Zu den Versen +P/51 bis +P/100
Septembre. |
September [1564]. |
Tout inonder. à la Razée1)
perte, |
Alles [ist zu] überschwemmen. Für
die Rasierte1) [gibt es eine] Niederlage. |
Vol de mur2), mort. de tous biens
abondance: |
[Der] Flug von [der] Mauer2) [bringt
den] Tod. Von allen Gütern [gibt es in] Überfülle. |
Eschapera par manteau de couuertes3), |
[Die Rasierte] wird entkommen im Mantel der
Bedeckungen3). |
Des neufs & vieux4) sera tournée
chance. |
[Das] Los der Neuen und Alten4) wird
verändert. |
1) Damit ist die "rasierte" (geistliche) Organisation gemeint,
die Kirche.
2) Oder auch: "[Der] Flug der Mauer". Dann müßte
man jedoch herausfinden, was Nostradamus mit der "Mauer" umschreiben
wollte.
3) Etwa: "unter dem Schutz des Verborgenseins, im Geheimen,
im Untergrund".
4) Die "Neuen und Alten" dürften Ordensleute sein ("Neue"
= Novizen, "Alte" = Äbte oder einfach Mönche nach dem Noviziat).
Kommentar
1. Zeile: Die Kirche wird eine Niederlage hinnehmen müssen,
weil alles "überschwemmt" wird. Doch womit? Mit Feinden?
2. Zeile: Der "Flug von der Mauer", falls das gemeint ist, vgl. Anmerkung 2), ist wahrscheinlich eine Anspielung auf die Sage von Dädalus und Ikarus, die beide mit selbstgemachten Flügeln auf dem Luftweg aus Kreta fliehen wollten. Dabei geriet Ikarus zu nahe an die Sonne, so daß sich seine mit Wachs zusammengeklebten Flügel auflösten, er ins Meer stürzte und dabei den Tod fand. Nach ihm wurde sowohl das südöstliche Ägäische Meer als auch die Insel Ikaria (westlich von Samos) benannt. Doch was soll in diesem Vers nun ausgedrückt werden? Ist die Kirche vielleicht zu hochmütig geworden und kommt nun zu Fall? Oder wird sie von einer Macht angegriffen, die aus dem südöstlichen Ägäisraum kommt? Die Überfülle an Gütern dürfte daher rühren, daß die Kirchenbesitzungen enteignet werden und nun den Feinden der Kirche zur Verfügung stehen.
3. Zeile: Doch die Kirche wird auch diesen Schlag überleben, wenn auch zunächst im Untergrund.
4. Zeile: Beim Angriff auf die Kirche werden auch die Orden zu leiden haben. Oder ist hier schon beschrieben, wie nach der Rückkehr der Kirche auch die Orden wieder zu ihrem Recht kommen?
Ein Geschehen der Zukunft.
+P/102
Octobre. |
Oktober [1564]. |
La bouche & gorge en feruides1)
pustules, |
Der Mund und [die] Kehle [sind] voller brennender1)
Bläschen. |
De sept Grands cinq.2) toux distillante
nuire: |
Von sieben Großen [ist er Nummer] Fünf.2)
[Der] tropfende Husten [wird ihm] schaden. |
Pluye si longue. à non mort tournent
bulles, |
[Der] Regen [dauert] so lange. Dem Nichttoten
wenden sich [die] Blasen zu. |
Le Grand mourir, qui trestous faisoit luire. |
Der Große [hat zu] sterben, der alle strahlen
ließ. |
1) Lat. "fervidus" (u.a. "brennend").
2) Da nicht klar ist, was Nostradamus hier meint, könnte
diese Stelle auch anders übersetzt werden.
Kommentar
2. Zeile: Die Person, die in diesem Vers von Krankheit niedergestreckt
wird, wird als der "Fünfte von sieben Großen" umschrieben.
Vielleicht meint Nostradamus damit einen neuen Papst Klemens V.? Bis
zu Nostradamus’ Lebzeiten gab es nämlich erst sieben rechtmäßige
Päpste ("Große") dieses Namens. Der Franzose Klemens V. (1305
- 1314) war der erste Papst, der in Avignon residierte. Um seinem Protektor,
dem französischen König Philipp IV., gefällig zu sein,
löste er den mächtigen und sehr reichen Orden der Tempelritter
auf, der in der Folge auch physisch vernichtet wurde. Sollte in der Zukunft
wieder einmal ein Papst einen reichen Orden auflösen und vernichten,
um einem weltlichen Herren einen Gefallen zu tun?
4. Zeile: Dieser "Große" wird jedenfalls sterben. Er ließ zu Lebzeiten alle erstrahlen. Das wäre eine Parallele zu Klemens V. Die reichen Tempelritter waren nämlich die Bankiers des Papstes und vieler Fürsten, die bei diesen oft verschuldet waren. Mit der Auflösung des Ordens verschwanden für sehr viele plötzlich die Gläubiger und somit die Schulden, was die Schuldner natürlich strahlen ließ.
1. bis 3. Zeile: Der "Große" wird von einer Krankheit dahingerafft. Es wäre die Aufgabe eines Mediziners, eine "Ferndiagnose" zur Bestimmung der Krankheit durchzuführen. Unklar ist aber, was mit dem "langen Regen" gemeint ist. Vielleicht der "tropfende Husten"? Jedenfalls wird es dem "Großen" sehr schlecht gehen. Nostradamus bezeichnet ihn nur noch als "Nichttoten", als jemanden, der zwar noch nicht ganz tot, aber auch nicht mehr richtig am Leben ist.
Wohl ein Geschehen der Zukunft.
+P/103
Nouembre. |
November [1564]. |
Par bruit1) de feu2)
Grands & Vieux defaillir3). |
Durch [den] Lärm1) des Feuers2)
[werden] Große und Alte sterben3). |
Peste4) assoupie. vne plus grande
naistre: |
[Die eine] Pest4) [ist nun] beruhigt,
[doch] eine größere [hat noch zu] erscheinen. |
Peste de l’Ara5). foin caché,
peu ceuillir, |
[Nämlich die] Pest des Altars5).
[Das] Heu [ist] versteckt, [und es gibt nur] wenig [zu] ernten. |
Mourir troupeau fertil. ioye hors prestre. |
[Zu] sterben [hat die] fruchtbare Herde. [Die]
Freude [ist] außerhalb [des] Priesters. |
1) Oder u.a. auch "Ruf, Renommee".
2) Oder: "aus Feuer".
3) Oder auch nur "schwach werden".
4) Das mittelfranzösische "peste" bezeichnet jede Epidemie
mit hoher Sterblichkeit, daneben aber auch allgemeines Unheil und Unglück.
5) Lat. "ara" (Altar).
Kommentar
1. Zeile: Dieser "Lärm des Feuers" scheint "Große" und
"Alte" dahinzuraffen. Wir erfahren aber leider nicht, was damit gemeint
ist.
2. und 3. Zeile: Nachdem sich dieses Übel gelegt hat, ist schon ein anderes im Anzug. Es scheint sich dabei um eine "Erkrankung" der Kirche zu handeln. D.h. sie könnte verderblichen Einflüssen ausgesetzt sein, denen sie wenigstens zeitweise erliegt.
3. und 4. Zeile: Die "fruchtbare Herde" sind die Gläubigen, die Christus treu geblieben sind, das Heil in sich tragen und deshalb als "fruchtbar" bezeichnet werden. Im Gegensatz zu der fruchtlos gewordenen Kirche. Doch für diese Gläubigen brechen schwere Zeiten an, sie haben zu sterben, d.h. sie werden aus dieser pestilenten Kirche verschwinden. Es gibt für sie dort auch kein "Heu", d.h. keine geistige Nahrung mehr (die Kirchenleitung hat es "versteckt"). Und das in einer Zeit, wo es geistige Nahrung auch sonst nicht zu "ernten" gibt. Die Kirche wird zu diesem Zeitpunkt also nicht ihrer Aufgabe gerecht. Kein Wunder, daß die Priester die Freude an ihrem Beruf verlassen wird.
Ein Geschehen der Zukunft.
+P/104
Decembre |
Dezember [1564]. |
Alegre point. douce fureur au Sacre, |
[Es ist ein] fröhlicher Augenblick. [Eine]
angenehme Leidenschaft [gibt es] bei [der] Weihefeier. |
Enflez trois quatre & au costé
mourir: |
[Doch] aufgestachelt [werden] drei [und] vier,
und in der Gruppe [gilt es zu] sterben. |
Voye defaillir, n’estre à demy au
sacre, |
[Der] Weg [hat zu] fehlen [und] nicht zur Hälfte
an der Weihefeier [zu] sein. |
Par sept & trois, & par quinte1)
courir2). |
Wegen sieben und drei und wegen [der] Willkür1)
[ist zu] rennen2). |
1) Oder auch möglich: "die Fünfte".
2) Oder auch: "verwüsten, plündern; verfolgen"
u.a.
Kommentar
Dieser Vierzeiler ist ein einziges Rätsel und könnte wohl
nur zusammen mit Begleitversen verstanden werden. Was bedeuten die Zahlen?
Buchstaben? Gestirne (Drei = Venus = Islam, Vier = Sonne = Christentum,
Sieben = Saturn = Judentum)? Von was für einer Weihefeier oder Zeremonie
ist die Rede?
+P/105
1565. Sur ladicte annee. |
1565. Über das besagte Jahr. |
Pire cent fois cest an que l’an passé, |
Dieses Jahr [ist] hundertmal schlimmer als das
vegangene Jahr. |
Mesme au plus Grands du regne & de l’Eglise: |
Sogar für die Größten des Reiches
und der Kirche. |
Maux infinis, mort, exil, ruine, cassé1), |
[Die] Übel [sind] ohne Ende: Tod, Verbannung,
Verfall [und] Zebrochenes1). |
A mort Grande estre. peste2),
playes & bille3). |
Des Todes [wird die] Große sein. [Durch
die] Pest2), [die] Verletzungen und [den] Stab3). |
1) Oder auch: "Abgeschafftes, Verschwundenes" u.a.
