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Die Hoffnung stirbt am letzten Tag

Diagnose Hirntumor

Kapitel 46: Entspannung
24. Juli

Ich fand das neue Bett super und betonte immer wieder, wie toll es jetzt sei, bis Werner schmunzelte. Er fand es nun auch gut, glaube ich, auch wenn er es nicht zugab. Ich konnte nun eine Trinkflasche am Haltegriff anbringen, so dass Werner nicht immer rufen musste. Herr Mettler vom Palliative Care lobte meine Idee. Das hätte er noch nie gesehen. Für den trockenen Mund machte ich Rosmarintee. Ansonsten wollte Werner immer kalte Getränke, am liebsten alkoholfreies Bier.  Er ass immer noch wenig, eine Banane, etwas Joghurt und einen Pfirsich, wenn ich ihn fütterte.

Der Nachtstuhl wurde nur zwei Mal benutzt. Nun erledigte Werner sein grosses Geschäft auch in die Pants. Vom Palliative Care bekam ich einen Kalender, wo man alles eintragen musste. Der Stuhlgang war wichtig, auch wenn er fast nichts mehr ass.  

Das Gespräch mit dem Palliativ Team war super. Ich fühlte mich nun gut aufgehoben. Herr Mettler musste Werner viele Fragen stellen, die Werner nicht gerne beantwortete.

Die Frage: „Möchten Sie im Spital oder zu Hause sterben?“ liess er nicht zu. Herr Mettler musste sie dann folgendermassen umschreiben:

„Wenn es im alleräussersten Falle - eventuell -  vielleicht  - dazu kommen könnte, würden Sie es dann vorziehen, zu Hause zu sterben oder lieber im Spital?“

Irgendwann antwortete dann Werner gereizt: „Natürlich zu Hause.“

Herr Mettler meinte, dass Werner nicht ein besonders schwieriger Patient sei, da sei er ganz anderes gewohnt. Er hätte sich ja nun mit allem einverstanden erklärt.

Das Babyphon war noch etwas gewöhnungsbedürftig. Es weckte mich dauernd, wenn Werner nur etwas lauter atmete. Aber ich konnte es besser einstellen für die nächste Nacht.

Abends rief dann Dr. Widmer an. Natürlich wollte er uns nochmals überreden, dass Werner die Bestrahlung fortsetze. Wiederum erklärte ich, dass er ja die Treppe nicht mehr runterkomme.

„Sie haben ja solange die Bestrahlung rausgeschoben, dass wir nun in dieser Situation sind.“

Er verteidigte sich und meinte, es wären halt die Feiertage gewesen, die das Ganze verzögert hätten.

„Nicht nur! Nach unserem Gespräch ging es wieder eine Woche für das zweite MRI und dann wieder eine Woche für die Besprechung und dann wieder eine Woche, bis die Bestrahlung anfing. Wenn Sie schon wissen, dass die Bestrahlung den Tumor nur stoppen kann und den gegenwärtigen Zustand nur erhalten kann und nicht heilen, dann hätte man doch möglichst sofort handeln müssen“, erwiderte ich etwas ärgerlich.

Es tat ihm leid und er wollte nun, dass wir das  Cortison für drei Tage verdreifachen. Ich war skeptisch und wollte dies erst mit dem Hausarzt besprechen. Dr. Baumer fand dieses Vorgehen jedoch ebenfalls gut.

Abends machte Werner sich lustig über mich. Als ich das Kopfteil schräg stellen sollte, tat er so, als würde er kollabieren, weil es zu schräg war oder zu schnell ging mit der Elektrik. Ich reagierte erschrocken. Da fing er an zu grinsen.

„Hör auf mit diesen Spässen!“, schimpfte ich.

Aber es war schön, ihn wieder entspannt zu sehen.