Am Anfang stand eine schlichte
Kleinanzeige in der Zeitschrift «Los Deportes» im Oktober 1899: «Señor Hans Kamper
möchte Fußballspiele organisieren. Interessenten werden gebeten, sich in der
Redaktion zu melden.»
Einige gleichaltrige
Schweizer, spanische Nachbarn sowie Schotten und Engländer, die in der
Textilindustrie der Stadt beschäftigt waren, hatte Gamper bereits zuvor für den
Fussball begeistert. Der damals 22-Jährige wird in den Chroniken hartnäckig als
Winterthurer bezeichnet, was nur sehr bedingt zutrifft. Zwar prangt an der
Jakobstrasse 7 in Winterthur seit einiger Zeit eine Gedenktafel zu Gampers Ehren.
Doch in seinem Geburtshaus verbrachte Hans nur sein erstes Lebensjahr. Danach
zog die Familie, in grossbürgerlichem Wohlstand lebend, nach Langenthal und
später nach Zürich. Der älteste Sohn von Bankdirektor Gamper fiel schon früh
als sportliches Multitalent auf. Hans wirkte beim FC Excelsior, beim FC Basel
und FC Zürich als Fussballer. Ausserdem soll seine Liebe dem Schwimmen, dem
Rugby, der Leichtathletik und dem Radfahren gegolten haben. Meisterlich zeigte
er sich vor allem auch auf zwei Rädern: Hans Gamper gewann die Ouvertüre auf
der Radrennbahn Basel und ein internationales Rennen zwischen Zürich und Zug.
Vater Gamper lenkte den Weg seines Sprösslings jedoch rechtzeitig in die stramm
bürgerliche Richtung. Hans sollte Import-/ Export-Kaufmann werden, und zwar mit
Schwerpunkt Frankreich und Spanien. Nach einem Aufenthalt in Lyon – im
städtischen Fussballverein brillierte er als Stürmer – landete Hans Gamper
darum in Barcelona. Dort lebte ein Onkel, der ihn als Buchhalter bei der Crédit
Lyonnais unterbrachte.
Am 29.
November 1899 schlug die Stunde. Nach einigen Treffen in der Turnhalle des
Gymnasiums Solé wurde der FC Barcelona als erster katalanischer Fussballverein
gegründet. Gamper selber war der erste Captain, als Präsident amtierte der
Engländer Walter Wild. Es war dies auch der Tag, an dem das heutige
Vereinswappen kreiert wurde – unter der Ägide von Hans Joan Gamper. Die Legende
will, dass die Farben Blau und Rot eine Hommage Gampers an den FC Basel sind.
Im Übrigen sind es die Farben und Wahrzeichen Barcelonas, die in einem
«Kochtopf» ruhen. «Warum denn ein Kochtopf?», wurde Gamper oft gefragt. Es
hatte bei der Gründung heftige Diskussionen um den Rahmen des Vereinswappens
gegeben. Sollte er sich von jenem um das Wappen Barcelonas unterscheiden oder
nicht? Schliesslich warf einer der Hitzköpfe das katalanische Sprichwort «Això
es una olla» dazwischen. Was so viel bedeutet wie «Welch ein Wirrwarr». In dem
Sprichwort kommt das Wort «olla» (Kochtopf, in dem ein Durcheinander herrscht)
vor, und irgendjemand sagte unter dem Beifall aller: «Dann malen wir doch
einfach einen Topf drum herum.»