2) "Peste" bezeichnet im Mittelfranzösischen jede Epidemie
mit hoher Sterblichkeit, daneben aber auch allgemeines Unglück
und Unheil.
3) Da sich "bille" ("Stab, Kugel" u.a.) nicht auf "eglise"
reimt, ist hier ein Druckfehler recht wahrscheinlich. Es könnte sehr
gut sein, daß hier "bise" (Nordwind, Norden) gemeint ist, doch das
läßt sich im Moment nicht endgültig entscheiden.
Kommentar
1. und 2. Zeile: Inhaltlich verständlich.
3. Zeile: Nur in einem größeren Zusammenhang einzuordnen. Was wurde "zerbrochen"?
4. Zeile: Eine "Große" wird des Todes sein. Wegen eines Krieges
("Verletzungen")?
Auch dieser Vierzeiler ist ohne Begleitverse nicht weiter zu deuten.
+P/106
Ianuier. |
Januar [1565]. |
Neiges, rouillures1), pluyes &
playes grandes, |
[Es gibt] Schneefälle, "Verrostungen"1),
Regenfälle und große Verletzungen. |
Au plus Grands ioye, pestilence2)
insopie3): |
Für die Größten [herrscht] Freude,
[doch die] Pestilenz2) [ist] schlaflos3). |
Semences, grains beaucoup, & plus de bandes4), |
Saaten, viele Körner und noch mehr Truppen4) |
S’appresteront5), simulté6)
n’amortie. |
werden sich aufmachen5). [Die] Feindschaft6)
[ist] ungebrochen. |
1) Damit wird im Französischen auch eine Getreidekrankheit
bezeichnet.
2) Damit kann im Mittelfranzösischen auch einfach "Unglück,
Unheil" geimeint sein.
3) Lat. "insopitus" (schlaflos, stets wach).
4) "Bandes" bezeichnet im Mittelfranzösischen Truppen,
Gruppierungen, Klüngel u.a.
5) Oder auch: "sich vorbereiten".
6) Lat. "simultas" (u.a. "Rivalität, Feinschaft").
Kommentar
1. Zeile: Es kommen Übel auf ein Land zu, die an jene aus +P/112
erinnern.
2. Zeile: Die Mächtigen leben noch unbeschwert, doch das Übel schläft nicht. Es wird sie früher oder später einholen.
3. und 4. Zeile: Saaten und viele Körner werden sich "aufmachen".
Das dürfte wohl den Frühling meinen, die Zeit, in der alles
sprießt und wächst. Doch zur gleichen Zeit werden sich auch
viele Truppen auf den Weg machen. Es droht Krieg, die Feindschaft hat
den Winter überlebt. Doch von welchen Kriegsparteien ist die Rede?
Wir können nur auf Begleitverse warten.
+P/107
Feburier. |
Februar [1565]. |
Entre les Grands naistre grande discorde, |
Zwischen den Großen [hat] große Zwietracht
[zu] entstehen. |
Le Clerc procere1) vn grand cas
brassera: |
Der großgewachsene1) Kleriker
wird eine große Sache im Schilde führen. |
Nouuelles sectes2) mettre en haine
& discorde, |
Neue Sekten2) [sind] in Haß
und Zwietracht [zu] versetzen. |
Tout peuple guerre & change offensera3). |
[Das] ganze Volk werden3) [der] Krieg
und [die] Veränderung verletzen. |
1) Lat. "procerus" (schlank, lang, hoch). Oder Nostradamus meint
das lat. "procer" (Edler, Vornehmer).
2) "Sekte" bezeichnet im Mittelfranzösischen eine Gruppierung
religiöser wie nichtreligiöser Natur.
3) Aus wohl reimtechnischen Gründen steht im Original
die Singularform. Sinngemäß dürfte aber der Plural gemeint
sein.
Kommentar
1. und 2. Zeile: Verständlich, aber ohne Zusammenhang nicht
einzuordnen.
3. Zeile: Werden die "neuen Sekten" vom großgewachsenen Kleriker in Haß und Zwietracht versetzt?
4. Zeile: Sind Krieg und Veränderung das Resultat von Haß
und Zwietracht der "neuen Sekten"?
Ohne Begleitverse müssen wir diesen Vierzeiler einstweilen so stehen lassen.
+P/108
Mars. |
März [1565]. |
Secret coniur, changemet perilleux, |
[Die] geheime Verschwörung [und die] Veränderung
[sind] gefährlich. |
Secrettement conspirer factions: |
Heimlich [werden die] Klüngel einig werden. |
Pluyes, grands vents. playes par orgueilleux1), |
Regenfälle [und] starke Winde [setzen ein].
[Die] Wunden [werden] durch [den] Stolzen1) [zugefügt]. |
Inonder flumes2). pestifere3)
actions. |
Über die Ufer [zu] treten [haben die] Flüsse2).
[Die] Auswirkungen [sind] pestbringend3). |
1) "Orgueilleux" bedeutet u.a. auch "furchtlos, kühn; reich,
prächtig". Dieses "orgueilleux" kann übrigens auch als Pluralform
aufgefaßt werden.
2) Lat. "flumen" (Fluß).
3) Auch im übertragenen Sinne: "unheilvoll". Bei "pestifere" fehlt
übrigens das Schluß-s.
Kommentar
1. und 2. Zeile: Klüngel bereiten im Geheimen eine Verschwörung
vor, was zu einer gefährlichen Veränderung führt. Näheres
erfahren wir leider nicht.
3. Zeile: Unklar, wer dieser "Stolze" ist und wem er Wunden zufügt.
3. und 4. Zeile: Hier scheint von Naturkatastrophen die Rede zu sein.
Ein weiterer Vers, der, aus dem Zusammenhang gerissen, nicht einzuordnen
ist.
+P/109
Auril. |
April [1565]. |
Pulluler peste1). les Sectes2)
s’entrebatre, |
Anwachsen [wird die] Pest1). Die Sekten2)
werden rivalisieren. |
Temps3) moderé l’hyuer peu
de retour: |
Die Jahreszeit3) [ist] gemäßigt,
der Winter [kehrt] ein wenig zurück. |
De messe & presche grieuement soy debattre,4) |
[Die] von [der] Messe und [der] Predigt [werden]
ernsthaft aufbrausen.4) |
Inonder fleuues. maux, mortels tout autour. |
Überschwemmen [werden die] Flüsse [die]
Übel [und die] Sterblichen rings herum. |
1) Im Mittelfranzösischen bezeichnet "peste" jede Epidemie
mit hoher Sterblichkeit, daneben aber auch allgemeines Unglück und
Unheil.
2) "Sekte" bezeichnet im Mittelfranzösischen eine Gruppierung
religiöser wie nichtreligiöser Natur.
3) Oder auch einfach: "Zeit".
4) Diese Zeile könnte man auch anders verstehen und
übersetzen.
Kommentar
2. Zeile: Der Frühling ist sehr schwach, so daß der Winter
ein wenig zurückkehren kann.
1. Zeile: Welche "Sekten" rivalisieren? Jedenfalls wird dadurch das Übel vergrößert.
3. Zeile: Falls die Zeile richtig übersetzt und verstanden wurde, könnten wir hier einen Konflikt zwischen Katholiken ("Messe") und Protestanten ("Predigt") vor uns haben. Dann wären es wohl diese beiden Konfessionen, die mit den "Sekten" aus der ersten Zeile identisch sind. Es wäre aber auch möglich, daß Katholiken und Nichtkatholiken gemeinsam "aufbrausen", da sie von anderen "Sekten" auch gemeinsam angegriffen werden.
4. Zeile: Doch der ganze Konflikt ("Übel") wird von einer Hochwasserkatastrophe weggeschwemmt, so wie auch die Menschen, die an diesen Gewässern leben.
Von 1562 - 98 tobten in Frankreich die Hugenottenkriege, zu denen dieser Vers wegen der dritten Zeile gut passen würde. Doch es ist mir nicht bekannt, daß diese Konflikte von einer Hochwasserkatastrophe beendet worden wären.
+P/110
May. |
Mai [1565]. |
Au menu peuple par debats & querelles, |
Wegen dem Geringen [gerät das] Volk in Auseinandersetzungen
und Streitigkeiten. |
Et par les femmes & defunts grande guerre: |
Und wegen den Frauen und [den] Verstorbenen [bricht
der] große Krieg [aus]. |
Mart1) d’vne Grande. celebrer escrouëlles2), |
[Der] Tod1) einer Großen [läßt
einen wieder die] Skrofulose2) feiern. |
Plus grandes Dames expulsées de terre. |
[Die] größten Damen [werden] aus [dem]
Land vertrieben. |
1) "Mart" ist entweder eine simpler Druckfehler für "mort"
(Tod), oder es könnte z.B. eine Abkürzung für "martyr" (Martyrium,
Marter, Leidensweg) sein.
2) Skrofulose ist eine Erkrankung im Halsbereich. Es war
ein Privileg der französischen Könige, Skrofulose mittels Berührung
heilen zu dürfen. Dies wurde am Tag ihrer Krönung und bei bestimmten
Festen durchgeführt. Hier wird also nicht die Krankheit als solche
sondern die Krönung eines französischen Königs gefeiert.
Kommentar
3. Zeile: Hier scheint wieder ein französischer König
gekrönt zu werden. Ermöglicht wird das durch den Tod einer "Großen".
Ich vermute, Nostradamus meint damit das Ende der Demokratie in Frankreich.
