer anrufen und ihm ausrichten, es
hätte keinen Sinn, nochmals bei ihm vorzusprechen. Ich fragte Werner, was sie
denn rausgefunden hätten. Er meinte, sie wüssten auch nicht, was es sei.
Ich rief also Dr. Baumer an. Dieser wollte jedoch unbedingt Werner
nochmals sehen, bevor er in die Osterferien fuhr. Er fragte mich: „Hat er Ihnen
nichts gesagt?“ Ich verneinte. Er regte
sich auf, dass Werner dachte, dass es etwas mit dem Rücken zu tun hätte. „Das
kommt nicht vom Rücken,“ erklärte er, „das kommt vom Gehirn“.
Gegen 18 Uhr holte meine Schwester Werner vom Kantonsspital
ab und brachte ihn zum Hausarzt. Auf dem Weg zu ihm informierte Werner sie über
den Befund. Man hätte einen Schatten im Gehirn gesehen. Für mich war das klar:
Ein Tumor!
Als Werner etwa um 19.00 Uhr endlich nach Hause kam, nahm
ich ihn einfach nur in die Arme. Wir hatten keine Ahnung, was da auf uns zukam.
Werner schien zuversichtlich. Wir waren alle eigentlich überzeugt, dass der
Hirntumor gutartig sei.
Der Tumor lag auf der linken Seite im motorischen Bereich,
aber natürlich umgeben von lauter Nervensträngen. Wenn diese verletzt werden,
kann sich das nicht nur im motorischen Bereich auswirken, sondern auch im
Sprachzentrum oder im Denken. Davor hatte Werner am meisten Angst. Das Denken
war für ihn lebenswichtig. Deshalb kam für ihn eine operative Entfernung mit
diesem Risiko nicht in Frage. Er wollte auch keine Chemotherapie, weil diese
die gesunden Zellen im ganzen Körper angreifen würde. Nur Bestrahlung schien
ihm sinnvoll, da sie gezielt die krebskranken Zellen vernichtet.
Man hatte mit ihm nach dem MRI besprochen, dass man zuerst
herausfinden musste, ob da irgendwo ein primärer Tumor vorhanden sei und die
Raumforderung im Gehirn die Metastasen wären. Dazu sei noch ein Ganzkörper-CT
und eine Darmspiegelung nötig.
Danach müsse man mittels einer Biopsie herausfinden, was es
für ein Tumor sei, wie gross und ob er gut- oder bösartig sei. Sie wollten es
gleich die Woche nach Ostern in Angriff nehmen. Doch Werner hatte Ende der
Woche noch einen Vortrag in unserer Gemeinschaft zu halten und den wollte er
nicht absagen. So wurde die Biopsie auf den 2. Mai angesetzt.
Ab sofort musste er täglich Fortecortin einnehmen (Cortison),
um zu verhindern, dass der Hirndruck ansteigt, was lebensgefährlich sein
könnte. Für Werner galt nun absolutes Fahrverbot.
Am 26. April hatten wir ein Vorbereitungsgespräch im
Kantonsspital in der chirurgischen Abteilung. Es ging um die Art der Biopsie
und was alles für Komplikationen passieren könnten.
Werner war ein
Hochrisikopatient.