Mit dem
«Kochtopfwappen» auf der Brust trat die Barcelona-Elf zum ersten offiziellen
Spiel am 8. Dezember 1899 inmitten der Radrennbahn de la Bonanova» gegen eine
Mannschaft der englischen Kolonie in Barcelona an – und verlor. Bald gab es
auch Siege, wobei sich Gamper als wahrer Goalgetter zeigte: Als Trainer,
Captain und Mittelstürmer schoss er zwischen 1899 und 1903 in 48 Spielen über
100 Tore.
Dann
besann sich Gamper wieder auf seinen Beruf als Kaufmann, legte seine Ämter
nieder und fungierte nur noch als Berater des Vereins. Den hatte der FC
Barcelona kurz darauf dringend nötig. Die Spieler waren untereinander
zerstritten, die Kassen leer. Noch ganze 38 Getreue wählten Joan Gamper Ende
1907 zu ihrem Präsidenten. Diese erste Krise bewältigte Gamper mit seiner
unerbittlichen Durchsetzungskraft: Er mobilisierte, was noch an Freunden da
war, holte Abtrünnige zurück, warb um Geldspenden und lockte Spieler in seinen
Klub, so dass Barça in den Jahren 1910/11 wieder an die nationale
Fussballspitze vorstiess. Bis 1925 folgte eine Krise der andern, und Hans
Gamper liess sich vier weitere Male überreden, das Präsidentenamt für eine
Wahlperiode zu übernehmen. Unterdessen hatte der Kaufmann für seine vierköpfige
Familie finanzielles Wohlergehen erarbeitet, was ihn auch als Financier
auftreten liess. So beispielsweise anno 1922, als der FC Barcelona nach
politischen Querelen am Abgrund stand: Gamper legte eine Million Peseten auf den
Tisch, womit der Klub in Les Corts ein Stadion mit einer Kapazität von 25 000
Zuschauern erstellen konnte. Das Stadion diente dem Klub bis 1957 als
Spielstätte, danach zog er ins Nou Camp um. Im Stadtteil Les Corts erinnert
heute ein Strassenname an Joan Gamper, den grosszügigen Geldgeber. Am 1. Juni
1924 übernahm Gamper letztmals die Zügel des FC Barcelona. Dann kam es zu jenem
verhängnisvollen Vorfall, der die politische Stimmung in Katalonien besser als
jede Geschichtsbeschreibung spiegelt:
Ein englischer
Flottenverband befand sich seit Dezember 1925 im Hafen von Barcelona. Die
Matrosen waren begeisterte Fussballer; ein Freundschaftsspiel gegen den FC
Barcelona wurde angesetzt. Zuerst wurde die englische, dann die spanische
Nationalhymne gespielt. Um den Autonomiebestrebungen Ausdruck zu verleihen,
stimmten die Barcelonesen während der spanischen Hymne ein gellendes
Pfeifkonzert an. Das war für den in einer Loge sitzenden Generaloberst Milans
del Bosch, spanischer Befehlshaber für Katalonien, zu viel. Er ordnete die
Schliessung des Stadions für sechs Monate an. Barça-Präsident Gamper aber wurde
nahe gelegt, das Land so schnell wie möglich zu verlassen. Er sollte für
mindestens drei Monate in die Schweiz zurückkehren. Ausserdem hatte er
schriftlich zu beschwören, sich nie wieder um das Präsidentenamt zu bewerben.
Für Hans Gamper brach an jenem
Tag, dem 17. Dezember 1925, eine Welt zusammen. Schriftlich legte er bei seiner
Demission nieder, dass der FC Barcelona niemals aufgehört habe, sich «getreu
den Statuten nur an sportlichen Zielen zu orientieren». Die gegenwärtige
Situation entspräche lediglich dem Wunsch, «ein patriotisches Ziel zu
erreichen». So weit war Gamper schon «Politiker» geworden, dass er offen liess,
was er mit dem Wort «patriotisch» meinte: Unabhängiger Katalane? Oder
unabhängiger Spanier? Jedenfalls war er ein gebrochener Mann. Sein Lebenswerk
namens Barça sah er zerrüttet. Im Schweizer «Exil» konnte er sich nicht mehr
recht um die Geschäfte kümmern. Depressionen plagten ihn. Er legte sein Geld in
New York an und verlor es in der Weltwirtschaftskrise Anfang 1930 praktisch von
einem Tag auf den anderen. Am 30. Juli 1930 griff der 52-Jährige im Hause Calle
Gerona Nummer vier in Barcelona zur Pistole und erschoss sich. Die Stadt
erschrak, nahm Anteil. Tausende folgten seinen sterblichen Überresten, die in
einer feierlichen Prozession vom Campo de Les Corts, wo man ihn in einer
Kapelle aufgebahrt hatte, zum Friedhof von Montjuïc geführt wurden.
1903
zählte der Club die Höchstzahl an 253 Mitgliedern, fünf Jahre später waren es
nur noch 38, 1924 schon 12.207. Fast kontinuierlich steigerte sich diese Anzahl
auf momentan über 140'000 Mitglieder. Das prominenteste «Barça»-Mitglied war
wohl das mit der Clubkarte Nummer 108 000: Papst Johannes Paul II.
1910
errang man die erste ausgespielte spanische Fußballmeisterschaft, 18 Jahre
danach die erste Ligameisterschaft. Bis heute sind etliche Titel gefolgt. Den
größten internationalen Erfolg erzielten die Katalanen 1992 im Londoner
Wembley-Stadion, als man durch ein 1:0 n.V.(Koeman Freistoss! ,
was sonst) gegen Sampdoria Genua den Europapokal der Landesmeister gewann.
Das
heimische Stadion Nou Camp, in dem sage und schreibe über 98'000 Zuschauer
einen Sitzplatz finden, löste am 24. September 1957 die als zu klein empfundene
Les Corts-Arena ab.