Das Ende einer Staatsform, die unser Seher öfters mit einer (auch
zwielichtigen) Dame vergleicht.
1. Zeile: Das "Volk" müßte hier das französische sein, das wegen der alten Staatsform (Republik/Demokratie) in innere Auseinandersetzungen gerät. Nostradamus bezeichnet die Demokratie hier als etwas "Geringes" (d.h. Niederes). Der Konflikt (Bürgerkrieg?) wird mit dem Sieg der Königstreuen enden, vgl. 3. Zeile.
2. Zeile: Doch nach dem inneren Konflikt wird es auch noch einen großen äußeren Krieg geben. Und zwar wegen den "Frauen" und den "Verstorbenen", bzw. wegen den Spannungen zwischen ihnen. Die "Frauen" könnten fremde demokratische Mächte meinen, die versuchen, in Frankreich die besiegte Ordnung wiederherzustellen, vgl. 4. Zeile. Die "Verstorbenen" sind vielleicht die französischen Könige vergangener Zeiten, die Ahnen des neuen Monarchen. Diese ständen dann für die Monarchie als solche.
4. Zeile: Die "größten Damen" (fremde demokratische Staaten?) werden aus Frankreich vertrieben, die neue/alte französische Monarchie behauptet sich nach außen.
Ich könnte mir vorstellen, daß dieser neue französische König Chyren, der Held aus den Zenturien, ist.
+P/111
Iuin. |
Juni [1565]. |
Viduité tant masles que femelles, |
[Der] Witwenstand [wird] so viele Männer
wie Weiber [treffen]. |
De grands Monarques la vie pericliter: |
[Auch] von großen Monarchen [wird] das
Leben in Gefahr sein. |
Peste1), fer2), faim.
grand peril pesle mesle, |
[Durch] Pest1), Eisen2)
[und] Hunger. [Es herrschen] große Gefahr [und] Durcheinander. |
Troubles par changes. petits Grands conciter.3) |
[Es kommt zu] Aufständen wegen [den] Veränderungen.
[Die] Großen [werden die] Kleinen anstacheln.3) |
1) "Pest" bezeichnet im Mittelfranzösischen jede Epidemie
mit hoher Sterblichkeit, daneben aber auch allgemeines Unglück und
Unheil.
2) Das "Eisen" (Waffe) steht hier für Krieg.
3) Oder auch umgekehrt.
Kommentar
3. Zeile: Es herrschen Seuchen, Krieg und Hunger in einem Raum,
der von großer Gefahr und Chaos heimgesucht wird.
1. und 2. Zeile: Das Resultat ist, daß Männer wie Frauen sterben und selbst das Leben von großen Monarchen nicht mehr sicher ist. Das ist ein Hinweis darauf, daß mehr als nur ein Land in dieser großen Krise steckt.
4. Zeile: Zu alledem reizen die Mächtigen noch die Untergebenen, so daß es wegen nicht näher erläuterten "Veränderungen" zu Aufständen kommt.
Ein verständlicher Vierzeiler, der aber ohne Begleitverse nicht
eingeordnet werden kann.
+P/112
Iuillet. |
Juli [1565]. |
Gresle, rouïlleure1), pluyes
& grandes playes, |
[Es kommen] Hagel, "Verrostung"1),
Regenfälle und große Verletzungen. |
Preseruer femmes, seront cause du bruit2): |
[Zu] beschützen [sind die] Frauen. [Sie]
werden [der] Grund für den Lärm2) sein. |
Mort de plusieurs peste3), fer,4)
faim par hayes, |
[Der] Tod von mehreren [wird durch] Pest3),
Eisen4) [und den] Hunger durch [die] Sperren [verursacht]. |
Ciel sera veu quoy5) dire qu’il
reluit. |
[Der] unbewegliche5) Himmel wird gesehen.
[Man wird] sagen, daß er strahlt. |
1) Damit wird im Französischen auch eine Getreidekrankheit
bezeichnet.
2) U.a. im Sinne von "Gerede, Gerücht".
3) "Pest" bezeichnet im Mittelfranzösischen jede Epidemie
mit hoher Sterblichkeit, sowie allgemeines Unheil und Unglück.
4) Das "Eisen" (Waffe) steht hier für Krieg.
5) Das mittelfranzösische "quoy" bedeutet neben "was"
auch "ruhig, unbeweglich, leise".
Kommentar
1. Zeile: Diese Zeile erinnert an +P/106.
2. Zeile: Die "Frauen" scheinen in Gefahr zu schweben. Doch welche Frauen und vor wem? Wofür sind sie verantwortlich?
3. Zeile: Ebenfalls unklar, wer hier stirbt. Einige der Frauen? Jedenfalls wird der Hunger, der durch "Sperren" (Embargos? Belagerungen?) hervorgerufen wird, einer der Gründe für den Tod sein.
4. Zeile: Völlig unklare Zeile, die man auch anders übersetzen könnte.
Wir können nur auf Begleitverse warten.
+P/113
Aoust. |
August [1565]. |
Point ne sera le grain à suffisance, |
In keiner Weise wird das Korn zur Genüge
vorhanden sein. |
La mort s’approche à neiger plus que
blanc:1) |
Der Tod nähert sich, um mehr als weiß
zu Schneien.1) |
Sterilité, grain pourri. d’eau bondance2), |
[Er ist eine Folge der] Unfruchtbarkeit. [Das]
Korn [ist] verfault. Wasser [gab es] in Überfülle2). |
Le grand blessé. plusieurs de mort
de flanc. |
Der Große [ist] verletzt. Mehrere von [der]
Flanke [sind] des Todes. |
1) D.h. der Tod kommt während eines sehr schlimmen Winters,
in dem die Landschaft mehr als gewöhnlich zugeschneit wird (der Schnee
ist "weißer als sonst").
2) Lies: "abondance" (Überfülle, Fülle).
Kommentar
1. bis 3. Zeile: Im Winter wird der Hungertod wüten, das vorhandene
Getreide reicht hinten und vorne nicht. Der Grund liegt in einem unfruchtbaren
Jahr, das nur wenig Korn produziert hat. Es scheint viel "Wasser" (Niederschläge)
gegeben zu haben, was das Korn faulen ließ.
4. Zeile: Ein Großer wird verletzt und mehrere aus seinem Gefolge, die sich zur Rechten und Linken des Großen befanden, sind dem Tod geweiht.
Wir brauchen Begleitverse, um mehr sagen zu können.
+P/114
Septembre. |
September [1565]. |
Guere de fruits, ni grain, arbres & arbrisseaux, |
[Es gibt] kaum Früchte [an] Bäumen
und Sträuchern [und] kein Korn. |
Grand volataille1), procere2)
stimuler: |
[Dafür aber] viele Vögel1).
[Der] Großgewachsene2) [ist] anzuspornen. |
Tant temporel que prelat3) leonceaux4), |
[Der] Weltliche genauso wie [der] Prälat3),
[beide sind] junge Löwen4). |
TOLANDAD5) vaincre. proceres6)
reculer7). |
"TOLANDAD"5) [ist zu] besiegen. [Die]
Großgewachsenen6) [haben] zurückzuweichen7). |
1) Oder auch: "viel Geflügel". "Volataille" scheint übrigens
eine nostradamische Neukombination von "volaille" und "volatille" zu
sein.
2) Lat. "procerus" (schlank, lang, hoch). Oder Nostradamus
meint das lat. "procer" (Edler, Vornehmer).
3) Ein hoher geistlicher Würdenträger.
4) Nach LEONI.
5) Ungelöstes Anagramm, vgl. Kommentar.
6) Vgl. Anmerkung 2).
7) Oder auch: "[sind] zurückzudrängen".
Kommentar
1. und 2. Zeile: Haben die vielen Vögel etwas mit dem Mangel
an Früchten und Korn zu tun?
2. Zeile: Unklar, wer dieser "Großgewachsene" ist.
3. Zeile: Nostradamus bezeichnet einen Prälaten (einen Papst?) und einen weltlichen Machthaber als "junge Löwen". Ist das ein Hinweis auf ihre Nationalität oder einen gemeinsamen Charakterzug? In welchem Verhältnis stehen die Beiden zueinander?
4. Zeile: Auch hier wird nicht klar, wer mit den "Großgewachsenen" gemeint ist. Das Anagramm "TOLANDAD" löst LE PELLETIER, und mit ihm LEONI, als "D’ANDELOT" auf. D’Andelot war ein Hugenottenführer, der 1569 starb. Doch das ist nur eine der denkbaren Lösungen, die aber dadurch, daß im Anagramm kein "E" vorhanden ist, nur beschränkt überzeugt.
Auch hier können wir nur auf Begleitverse warten.
+P/115
Octobre. |
Oktober [1565]. |
Du tout changé. persecuter l’vn quatre, |
Alles [ist] verändert. [Zu] verfolgen [hat]
der Eine [die] Vier. |
Hors maladie. bien loin mortalité1): |
[Die] Krankheit [ist] draußen, [und das]
Sterben1) sehr fern. |
Des quatre deux plus ne viendront debatre, |
Von den Vieren werden zwei nicht mehr kommen
um zu streiten. |
Exil, ruine, mort, faim, perplexité. |
[Es gibt] Verbannung, Untergang, Tod, Hunger
[und] Hilflosigkeit. |
1) Wörtlich: "Sterblichkeit".
Kommentar
1. Zeile: Eine Situation hat sich völlig verändert, und
jemand wird jetzt vier Leute oder Mächte verfolgen.
2. Zeile: Hier dürften wir erfahren, in welcher Hinsicht sich die Lage geändert hat. Es scheint, als wäre ein Epidemie abgeklungen, die viele Opfer gefordert hat.
3. Zeile: Von den Vieren, die man in der ersten Zeile verfolgt, scheinen zwei aufzugeben oder überwältigt zu werden.
4. Zeile: Wird hier beschrieben, was den Besiegten droht?
Wir können nur auf Begleitverse warten.
