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Die Hoffnung stirbt am letzten Tag

Diagnose Hirntumor

Kapitel 4: Biopsie
3. Mai
​Für die Biopsie würde, so erklärten uns die Hirnchirurgen und der Narkosearzt beim Vorgespräch, für alle Eventualitäten vorgesorgt, damit sofort eingegriffen werden konnte, wenn zum Beispiel das Herz versagen würde. Auch ein Problem war der Blutverdünner, der kurz zuvor nicht mehr genommen werden durfte. Bei dem Eingriff unter Vollnarkose würde Werner fixiert, so dass er sich nicht bewegen konnte. Dazu waren drei kleine Löchlein im Stirnbereich notwendig. Die Biopsie selbst benötigte einen ca. 15cm langen Schnitt in der Kopfhaut, von wo dann an verschiedenen Stellen Löcher gebohrt wurden, um Proben aus dem Tumor zu entnehmen.

Die Computertomografie und die Darmspiegelung waren ohne Befund.

Am Dienstag vor dem geplanten Eingriff rief der Chirurg an und teilte uns mit, dass die Biopsie um einen Tag auf den Freitag, 3. Mai, verschoben wurde, weil eine grössere OP Vorrang hatte.

Am Freitagmorgen begleitete ich Werner in den Spital. Ich half ihm, seine Kleider und Wertsachen abzulegen und füllte die entsprechenden Formulare aus. Ich denke, er wäre alleine überfordert gewesen. Aber schliesslich musste er dann doch alleine in den Operationsraum. Man versprach mir, mich sofort anzurufen, falls irgendwas wäre oder wenn die Biopsie vorbei und Werner aus seiner Vollnarkose aufgewacht sei.

Alles ging gut und die Operation dauerte auch gar nicht so lange wie angenommen. Ich konnte Werner im Aufwachraum besuchen. Es ging ihm gut. Er hatte einen Katheter und voraussichtlich konnte er am anderen Tag auf die Normalstation verlegt werden. Am Kopf sah man die 3 Löchlein von der Fixierung und am Hinterkopf hatte er ein grosses Pflaster.

Am anderen Tag besuchten meine Schwester Tanja, Werners Sohn mit Frau und Enkel, unsere gemeinsame Tochter und ich ihn auf der Normalstation. Er war etwas unzufrieden, weil sie den Katheter entfernt hatten. Weil er Entwässerungstabletten nehmen musste,  hatte er dauernd Harndrang. Mit den Hausschuhen, die ihm keinen guten Halt gaben, war er sehr wackelig auf den Beinen. So konnte er nicht auf die Schnelle die Toilette aufsuchen. Das war der Grund, dass sie schon mehrfach das Bett frisch beziehen  mussten. Sie gaben ihm eine Bettpfanne. Aber erstens war es erniedrigend, wenn das 4-er Zimmer voll Gäste war ( es war Samstag ) und er sich vor allen entblössen musste, und zweitens hatte er ja mit seiner rechten Hand Koordinationsstörungen, so dass er nicht rechtzeitig die Bettpfanne benutzen konnte. Dies geschah auch, als wir da waren und so war sein Bett wieder nass. Ich konnte verstehen, dass er leicht aggressiv wurde.

Aus diesem Grund war er sehr froh, dass er am Montag, den 6. Mai, schon wieder nach Hause durfte. Ich musste ihm unbedingt seine Mütze mitbringen, denn er wollte nicht, dass die Leute sein Pflaster am Hinterkopf sahen.