Das
jährliche Budget liegt bei ca. € 300 Mio (2010). Barça hatte bis im Jahr 2006
noch nie Werbung auf dem Leibchen. Nun wurde mit diesem Tabu gebrochen, aber
wie:
Die Shirts
des Titelverteidigers zierten im ersten Champions-League-Spiel der neuen Saison
gegen Lewski Sofia (5:0) den Schriftzug der UNICEF, dem Kinderhilfswerk der
Vereinten Nationen.
"Dies
ist gleich in zweierlei Hinsicht ein historischer Tag", meinte
Klub-Präsident Joan Laporta: "Zum einen tragen wir zum ersten Mal Werbung
auf unserem Trikot. Zum zweiten zeigt diese Vereinbarung, dass wir in Sachen
Solidarität weltweit der führende Verein sind, eben nach dem Motto: més que un
club (mehr als nur ein Club)" Die Katalanen werden in den nächsten fünf
Jahren jeweils 1,5 Millionen Euro spenden, um Aids erkrankte Kinder in den
Ländern der Dritten Welt zu unterstützen.
Neu trug Barça ab Saison 2011/2012 auch den Schriftzug der Qatar Foundation (ab 2013
Qatar Airways) auf dem
Shirt. Für ca. € 30 Mio pro Jahr wurde vom Präsidenten Sandro Rosell ein
Vertrag über 5 Jahre unter Dach und Fach gebracht.
Die beiden
großen Erzrivalen vom FC Barcelona sind weit mehr als nur fußballerische
Gegner. Der Lokalrivale Español stand für das "spanische Katalonien",
während das verhasste Real Madrid symbolisch für ein zentralistisches Spanien
angesehen wurde. Dank der forcierten Demokratisierung des politischen Systems
in den letzten Jahrzehnten, die einherging mit der Zunahme des Autonomiestatus
Kataloniens, nahm die Brisanz der Derbys zwar ab, verschwand aber
selbstverständlich nicht. Im folgenden ein kleiner Rückblick auf einige Spiele
von
Die enge
Verbundenheit der Hauptstädter mit der Franco-Diktatur tat ihr Übriges, so
dass sich das Klima zwischen den beiden größten spanischen Vereinen alles
andere als entspannte.
Gamper wurde 1925 vom Militärregime des Generals Miguel Primo de Rivera als
Clubchef abgesetzt. Fünf Jahre später nahm er sich das Leben. Einer seiner
Nachfolger, der Abgeordnete Josep Sunyol, wurde 1936 im Bürgerkrieg von Truppen
des späteren Diktators Francisco Franco standrechtlich erschossen. Die
Mannschaft ging ins Exil nach Mexiko. Die Zahl der Mitglieder sank zu Beginn
des Franco-Regimes auf 2 500, der Club stand vor dem Aus.
Ein paar
Vorfälle aus der Zeit der Diktatur (1939-1975) sind unvergessen:
Die
Schikanen des Regimes hatten zur Folge, dass der Hass der Katalanen auf die
«Königlichen» noch verstärkt wurde. Viele Barça-Fans identifizieren den
Erzrivalen bis heute mit dem Franco-Regime und dem Madrider Zentralismus.
Die Liste
der exzentrischen Persönlichkeiten, die auf irgendeine Art und Weise mit Barça
in Kontakt gerieten, ist ellenlang.
Ihr Glück als Trainer versuchten in Katalonien derweil u.a. Udo Lattek, Laszlo Kubala, Hennes Weißweiler, Rinus Michels und Helenio Herrera, Johan Cruyff und 1997-2000 Luis van Gaal. Der Erfolg kehrte mit dem am 30.9.1962 geborenen Holländer Frank Rijkaard zurück. Zum bisher besten Vereinsjahr der Gegenwart führte Guardiola (38!) sein Team im Jahr 2009 zum Tricampion: Cupsieg, Meister und Champions League, was dann Luis Enrique in seinem ersten Trainerjahr beim FCB, 2015 wiederholen konnte.
Zu den
legendären Teams, die der Club hervorbrachte, gehörte in den 50er Jahren
das«Barça de les Cinc Copes» (Barça der fünf Pokale)mit Ramallets, Segarra und
Kubala, die Meisterelf von 1974 mit Cruyff, Rexach, Asensi und Sotil oder das
«Dream Team» Anfang der 90er Jahre mit Koeman, Guardiola, Laudrup, Stoitchkov
und Romario. Das blaurote Barça-Trikot trugen zudem Weltstars wie Bernd
Schuster, Maradona, Ronaldo und Rivaldo. Dann war wieder ein Superzuzug mit dem
Buchstaben „R“ zu verzeichnen: Ronaldinho wechselte auf die Saison 2003/2004 zu
Barça und wurde bereits mehrmals Weltfussballer. Ronaldinho zelebriert
regelrecht das „joga bonito“, die Nike-Kampagne „spiele schön“. Mit Eto’o , Messi, Henry,
Villa und zuletzt nun mit dem neuen brasilianischen Shooting Star Neymar oder
auch dem Uruguayer Suarez sind weitere hochkarätige Spieler in die Geschichte
von Barça eingetreten. Nicht zu vergessen sind natürlich die Eigengewächse
wie Valdés, Xavi, Iniesta, Puyol, Piquet, Busquets, Pedro, Sergi Roberto; weitere werden
folgen und sind schon auf dem Sprung in die Elite.