+P/116
Nouembre. |
November [1565]. |
Des grands le nombre plus grands ne sera tant. |
Die Zahl der Großen [und] Größeren
wird nicht gleich bleiben. |
Grands changement, commotions, fer, peste1): |
[Die] Großen [erleben] Veränderung,
Erhebungen, Eisen [und] Pest1). |
Le peu deuis: prestez2), payez
contant, |
Der knappe Plan [ist]: [sie werden] verliehen2)
[und] auf der Stelle ausbezahlt. |
Mois opposite gelée fort moleste. |
Im gegensätzlichen Monat behindert [der]
Frost sehr. |
1) D.h. Krieg ("Eisen") und Unheil ("Pest").
2) Oder auch: "geliehen".
Kommentar
1. und 2. Zeile: Die Mächtigen und sehr Mächtigen eines
Landes werden in ihrer Anzahl durch gewaltsame Erhebungen vermindert.
3. Zeile: Der Plan der Aufständischen scheint zu sein, die (adligen) Großen an andere Länder zu "verleihen", d.h. sie ins Exil zu befördern und/oder sie für ihre vergangene Herrschaft zu "bezahlen", ihnen alles heimzuzahlen.
4. Zeile: Der "gegensätzliche Monat" dürfte der Januar sein, der den Namen des römischen Gottes Ianus trägt. Ianus war der doppelgesichtige Gott des Ein- und Ausgangs. Es scheint so, als würden in diesem kalten Wintermonat die Aufstände stattfinden.
Man fühlt sich an die Französische Revolution erinnert, doch
die brach nicht in einem Januar aus.
+P/117
Decembre. |
Dezember [1565]. |
Forte gelée. glace plus que concorde, |
[Es gibt] starken Frost [und] mehr Eis als Eintracht. |
Vefues matrones1), feu, deploration2): |
[Zwischen] Witwen [und] Matronen1)
[gibt es] Feuer [und] Jammern2). |
Ieux, esbats, ioye. Mars3) citera4)
discorde, |
[Man gab sich] Spielen, Vergnügungen [und
der] Freude [hin]. [Der] Krieg3) wird [die] Zwietracht hervorrufen4). |
Par mariages bonne expectation5). |
In Ehen [haben die Frauen] Gutes zu erwarten5). |
1) Das sind ehrbare Haus- und Ehefrauen.
2) Lat. "deploratio" (Jammern, Bejammern).
3) Lat. "Mars" (u.a. "Krieg"). Es könnte aber auch der
Monat März gemeint sein.
4) Lat. "citare" (u.a. "antreiben; bewirken, hervorrufen").
5) Etwas frei übersetzt. Wörtlich: "... [eine]
gute Erwartung".
Kommentar
1. Zeile: In einem sehr harten Winter kommt Zwietracht auf.
2. Zeile: Und zwar zwischen Witwen und verheirateten Frauen. Das "Feuer" könnte brennenden Haß meinen.
3. Zeile: Hier erfahren wir, warum diese Spannungen entstehen. Ein Krieg schafft Witwen, nachdem sich zuvor noch alle sorglos amüsiert hatten. Soll das bedeuten, der Krieg bricht überraschend aus?
4. Zeile: Verheiratete Frauen scheinen in diesem nichtgenannten Land Vorteile zu genießen, die sie verlieren, wenn ihr Mann stirbt.
Auch dieser Vierzeiler hängt ohne Begleitverse in der Luft.
+P/118
1566. Sur ladicte annee. |
1566. Über das besagte Jahr. |
Aux plus grands mort, iacture1)
d’hôneur. & violence |
Den Größten [stehen] Tod, Verlust1)
der Ehre und Gewalt [bevor]; |
Professeurs2) de la foy, leur estat
& leur secte3): |
[auch den] Lehrern2) des Glaubens,
ihrem Stand und ihrer Sekte3). |
Aux deux grâds Eglises diuers bruit,
decadêce, |
Von den beiden großen Kirchen [ist ein]
unterschiedlicher Ruf [und Grad an] Niedergang [zu verzeichnen]. |
Maux voisins querellâs serfs d’Eglise
sâs teste. |
Üble Nachbarn [sind die] streitenden Leibeigenen
der Kirche ohne Kopf. |
1) Lat. "iactura" (Verlust).
2) Oder auch: "Bekennern".
3) "Sekte" bezeichnet im Mittelfranzösischen eine Gruppierung
im weitesten Sinne, religiöser wie nichtreligiöser Natur.
Kommentar
1. und 2. Zeile: Den Mächtigen (Adel?) und den Geistlichen
stehen Gewalt, Verlust der Ehre und der Tod bevor.
3. Zeile: Mit den beiden großen Kirchen sind wohl die katholische und die orthodoxe gemeint. Die protestantischen Bekenntnisse (Luthertum, Calvinismus usw.) bilden keine geschlossene Einheit, womit sie in ihrer Gesamtheit auch kaum als "Kirche" bezeichnet werden können. Wir erfahren hier, daß sich der Katholizismus und die Orthodoxie in einem unterschiedlichen Stadium des Niedergangs befinden und demzufolge auch einen unterschiedlichen Ruf besitzen. Doch genauere Angaben fehlen.
4. Zeile: Die "Kirche ohne Kopf" meint eine Kirche ohne Oberhaupt. Somit kann hier nicht von der katholischen Kirche die Rede sein, da diese einen Papst an der Spitze hat. Doch auch die Orthodoxie kennt einen "Papst" (Patriarchen), der allerdings über erheblich weniger Macht verfügt als der römische Pontifex. Ich vermute, Nostradamus meint hier die (deutsche) Lutherkirche, die über kein eigentliches religiöses Oberhaupt verfügt. Dazu paßt auch, daß er deren Anhänger als "Nachbarn" (Frankreichs) und als "streitende Leibeigene" bezeichnet. Dazu muß man wissen, daß es eine mittelfranzösische Wendung gibt, die den Deutschen eine gewisse Streitlust nachsagt: "Querelle d’Allemagne" ("Deutschlands Streit" = Streit ohne eigentlichen Grund). Doch weshalb werden diese Lutheraner als "Leibeigene" (Unfreie) bezeichnet, wo es doch auch lutheranische Adlige und Fürsten gab? Sind hier vielleicht nur Teile der deutschen Lutheraner gemeint? Jedenfalls werden sie für Frankreich üble Nachbarn sein. Greifen diese Kreise vielleicht Frankreich, den französischen Adel und die Kirche an?
Wir können nur auf Begleitverse warten.
+P/119
Ianuier. |
Januar [1566]. |
Perte, iacture1) grande, & non sans violence, |
[Es ist eine] Niederlage, [ein] großer Verlust1).
Und [das geht] nicht ohne Gewalt [vonstatten]. |
Tous ceux de la foy, plus à religion, |
[Betroffen sind] alle die des Glaubens, mehr [noch
die] Religion. |
Les plus Grands perdrôt vie, leur hôneur
& cheuance |
Die Größten werden [ihr] Leben verlieren,
ihre Ehre und [ihren] Besitz. |
Toutes les deux Eglises. la coulpe à
leur faction. |
Alle beiden Kirchen [sind schuld]. Der Fehler
[liegt] in ihrer Gemeinschaft. |
1) Lat. "iactura" (Verlust).
Kommentar
1. und 2. Zeile: Die Geistlichkeit ("die des Glaubens") und die
Religion an und für sich erleiden eine große Niederlage, die
nicht ohne Gewalt vonstatten gehen wird.
3. Zeile: Die "Größten" könnten hier die weltlichen Machtträger sein, die bei diesem Aufstand gegen die Kirche ebenfalls angegriffen, getötet, gedemütigt und enteignet werden.
4. Zeile: Von welchen Kirchen spricht Nostradamus? Sie scheinen eine Gemeinschaft, eine Art Union zu bilden. Das erinnert an 6/10 und 7/2, wo von einer katholisch-orthodoxen Union die Rede zu sein scheint. Sollte dem so sein und dieser Vers dazu gehören, wäre diese Vereinigung (nach Nostradamus) für die oben beschriebenen Entwicklungen verantwortlich.
Ich vermute ein zukünftiges Geschehen. Vgl. 6/10 und 7/2.
+P/120
Feburier. |
Februar [1566]. |
A deux fort Grandes naistres1) perte
pernitieuse, |
Zwei sehr großen "Ursprüngen"1)
[steht eine] verderbliche Niederlage [bevor]. |
Les plus Grands feront perte biens, d’honneur,
& de vie, |
Die Größten werden [den] Verlust [der]
Güter, der Ehre und des Lebens hinnehmen [müssen]. |
Tant grâds bruits couriront. l’vrne2)
trop odieuse. |
Sehr viele Gerüchte werden umhergehen. Der
Wasserkrug2) [ist] zu verabscheuungswürdig. |
Grands maladies estre. presche, messe en enuie3). |
Große Epidemien [hat es zu] geben. Predigt
[und] Messe [sind] in Haß3). |
1) Mit diesen "naistres" könnte Nostradamus das lat. "nationes"
(Völker, Nationen) meinen.
2) Lat. "urna" (Wasserkrug, Urne). Der Wasserkrug steht
für das Sternbild Wassermann, nach mittelalterlicher Auffassung die
Zeit vom 18. Januar bis 14. Februar.
3) Oder: "Neid, Eifersucht".
Kommentar
1. und 2. Zeile: Zwei großen Nationen, vgl. Anmerkung 1),
steht eine schlimme Niederlage bevor, bei der die Mächtigen ihr Gut,
ihre Ehre und ihr Leben verlieren werden.
