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Die Hoffnung stirbt am letzten Tag

Diagnose Hirntumor

Kapitel 27: Bestrahlung
3. Juli

Wegen der Entwässerungstablette musste er am Morgen jeweils eine Stunde lang dauernd die Toilette aufsuchen. Jemand machte den Vorschlag, er könnte doch eine Urinflasche benutzen und brachte ihm eine. Doch mit dieser hatte er ja schon negative Erfahrungen im Kantonsspital gemacht und ich musste sie weit unter dem Bett verstauen, damit er sie ja nicht sehen konnte. Die machte ihn gerade wieder aggressiv.

Wenn der Einkauf stattfand, dann nahm er die Entwässerungstablette erst danach.  Doch an diesem Mittwoch, an dem der CC-Einkauf stattfand, liess er mich am Morgen wissen:

„Ich habe die Entwässerungstablette schon genommen, ich kann nicht mitkommen.“

Hatte er sich noch daran erinnert, dass er die Orientierung beim letzten Mal verloren hatte und den Einkaufswagen nicht zurückbringen konnte und absichtlich die Tablette genommen, damit er sich nicht mehr blamierte? Oder hatte er wirklich vergessen, dass der Einkauf diesen Morgen stattfand?

Es wurde nun zur Gewohnheit, dass ich ihm um 9 Uhr den Kaffee und zwei Toastbrote brachte. Ich musste ihn jedoch immer zuerst fragen, ob er es wolle. Damit ich den Weg von Küche zur Wohnung nicht zweimal machen musste, hatte ich sein Frühstück auch schon einfach gebracht ohne erst zu fragen. Da meinte er ärgerlich, dass ich ihn doch gar nicht gefragt hätte. Einmal fragte er:

„ Gibt es eigentlich jeden Tag Frühstück?“

Um 11.00 Uhr brachte ich ihm dann jeweils den Salat, bevor er dann für das Mittagessen rüber in die Küche zum gemeinsamen Essen kam. Dort war es nun auch normal, dass er sich hinsetzte und ich ihm schöpfte. Dies wurde nie kommuniziert.  Es war einfach so.

Das Treppenlaufen ging immer schlechter. Ich liess ihn nicht mehr alleine die Treppe runtergehen, sondern begleitete ihn immer.

Am späteren Nachmittag war nun seine erste Bestrahlung, die ohne Probleme von statten ging.

Abends teilte ich ihm mit, dass für den Einkauf am anderen Tag in der Migros Robert mitgehe und er geschont werde. Zuerst verstand er es nicht, dann wurde er wütend, dass das einfach über seinen Kopf hinweg beschlossen wurde. Später meinte er aber:

„Dann habe ich morgen kein Programm, dann mache ich einen faulen Tag.“

An diesem faulen Tag fand aber auch wieder eine Bestrahlung statt. Er hatte nun ausser Sonntag jeden Tag einen Termin.