In den 90er Jahren legte Barça den Ruf des«ewigen Zweiten» (hinter Real) definitiv ab. Ex-Präsident Josep Lluis Nuñez, vom katalanischen Establishment als «Neureicher» und Mitglied der rechtsgerichteten Volksallianz (AP) lange Zeit verschmäht, kann eine beachtliche Bilanz vorweisen: Der FC Barcelona gewann in dieser Dekade sechs Mal die spanische Meisterschaft, zwei Mal den Pokal und zwei Europacups.
Nach einem
kürzeren, vollständig misslungenen Engagement von dem grossen Barçafan und
Vizepräsident unter „Nuñez“ Joan Gaspart, wurde nun mit klarem Ergebnis (über
52%) der 40 jährige Anwalt Joan Laporta als neuer Präsident gewählt. Sein
Erfolgskonzept ging auf und die Finanzen kamen wieder ins Lot. Man wurde wieder
Meister und der langersehnte Sieg in der Champions League wurde am 17. Mai 2006
in Paris Tatsache. Dass bereits 3 Jahre später – am 27. Mai 2009 - wieder der
nächste grösste europäische Titel Tatsache wurde, hat wohl keiner so schnell
erwartet. Zudem sind so oder so die sechs im Jahr 2009 gewonnenen Titel
historisch – für die Ewigkeit! Das beste Barça von jeher! Und diese Spieler
sind weiterhin hungrig auf Titel: die nächste Champions League-Trophäe kam
bereits wieder 2011 in die Barça-Vitrinen und auch der Club-Weltmeister-Titel
konnte unter dem neuen Präsidenten Sandro Rosell gefeiert werden!
Mit dem
neuen Trainer Tito Vilanova, der auf die Saison 2012/2013 den Supertrainer Pep
Guardiola – war sein Co-Trainer - ablöste, geht’s im gleichen schönen Fussball-Stile
weiter, was die Spieler wie die Zuschauer begrüssen.
wohl das beste Stürmertrio ever - das tridente (Messi, Neymar, Luis Suarez)
Die Fanszenerie
in Barcelona weist einige Besonderheiten auf. So verfügen alle
Vereinsmitglieder nicht nur über Vorrechte beim Kartenverkauf, sondern sind
insbesondere die "Penyes" (Fanclubs bzw. Fußballstammtische) voll in
das Vereinsleben integriert. Bei den z.T. heftigen Präsidentenwahlkämpfen wird
daher enorm um die Fangunst gebuhlt, haben die Fans doch garantierte
Mitspracherechte. Barça plant auch nicht den Gang an die Börse. Der Club bleibt
im Besitz der Mitglieder und das ist heute nicht einfach so selbstverständlich.
Ihrer Identifikation mit Katalonien tun die Anhänger auch heute noch durch den vielfachen Gebrauch des Schimpfwortes „Spanier“ oder auch „madrileño“ kund.
Der 11. September, der Tag der Kapitulation von Katalonien im Jahr 1714, wird als katalanischer „Nationalfeiertag“ – Diada :Nacional de Catalunya –, begangen. Jedesmal im Camp Nou bei Spielminute 17:14 wird die Unabhängigkeit lautstarkt gefordert und ein mehrfaches "independencia" hallt durchs Stadion.
Der Escudo
von Barça ist eine Zusammensetzung vom Stadtwappen Barcelona (links, Sant Jordi
Kreuz) und der "Senyera" der Katalanischen Fahne (rechts), kombiniet
mit den Farben von Barça (unten). In der langjährigen Geschichte von Barça hat
es diverse Anpassungen des Wappens gegeben:
Die
Bedeutung Barças für das Selbstbewusstsein der Katalanen ist enorm. Der
F.C. Barcelona, der während der Bürgerkriegsjahre von der anarchistischen
Gewerkschaft CNT gemanagt wurde, galt immer als Befürworter eines
Autonomiestatus Kataloniens. Der bekannte Schriftsteller Manuel Vazquez
Montalbán beschreibt das folgendermaßen: "Barça ist ein Identitätsträger
des katalanischen Volkes, und der in ganz Spanien wiedererstarkte
Antizentralismus sucht überall nach Identitätszeichen, egal wie und welcher
Art."
1. Hans Gamper – Wie alles begann
Die Geschichte des Fussballs im Allgemeinen