3. Zeile: Was hat es mit diesen Gerüchten auf sich? Sind sie die Auslöser der Niederlage? Das Ganze scheint sich jedenfalls zwischen Mitte Januar und Mitte Februar zuzutragen, in einer verabscheuungswürdigen Zeit, vgl. Anmerkung 2).
4. Zeile: Die Epidemien könnten Folgen der Verhältnisse nach der Niederlage sein. Etwas unklar ist der Hinweis mit Predigt und Messe. Die Messe steht wohl für die katholische Kirche. Doch meint die Predigt ebenfalls die Kirche oder steht sie in Gegensatz zu ihr? Dann könnte vielleicht eines der protestantischen Bekenntnisse dahinterstecken.
Wir bräuchten Begleitverse, um mehr sagen zu können.
+P/121
Mars. |
März [1566]. |
Les seruâts des Eglises leur Seigneurs
trahirôt, |
Die Diener der Kirchen werden ihre Herren verraten. |
D’autres Seigneurs aussi par l’indiuis1)
des châps: |
[Die Diener] anderer Herren [tun das] ebenfalls,
wegen des uneingeschränkten1) [Herrscher] der Landschaft. |
Voisins de presche & messe entre eux querelleront, |
[Die] Nachbarn mit Predigt und Messe werden unter
sich streiten. |
Rumeurs, brutits2) augmenter. à
mort plusieurs couchans. |
[Die] Unruhen [und] Grausamen2) [werden]
zunehmen. Dem Tod [sind] mehrere Schlafende [geweiht]. |
1) Wörtlich: "ungeteilten".
2) "Brutits" ist entweder eine Verschreibung von "brutifs"
(die Grausamen, Brutalen) oder von "bruits" "Gerüchte".
Kommentar
1. und 2. Zeile: Es scheint ein Aufstand gegen die kirchlichen und
weltlichen Herren stattzufinden, der wenigstens im letzten Fall von einem
"uneingeschränkten Herrscher der Landschaft" initiiert wird. Es
scheinen übrigens mehrer Kirchen, d.h. Religionsgemeinschaften,
davon betroffen zu sein.
3. Zeile: Hier dürfte beschrieben sein, in welchem Land sich das Ganze abspielt. Meiner Ansicht nach müßte das Deutschland sein. Es ist aus französischer Sicht das Land der Nachbarn, die sowohl über die "Predigt" als auch über die "Messe" verfügen, d.h. die sich in Protestanten und Katholiken einteilen lassen. Wir haben hier einen innerdeutschen Bürgerkrieg vor uns.
4. Zeile: Die Unruhen und grausamen Persönlichkeiten in Deutschland
werden zunehmen. Es gibt aber mehrere (bedeutende) Leute, die diese
Entwicklung "verschlafen", was sie mit ihrem Leben bezahlen werden.
Hier handelt es sich nicht um den Dreißigjährigen Krieg, der
zwischen den Konfessionen ausgefochten wurde, sondern um einen generellen
Aufstand gegen Kirchen und Obrigkeit. Ich vermute Zukünftiges.
+P/122
Auril. |
April [1566]. |
De tous biens abondance terre nous produira, |
Von allen Gütern wird [die] Erde uns in Überfülle
geben. |
Nul bruit de guerre en Frâce, hors mis
seditiôs: |
Kein Geräusch des Krieges [gibt es] in Frankreich
außer [den] Aufständen. |
Homicides, voleurs par voye on trouuera, |
Morde [und] Räuber wird man auf [dem] Weg
vorfinden. |
Peu de foy, fieure ardente. peuple en esmotion. |
[Es gibt nur] wenig Glauben [dafür aber]
brennendes Fieber. [Das] Volk [ist] in Erregung. |
Kommentar
1. und 2. Zeile: Es gibt genug zu Essen, und Frankreich wird
von äußeren Kriegen verschont. Doch im Innern gärt es,
es gibt Aufstände.
3. Zeile: Die Szene wird von Morden und Räubertum beherrscht.
4. Zeile: Der christliche Glaube ist zu dieser Zeit sehr klein, das Volk ist von Sinnen ("brennendes Fieber", "Erregung").
Ein eher allgemeiner Vers, der vielleicht Zukünftiges beschreibt.
+P/123
May. |
Mai [1566]. |
Entre peuple discorde, inimitie brutale, |
Im Volk [herrschen] Zwietracht [und] grausame
Feindschaft. |
Guerre. mort de grands Princes. plusieurs pars
d’Italie: |
[Es kommt zum] Krieg [und zum] Tod großer
Fürsten. Mehrere Teile Italiens [sind betroffen]. |
Vniuerselle playe. plus fort occidentalle, |
[Die] Geißel [ist] weltweit. [Doch] zum
größeren Teil [ist sie] westlich. |
Tempore1) bonne & pleine, mais
fort seiche & tarie. |
In dieser Zeit1) [ist sie] kraftvoll
und stark aber [auch] sehr trocken und ausgedörrt. |
1) Lat. "tempore" (in dieser Zeit).
Kommentar
1. und 2. Zeile: In Teilen Italiens scheint Bürgerkrieg zu
herrschen, was einigen großen Fürsten das Leben kosten wird.
3. und 4. Zeile: Die erwähnte "Geißel" dürfte eine Seuche sein, die zwar weltweit auftritt, aber im Westen verstärkt grassiert. Ihre Auswirkungen sind sehr stark und scheinen die befallenen Menschen regelrecht auszutrocknen.
Ich vermute hier Zukünftiges.
+P/124
Iuin. |
Juni [1566]. |
Les bleds trop n’abonder. de toutes autres
fruits force, |
Das Getreide [wird] nicht übermäßig
vorhanden sein. Von allen anderen Früchten [wird es hingegen] viel
[geben]. |
L’esté, printemps humides. hiuer long,
neige, glace: |
Der Sommer [und der] Frühling [sind] naß.
[Der] Winter [ist] lang [und bringt] Schnee [und] Eis. |
En armes l’Orient1). la France se
renforce, |
In Waffen [steht] der Orient1). Frankreich
verstärkt sich. |
Mort de bestail prou miel, aux assiegez la
place.2) |
[Der] Tod der Tiere [bringt] viel Honig [und]
den Belagerten den Platz.2) |
1) Oder einfach: "der Osten".
2) Inhaltlich unklare Zeile, die man auch anders verstehen
könnte.
Kommentar
1. und 2. Zeile: Verständlich, doch ohne Zusammenhang nicht
einzuordnen.
3. Zeile: Ein Krieg scheint bevorzustehen und Frankreich bedroht zu werden. Doch von wem ist leider nicht genau zu sagen, vgl. Anmerkung 1).
4. Zeile: Unklar, was hier gemeint ist. Die "Tiere" dürften
wohl Bienen sein. Dann wäre es möglich, über das Latein
eine Verbindung zum Orient zu konstruieren: lat. "apis" = "Biene", lat.
"Apis" = der heilige Schwarze Stier der Ägypter. Doch es fehlen
uns Begleitverse, um mehr sagen zu können.
+P/125
Iuillet.1) |
Juli [1566].1) |
Par pestilente2) & feu fruits
d’arbres periront, |
Wegen [der] Pestilenz2) und [des] Feuers
werden [die] Baumfrüchte absterben |
Signe d’huile abonder. Pere Denys3)
non gueres: |
[und das] Zeichen des Öls reichlich vorhanden
sein. Vater Dionysus3) [bleibt] nicht viel. |
Des grands mourir. mais peu d’estrangers sailliront, |
Große [werden] sterben. Aber [nur] wenige
Fremde werden auftauchen. |
Insult, marin Barbare, & dangers de frontieres. |
[Es kommt zu einem] Angriff [durch den] See-Barbaren
und [zu] Gefahren an den Grenzen. |
1) Nostradamus starb am 2. Juli 1566. Doch in diesem Vierzeiler
findet sich keinerlei Hinweis auf sein Ableben.
2) Im übertragenen Sinne auch "Unheil, Unglück".
3) Dionysus (Bacchus) war der Gott des Weines.
Kommentar
1. und 2. Zeile: Durch die "Pestilenz" und das "Feuer" (Krieg?)
werden Teile der Ernte vernichtet. Das führt alles dazu, daß
viele sterben und somit sehr oft die Letzte Ölung ("Zeichen des Öls")
gespendet werden muß. "Vater Dionysus" taucht auch in +P/54 und
+P/127 als "Vater Liber" auf. Wir müßten hier einen Papst
vor uns haben, der durch innerkirchliche Konflikte (fast) alles verliert,
vgl. +P/54 und +P/127.
3. Zeile: Wer sind die "Großen"? Kirchenfürsten? Weltliche Herrscher? Was ist mit den "wenigen Fremden" gemeint? Ausbleibende Hilfe aus anderen Ländern?
4. Zeile: Welches Land wird durch welchen "Barbaren" angegriffen?
Frankreich?
Hier dürften wir Zukünftiges vor uns haben. Vgl. +P/54 und +P/127.
+P/126
Aoust. |
August [1566]. |
Pluyes fort excessiues, & de biens abondance, |
[Die] Regenfälle [sind] sehr übermäßig
und an Gütern [wird] Überfülle [herrschen]. |
De besteil pris iuste estre. fêmes hors
de dâger: |
[Der] Preis des Viehs [wird] gerecht [und die]
Frauen außer Gefahr sein. |
Gresles, pluyes, tônerres: peuple1)
abatu en Frâce, |
Hagel, Regenfälle, Donner. [Das] Volk1)
[wird] in Frankreich niedergeschlagen. |
Par mort trauailleront2). mort peuple3)
corriger. |
Im Tod werden [sie] leiden2). [Der]
Tod [wird das] Volk3) bestrafen. |
1) Auch im Sinne von "Kriegsvolk, Truppe".
2) Im Mittelfranzösischen bedeutet "travailler" u.a.
"quälen, foltern; leiden".
3) Vgl. Anmerkung 1).
Kommentar
1. und 2. Zeile: Es herrschen Wohlstand, Gerechtigkeit und Frieden.
Doch wo? In Frankreich?
3. und 4. Zeile: Von welchem "Volk" ist hier die Rede? Vom Französischen? Oder spricht Nostradamus von einem feindlichen Volk, das in Frankreich eingefallen ist? Jedenfalls wird es niedergeschlagen und mit einem schmerzhaften Tod bestraft. "Hagel, Regenfälle, Donner" könnte ein Hinweis auf Jupiter, den Gott des Himmels und der Himmelserscheinungen, sein. Dann wäre es denkbar, daß es sich bei dem "Volk" um die Truppen der Jupiterreligion handelt, die in Frankreich eingedrungen sind und nun bestraft werden.
Dieser Vers könnte vielleicht zum Jupiter-Komplex gehören.
+P/127
Septembre. |
September [1566]. |
Armes, playes cesser. mort de seditieux1), |
[Die] Waffengänge [und] Geißeln [werden]
aufhören [mit dem] Tod der Aufrührerischen1). |
Le pere Liber2) grand non trop abondra3): |
Der große Vater Liber2) wird
nicht allzu sehr im Überfluß leben3). |
Malins seront saisis par plus malicieux4), |
[Die] Bösartigen werden von noch Bösartigeren4)
ergriffen. |
France plus que iamais victrix5)
triomphera. |
Frankreich, mehr als je zuvor [eine] Siegerin5),
wird triumphieren. |
1) Oder auch im Singular: "des Aufrührerischen".
2) Liber, ein altitalischer Gott der Zeugung und der Anpflanzung,
wurde in der Antike mit dem Weingott Bacchus/Dionysus gleichgesetzt.
3) Lat. "abundare" (u.a. "reich sein, im Überfluß
leben").
4) Oder auch: "Verschlageneren".
5) Lat. "victrix" (Siegerin). Frankreich ist im Französischen
weiblich, so daß Nostradamus hier nicht von einem Sieger ("victor")
sprechen kann.
Kommentar
1. und 2. Zeile: Es herrscht Krieg oder Bürgerkrieg, der mit
dem Tod der Aufrührer endet. "Vater Liber" taucht schon in +P/54 und
+P/125 auf. Es müßte sich dabei um einen Papst handeln, der
in diesen Wirren viel verlieren wird.
3. Zeile: Es herrscht zwar wieder Frieden, doch etwas scheint dennoch nicht zu stimmen. Die bösartigen Aufrührer werden von Kräften überwunden, die noch bösartiger sind.
4. Zeile: Zu dieser Zeit wird Frankreich einen großen Sieg feiern können. Doch gegen wen? Gegen den See-Barbaren aus +P/125?
Ein mit aller Wahrscheinlichkeit zukünftiges Geschehen. Vgl. +P/54
und +P/125.
+P/128
Octobre. |
Oktober [1566]. |
Iusqu’à ce mois durer la secheresse
grande, |
Bis zu diesem Monat [wird] die große Dürre
andauern. |
A l’Itale & Prouence1). des
fruits2) tous à demi: |
[Und zwar] in Italien und [in der] Provence1).
Alle Früchte2) [gibt es nur] zur Hälfte. |
Le Grand moins d’ennemis prisonnier de leur
bande, |
Der Große, [der] Geringere der Feinde, [wird]
Gefangener ihrer Gruppierung. |
Aux escumeurs, pirates. & mourir l’ennemi. |
[Der] der Seeräuber [und] Piraten. Und [zu]
sterben [hat] der Feind. |
1) Nostradamus’ Heimat.
2) Damit können im Mittelfranzösischen alle landwirtschaftlichen
Erzeugnisse bezeichnet werden.
Kommentar
1. und 2. Zeile: Eine verheerende Dürre sucht Italien und die
Provence heim.
3. und 4. Zeile: Einer von mehreren Feinden wird von Seeräubern
und Piraten gefangengenommen und getötet. Es wird nicht gesagt,
wessen Feind er ist. Er scheint aber unter den Feinden eine eher geringe
Rolle zu spielen.
Wir können nur auf Begleitverse warten.
+P/129
Nouembre. |
November [1566]. |
L’ennemi tant à craindre retirer en
Thracie1), |
Der Feind, [der] dermaßen zu fürchten
[ist, muß sich] nach Thrakien1) zurückziehen. |
Laissant cris, hurlemens, & pille desolée: |
[Er] läßt Schreie, Heulen und [eine]
verwüstete Plünderung [zurück]. |
Laisser bruit mer & terre. religion mutrie2), |
Enden [wird sein] Ruhm [zur] See und [zu] Land.
[Die] Religion [ist] tot2). |
Iouiaux3) mis en route. toute secte4)
affoulée. |
[Die] Jovialisten3) sind auf den Weg
[geschickt]. [Die] ganze Sekte4) [ist] in großer Zahl versammelt. |
1) Gebiet in Nordostgriechenland, Südostbulgarien und
im europäischen Teil der Türkei.
2) Hier liegt wahrscheinlich ein Druckfehler vor: statt "mutrie"
müßte es wohl "murtrie/meurtrie" (getötet, zerquetscht)
heißen.
3) Das sind die Anhänger des heidnischen Gottes Jupiter.
4) Das mittelfranzösische "secte" bezeichnet eine Gruppierung
im weitesten Sinne, religiöser wie nichtreligiöser Natur.
Kommentar
1. und 2. Zeile: Ein furchtbarer Feind muß sich nach Thrakien
zurückziehen. Er hinterläßt Grauen und Zerstörung.
3. Zeile: Dieser Rückzug, diese Niederlage wird seinen Ruhm, den er zu Land und zu Wasser besessen hat, zunichte machen. Gleichzeitig hört seine Religion auf zu bestehen. Das deutet auf eine gewaltige Niederlage hin.
4. Zeile: Doch es taucht eine neue Religion auf, die machtvoll
in Erscheinung tritt. Es handelt sich um die Jupiter-Religion, eine Neuauflage
des antiken Heidentums.
Ich vertrete die Ansicht, daß dieser Vers zu 3/95 gehört, wo
der Untergang des Islams und der Aufstieg einer neuen Religion vorhergesagt
wird.
+P/130
1567. Sur ladicte annee. |
1567. Über das besagte Jahr. |
Mort, maladie aux ieunes femmes, rhumes1), |
[Es herrschen der] Tod, [die] Krankheit der jungen
Frauen [und] Erkältungen1). |
De teste aux2) yeux3)
mal heur marchâds de terre: |
Vom Kopf der2) Augen3) [kommt
das] Unglück [über die] Händler der Erde. |
De mer infaust4). semes5)
mal. vin par brumes6), |
Vom Meer [kommst du, du] Unheilvoller4).
[Du] verbreitest5) [das] Übel. [Nämlich den] Wein während
[den] Nebeln6). |
Prou huile trop de pluye. aux fruits moleste.
guerre. |
[Es gibt] viel Öl [und] zuviel an Regen.
An den Früchten [ensteht] Schaden [und es tobt ein] Krieg. |
1) Nostradamus meint hier wahrscheinlich das lat. "frigus",
das neben "Erkältung" auch "Kälte, Entsetzen" u.a. bedeuten
kann.
2) Im Mittelfranzösischen kann "aux" dem heutigen "des"
entsprechen.
3) Wahrscheinlich meint Nostradamus hier das lat. "oculi"
(Augen, die Vorzüglichsten u.a.).
4) Lat. "infaustus" (unheilvoll, unglücklich).
5) "Semer" (säen, verbreiten, hervorrufen u.a.).
6) Oder Nostradamus meint hier das lat. "bruma" (Winterzeit).
Kommentar
Dieser Vers gehört zur biblischen Apokalypse.
2. Zeile: Die "Augen" bzw. "Vorzüglichsten", vgl. Anmerkung 3), sind die weltlichen Herrscher, die ihre Macht dem ersten Antichristen, dem ersten apokalyptischen Tier, abtreten (vgl. Offenbarung des Johannes 17, 12f. 17). Diese Herrscher werden zusammen mit dem Tier, ihrem "Kopf" (= Anführer), die Hure Babylon vernichten (Offenb. 17, 16), womit sie die Händler und Kaufleute der Welt in großes Elend stürzen. In der Offenbarung lesen wir dazu: "Die Kaufleute, die durch den Handel mit dieser Stadt [die Hure Babylon, Rom] reich geworden sind, werden [...] weinen und klagen." (Offenb. 18, 15. Vgl. auch Offenb. 18, 11 - 13. 23).
1. Zeile: Hier dürfte die Hure Babylon beschrieben sein. In ihr herrscht der Tod, vgl. die Offenbarung des Johannes: "Und ich sah, daß die Frau [die Hure Babylon] betrunken war vom Blut der Heiligen und vom Blut der Zeugen Jesu" (Offenb. 17, 6. Vgl. auch Offenb. 18, 24). Mit den "Erkältungen" oder "Kälten", vgl. Anmerkung 1), sind wohl die Gefühlskälte und das Entsetzen gemeint, die die Hure verbreitet. Die "Krankheit der jungen Frauen" ist schwerer zu deuten. In der Bibel wird die Hure Babylon beschrieben: "Die Frau war in Purpur und Scharlach gekleidet und mit Gold, Edelsteinen und Perlen geschmückt." (Offenb. 17, 4). Es mag sein, daß der Arzt Nostradamus das erwähnte Purpur und Scharlach mit Krankheiten wie Masern, Röteln und Scharlach verglichen hat, die v.a. bei Kindern und jungen Erwachsenen auftreten und eine sehr ungesunde Röte verleihen. So ungesund wie die Hure Babylon unheilvoll ist.
3. Zeile: Der "Unheilvolle" dürfte das apokalyptische Tier sein, das die Hure Babylon vernichtet. Er scheint vom Meer aus anzugreifen. Oder Nostradamus hält nur fest, daß dieses Tier (gemäß Bibel) "aus dem Meer" emporsteigen wird (Offenb. 13, 1). Es verbreitet Unheil, nämlich Blutvergießen ("Wein" = Blut). Das ganze könnte sich in einem Herbst zutragen ("Nebel").
4. Zeile: Der Krieg, den das Tier auslöst, wird viele Opfer
fordern, so daß bei den zahlreichen letzten Ölungen viel
Öl verbraucht werden wird. Zur gleichen Zeit scheinen die Ernten
von schlechtem Wetter in Mitleidenschaft gezogen zu werden.
+P/131
Ianuier. |
Januar [1567]. |
Prisons, secrets1): ennuis. entre
proches discorde, |
[Leute werden in] Gefängnisse [und in] entlegene
Gegenden1) [geschickt]. [Was für ein] Leid! Zwischen nahen
Verwandten [herrscht] Zwietracht. |
La vie on donnera. par mal diuers2)
catarrhes3): |
Das Leben wird man hergeben. Wegen [des] Übels
[und der] schlimmen2) Plagen3). |
La mort s’en ensuiura. poison fera concorde, |
Der Tod wird sich daraus ergeben. [Das] Gift wird
[die] Eintracht herstellen. |
Frayeur, pœur, crainte grande. voyageant4)
lairra d’arres5). |
[Es herrschen] Schrecken, Angst [und] große
Furcht. [Der] Reisende4) wird von [den] Verpflichtungen5)
Abstand nehmen. |
1) Nostradamus dürfte hier das lat. "secreta" meinen,
das u.a. "einsame Orte, entlegene Gegenden" bedeutet. Aber natürlich
könnte "secrets" auch mit "Geheimnisse" übersetzt werden.
2) Das mittelfranzösische "divers" bedeutet u.a. auch
"außergewöhnlich, schrecklich, schlimm".
3) Das mittelfranzösische "catarrhe" bedeutet neben "Schnupfen"
im übertragenen Sinne auch "Plage, Geißel".
4) "Reisen" bedeutet im Mittelfranzösischen auch "militärische
Expeditionen durchführen".
5) Oder auch: "Pfändern; Versicherungen, Zusicherungen".
Kommentar
1. Zeile: Zwischen nahen Verwandten (innerhalb des Adels?) herrscht
Zwietracht, so daß einige in Gefängnisse, andere in die Verbannung
geschickt werden.
2. Zeile: Wer wird hier weswegen sterben? Kommt es durch den Familienstreit auch zu Toten?
3. Zeile: Jemandem wird Gift zugeführt, was dessen Tod nach sich zieht. Und dieser Tod stellt die Eintracht unter den Verwandten wieder her.
4. Zeile: Wer ist der "Reisende"?
Ohne Begleitverse ist dieser Vierzeiler nicht einzuordnen.
+P/132
Feburier. |
Februar [1567]. |
Prisons1) par ennemis occults &
manifestes, |
Verhaftungen1) [werden] unter heimlichen
und offenen Feinden [vorgenommen]. |
Voyage2) ne tiendra. inimitié
mortelle: |
[Die] Reise2) wird nicht stattfinden.
[Die] Feindschaft [ist] tödlich. |
L’amour trois,3) simultez4)
secret publiques5) festes, |
[Es ist] die Liebe[, die] Drei.3) [Die]
Feindschaft4) [ist] geheim, [die] Feiern [sind] öffentlich5) |
Le rompu ruine6). l’eauë rompra
la querelle. |
Der Geschlagene [ist] am Boden zerstört6).
Das Wasser wird den Streit beenden. |
1) Neben "Gefängnis" bedeutet "prison" im Mittelfranzösischen
u.a. auch "Gefangennahme, Verhaftung; Gefangenschaft".
2) Auch: "Unternehmung, Expedition" u.a.
3) Damit ist die Liebesgöttin Venus gemeint, die als
dritter Planet im alten geozentrischen Weltbild um die Erde kreiste.
Bei Nostradamus steht die Venus gewöhnlich für den Islam,
doch hier könnte auch nur eine Zeitangabe dahinterstecken: "Veneris
mensis" = "Monat der Venus" = April. Oder: "dies Veneris" = "Tag der
Venus" = Freitag.
4) Lat. "simultas" (u.a. Feindschaft).
5) Auch im Sinne von "staatlich".
6) "Ruine" sollte "ruiné" heißen, vgl. auch LEONI.
Kommentar
1. Zeile: In einem Land werden offene und heimliche Regimegegner
verhaftet.
2. Zeile: Zwischen Machthaber und Opposition scheint eine derart tödliche Feindschaft zu bestehen, daß eine Reise oder ein Unternehmen nicht stattfinden wird.
3. Zeile: An einem Freitag oder im Monat April, vgl. Anmerkung 3), scheint eine staatliche, öffentliche Feier abgehalten zu werden.
4. Zeile: Sollte hier ein Attentat auf den Staatschef beschrieben
sein, dem er erliegt? Der Streit (zwischen Obrigkeit und Opposition)
scheint jedenfalls beendet zu werden. Doch was ist mit dem "Wasser" gemeint?
Vielleicht das Sternbild Wassermann (nach mittelalterlicher Auffassung
die Zeit vom 18. Januar bis 14. Februar)?
Auch hier bräuchten wir Begleitverse, um mehr sagen zu können.
+P/133
Mars. |
März [1567]. |
Les ennemis publics, nopces & mariages, |
Die Feinde [sind] allgemein bekannt. [Man feiert]
Hochzeiten und Trauungen. |
La mort aprés. l’enrichi par les morts: |
Der Tod [kommt] nachher. Der Bereicherte [ist]
unter den Toten. |
Les grands amis se monstrer au passage, |
Die großen Freunde [werden] sich beim Durchgang
zeigen. |
Deux sectes1) iargôner2).
de surpris tards remords. |
Zwei Sekten1) [werden] plaudern2).
Unvermutet [kommen] späte Gewissensbisse. |
1) Das mittelfranzösische "secte" bezeichnet eine Gruppierung
im weitesten Sinne, religiöser wie nichtreligiöser Natur.
2) Oder auch: "nuscheln, undeutlich sprechen".
Kommentar
1. und 2. Zeile: Nach Hochzeitsfeierlichkeiten werden Leute getötet,
unter ihnen der "Bereicherte". Doch durch wen? Durch die "Feinde"?
3. und 4. Zeile: Sind mit den "großen Freunden" die beiden
Sekten gemeint? Worüber plaudern sie? Und wem kommen späte
Gewissensbisse? Den Mördern aus der zweiten Zeile?
Wir können nur auf Begleitverse warten.
+P/134
Auril. |
April [1567]. |
Par grandes maladies, religion fachée, |
Während großer Epidemien [wird die]
Religion bedrängt [werden]. |
Par les enfans & legats1) d’Ambassade2): |
Von den Kindern und [den] Gesandten1)
der Botschaft2). |
Don donné à indigne. nouulle3)
loy4) laschée, |
[Das] Geschenk [wird] einem Unwürdigen gegeben.
[Das] neue3) Gesetz4) [wird] verlassen. |
Biens de vieux peres. Roy en bonne contrade5). |
[Das Geschenk sind die] Güter alter Väter.
[Der] König [ist] in [einem] gutem Land5). |
1) Lat. "legatus" (u.a. Gesandter).
2) Das mittelfranzösische "ambassade" bedeutet neben
"Gesandtschaft" auch "Botschaft, Mitteilung".
3) Lies: "nouuelle" (neu).
4) Auch im Sinne von "Lehre".
5) Provenzalisch "contrada" (Land, Gegend).
Kommentar
1. bis 3. Zeile: Es stehen sich zwei Religionen gegenüber:
ein "neues Gesetz" und die "Botschaft". Ich sehe in der letzteren die
Botschaft Christi, das Christentum. Der andere Glauben scheint neueren
Datums zu sein. Er wird durch die Abgesandten der "Botschaft" ("Legaten")
und deren Anhänger ("Kinder") während einer Seuchenzeit arg
in Bedrängnis gebracht. So sehr, daß er untergeht, "verlassen
wird".
3. und 4. Zeile: Zur gleichen Zeit scheint ein Unwürdiger
die Güter der Vorfahren als Geschenk zu erhalten. Ist er mit dem König
in der letzten Zeile identisch? Wenn ja, von welchem guten Land ist
die Rede?
Auch hier brauchen wir Begleitverse, um Näheres sagen zu können.
+P/135
May. |
Mai [1567]. |
Du pere au fils s’approche: Magistrats dits
seuere1), |
Vom Vater [kommend,] nähert [es] sich dem
Sohne. [Die] Beamten gelten als streng1). |
Les grandes nopces. ennemis garbelans2): |
Die große Hochzeit. [Die] Feinde sieben2). |
De latens3) mis auant. par la foy
d’improperes, |
Vom Verborgenen3) [wird er] nach vorne
gebracht. Durch den Glauben der Schande. |
Les bons amis & fêmes contre tels
groumelâs4). |
Die guten Freunde und [die] Frauen [sind] gegen
solches Grollen4). |
1) Es sollte hier "seueres" heißen.
2) Nach LEONI vom mittellat. "garbellare" (sieben).
3) Lat. "latens" (verborgen, unsichtbar, heimlich).
4) Oder auch: "Brummen, Murren".
Dieser Vers ist ein einziges Rätsel und im Moment noch nicht zu verstehen. Die dritte Zeile dürfte ihm jedoch einen religiösen Bezug geben.
+P/136
Iuin. |
Juni [1567]. |
Par le thresor, trouué l’heritage du
pere: |
Mit dem Schatz [wird auch] das Erbe des Vaters
gefunden. |
Les Roys & Magistrats, les nopces, ennemis: |
Die Könige und [die] Beamten [sind während]
der Hochzeit Feinde. |
Le public mal-vueillant, les Iuges & le
Maire1), |
Die Öffentlichkeit [ist] böswillig,
[ebenso] die Richter und der Oberbeamte1). |
La mort, pœur & frayeur. & trois Grands
à mort mis |
[Es herrschen] der Tod, [die] Angst und [der]
Schrecken. Und drei Große [werden] dem Tod überantwortet. |
1) Oder auch: "Bürgermeister, oberster Richter".
Kommentar
Diesem Vers geht +P/137 voraus.
1. Zeile: Hier wird der Schatzfund aus +P/137 nochmals erwähnt. Das "Erbe des Vaters" ist das "Vermächtnis" aus dem nächsten Vers.
2. bis 4. Zeile: Diese Zeilen sind leider weniger klar. Es könnte darum gehen, daß der rechtmäßige Thronfolger seinen Anspruch gegen das eigene Volk und die Beamtenschaft durchsetzen muß. Dabei könnte er von anderen Monarchen unterstützt werden. Doch welche drei Großen sterben und was bedeutet der Hinweis mit der Hochzeit? Hier müssen wir auf weitere Begleitverse warten.
+P/137
Iuillet. |
Juli [1567]. |
Encor la mort s’approche. don Royal & legat1), |
Wieder nähert sich der Tod. [Es gibt ein
königliches Geschenk und [ein] Vermächtnis1). |
On dressera ce qu’est, par viellesse en ruine: |
Man wird aufrichten, was wegen [seines] hohes
Alters zerfallen ist. |
Les Ieunes hoirs de soupçon nul legat2), |
Die jungen Erben [sind] voller Argwohn, [da] kein
Vermächtnis2) [aufzufinden ist]. |
Tresor trouué en plastres & cuisine. |
[Der] Schatz [wird] gefunden unter Gips und [in
der] Küche. |
1) Lat. "legatum" (Vermächtnis).
2) Vgl. Anmerkung 1).
Kommentar
Dieser Vers gehört zu +P/136.
1. Zeile: Ein König stirbt und hinterläßt ein Geschenk und ein Testament.
3. Zeile: Doch etwas stimmt nicht. Der letzte Wille des Verstorbenen ist nicht aufzufinden, was unter den möglichen Thronerben Argwohn hervorruft.
2. und 4. Zeile: Man renoviert ein altes Gebäude und stößt
dabei in der Küche unter dem Gipsverputz auf einen Schatz. Wie
aus +P/136 hervorgeht, wird zusammen mit diesem Schatz das Testament
des Vaters gefunden. Man müßte sich nun fragen, wie der letzte
Wille des Königs an diesen Ort gekommen ist und warum.
+P/138
Aoust. |
August [1567]. |
Les Ennemis secrets seront emprisonnez, |
Die geheimen Feinde werden eingesperrt werden. |
Les Rois & Magistrats y tiendrôt
la main1) seure: |
Die Könige und Beamten werden dazu ein sicheres
Versprechen abgeben1). |
La vie de plusieurs. santé maladie yeux,
nez,2) |
Das Leben von mehreren. Gesundheit, Krankheit,
Augen, Nase.2) |
Les deux grands s’en iront bien loin à
la male heure. |
Die zwei Großen werden unglücklicherweise
sehr weit weggehen. |
1) Die mittelfranzösische Wendung "tenir la main" bedeutet
"(etwas) versprechen".
2) Unklare Zeile. Vielleicht wird das Leben von mehreren Gefangenen
durch eine Krankheit bedroht, die u.a. Augen und Nase in Mitleidenschaft
zieht. Doch Nostradamus könnte hier auch etwas völlig Anderes
meinen.
Ohne Zusammenhang kann dieser Vers nicht gedeutet werden.
+P/139
Septembre. |
September [1567]. |
Longues langueurs de teste nopce, ennemi,1) |
[Die] lange Betrübnis des Kopfes [wird nach
der] Hochzeit [durch den] Feind [verursacht].1) |
Par Prelat2) & voyage3).
songe du Grand terreur: |
Durch [den] Prälaten2) und [die]
Reise3) [wird der] Traum des Großen [zum] Schrecken. |
Feu & ruine grande trouué en lieu
oblique4), |
[Es kommen das] Feuer und [der] große Zusammenbruch.
[Er wird] im schiefen Ort gefunden4). |
Par torrent decouuert sortir noues5)
erreurs. |
Durch [den] Sturzbach [wird er] entdeckt. [Er
hat das] Sumpfgelände5) [und die] Irrwege zu verlassen. |
1) Diese Zeile ließe sich auch anders übersetzen.
2) Ein hoher geistlicher Würdenträger.
3) Auch: "Unternehmung, Expedition" u.a.
4) Unklar, welchen Ort Nostradamus hier umschreibt.
5) Oder auch: "Pfützen, Wasserflächen".
Kommentar
1. und 2. Zeile: Falls die gewählte Übersetzung zutrifft,
würde ein Staatsoberhaupt ("Kopf") nach einer Hochzeit von einem
Feind in Betrübnis versetzt. Und dieses Staatsoberhaupt dürfte
wohl der "Große" sein, dessen Traum oder Vision durch eine Unternehmung
und einen hohen Geistlichen (Papst?) vereitelt wird.
3. Zeile: Der "Große" erleidet eine verheerende Niederlage. Leider ist die Ortsangabe ("schiefer Ort") noch ungeklärt.
4. Zeile: Unklar, was Nostradamus hier meint.
Wir müssen auf Begleitverse warten, um mehr sagen zu können.
+P/140
Octobre. |
Oktober [1567]. |
Les Rois & Magistrats par les morts la
main mettre1), |
Die Könige und Beamten [werden] wegen den
Toten die Freiheit schenken1). |
Ieunes filles malades, & des Grâds
corps enfle: |
Junge Mädchen [sind] krank, und [der] Körper
der Großen schwillt an. |
Tout par langeurs & nopces. ennemis serfz
au maistre2). |
[Das] alles [geschieht] wegen [der] Betrübnis
und [der] Hochzeit. [Die] Feinde [werden zu] Leibeigenen des Herrschers2). |
Les publiques douleurs. le Côposeur tout
enfle. |
[Was] die staatlichen Leiden [angeht, so] bläht
der Unruhestifter alles auf. |
1) Lat. "manumittere" (einen Sklaven freilassen, jemandem die
Freiheit schenken).
2) Das mittelfranzösische "maistre" bzw. das lat. "magister"
("Meister") weisen eine ganze Reihe von Nebenbedeutungen auf, u.a. auch
die oben gewählte.
Kommentar
1. Zeile: Könige und Beamte werden eine Amnestie erlassen,
wahrscheinlich um den Tod von Feinden zu feiern.
2. Zeile: Unklare Zeile. Den "Körper der Großen" könnte man als Körperschaft der Großen interpretieren. Dann wäre möglicherweise vom Adelsstand die Rede, der nun an Macht gewinnt ("anschwillt"). Doch wofür ständen dann die kranken jungen Mädchen oder Töchter?
3. Zeile: Die Auslöser der ganzen Entwicklung sind die Betrübnis (wohl der besiegten Feinde) und eine Hochzeit. Die (überlebenden) Feinde dürften betrübt sein, da sie vom Sieger (Herrscher) zu Leibeigenen gemacht werden.
4. Zeile: In welchem Zusammenhang steht der Unruhestifter zum oben
beschriebenen Geschehen? Ist oder war er der Anführer der "Feinde"?
Wir bräuchten Begleitverse, um den Vierzeiler einordnen zu können.
+P/141
Nouembre. |
November [1567]. |
Du retour d’Ambassade. dô de Roy. mis
au lieu |
Bei der Rückkehr der Gesandtschaft [wird
ein] Geschenk des Königs mitgebracht. |
Plus n’en fera: sera allé à DIEV: |
[Er] wird damit nichts mehr anfangen können.
[Er] wird zu GOTT gegangen sein. |
Parans plus proches, amis, freres du sang1), |
[Von] engsten Verwandten, Freunden [und] Brüdern
[seines] Blutes1) |
Trouué tout mort prés du lict
& du banc2). |
[wird er] nahe des Thronhimmels und des Gerichtshofes2)
steif und tot aufgefunden. |
1) D.h. seinen leiblichen Brüdern.
2) Das mittelfranzösische "lict" (Bett) bezeichnet u.a.
den Thronhimmel, unter dem der französische König den Sitzungen
des obersten Gerichtshofes beiwohnte. "Banc" (Bank) wurden in früheren
Zeiten der Rat oder der Gerichtshof eines Herrschers genannt. Hier ist
einfach der oberste Gerichtshof der französischen Monarchie, das
"Parlement" gemeint.
Kommentar
1. Zeile: Es dürfte ein französischer Herrscher sein,
der eine Gesandtschaft zu einem fremden König geschickt hat, die
nun mit einem Geschenk für den Franzosen zurückkehrt.
2. Zeile: Doch der französische Herrscher kann das Geschenk nicht mehr entgegennehmen, da er in der Zwischenzeit verstorben ist.
3. und 4. Zeile: Hier wird beschrieben, daß der französische
Herrscher von seiner Familie und Freunden in der Nähe des "Parlements"
in Paris tot aufgefunden wird. Über die Todesursache erfahren wir
leider nichts.
Hier hat Nostradamus sicher nicht seinen eigenen Tod vorhergesagt, wie häufig behauptet wird. Zur Einordnung dieses Vierzeilers brauchen wir aber noch Begleitverse.
Zu den Versen +P/51 bis +P/100