Mühlenplatz

Von den Stadtmühlen zum modernen Klein - Wasserkraftwerk

Luzern: Nadelwehr, Spreuerbrücke, 
     Kraftwerk am Mühlenplatz © M. Jud 2001
Blick auf das Nadelwehr (Vordergrund), die Spreuerbrücke (Mitte) und das Kraftwerk von 1998 am Mühlenplatz (mit Wasserstrahl)

english Abstract: From the 8th century on, mills used the powers of river Reuss where now Spreuerbrücke leads to Mühlenplatz (mill's place). In 1875 ten out of eleven mills were destroyed by fire. Three Jonval turbines were built instead in 1887/89. By 1926 the mechanical transmission of power was replaced by an electricity generator producing 0.5 million kWh per year. The new 1998 power plant generates 4.3 million kWh per year - enough for 1500 households in the city.

français Résumé: Dès le 8eme siècle des moulins utilisaient les forces du fleuve Reuss où maintenant le pont Spreuerbrücke mène à la place des moulins (Mühlenplatz). En 1875 dix des onze moulins étaient détruits par une incendie. Trois turbines du type Jonval les remplaçaient en 1887/89. En 1926 les transmissions méchaniques deviennent remplacées par un générateur d'énergie électricité produisant 0.5 millions de kWh par an. L'usine actuelle de 1998 produit 4.3 millions de kWh par an - suffisantes pour 1500 ménages de la ville.

Stadtmühlen

The city mills - les moulins de la ville

Schon lange vor der Stadtgründung wurde die Wasserkraft der Reuss genutzt. Das seit dem 8. Jahrhundert nachweisbare Kloster im Hof (zur Hofkirche gehörend) betrieb am heutigen Mühlenplatz seine Mühlen. Im Mittelalter lag dieser Platz am Stadtrand, die Spreuerbrücke bildete einen Teil des mittelalterlichen inneren Rings der Stadbefestigung. Nach der Mitte des 14. Jahrhunderts gelangten die Mühlen unter die Kontrolle der Stadt.

Luzerner Chronik des Diebold Schilling, 1513
Luzerner Chronik des Diebold Schilling, 1513

Das Bild aus dem Jahr 1513 zeigt den Schiffbruch von Luzerner Kaufleuten an der im Flussbett verankerten Schwelle. Diese staute das Wasser und leitete es dem Mühlrad zu. Die einfache, aus Holz gebaute Mühle stand oberhalb der Spreuerbrücke im Fluss.


Stadtprospekt von Martin Martini, 1597
Stadtprospekt von Martin Martini, 1597

Ende des 16. Jahrhunderts standen drei hölzerne Mühlengebäude am Ufer und auf künstlich geschaffenen Inseln in der Reuss. Jede Mühle verfügte über mehrere Wasserräder. Diese trieben nicht nur Getreidemühlen, sondern auch Stampf- und Schleifwerke an. Die Kraftübertragung erfolgte über hölzerne Übersetzungsgetriebe. Der Mühlenplatz diente als Werk- und Umschlagplatz.


Stadtprospekt von Franz Xaver Schumacher, 1792
Stadtprospekt von Franz Xaver Schumacher, 1792

Im 17. Jahrhundert wurden die Mühlen erneuert und ausgebaut. Fünf Kanäle leiteten das Wasser auf insgesamt zehn Wasserräder. Ein sechster, unterirdischer Kanal speiste die städtische Münzstätte, in der von 1597 bis 1846 mit Wasserkraft Münzen geschlagen wurden.


Zeichnung der Stadtmühlen vor 1875
Die Rekonstruktionszeichnung des Zustandes vor dem Brand von 1875 zeigt
links die Stadtschleife. Hier wurden Werkzeuge und Geräte aus Metall geschliffen, aber auch Schleif- und Wetzsteine hergestellt. Bei Ausgrabungen 1996 kamen diese zahlreich zum Vorschein. Im Gebäude rechts, das als einziges den Brand von 1875 überstand und erst 1890 abgebrochen wurde, befand sich nebst den Getreidemühlen auch eine Gewürzmühle.
An den heute noch erhaltenen Kanälen bezeichnen rote Markierungen den ehemaligen Standort der beiden Wasserräder.

Schwellen und Wehre stauten das Wasser und führen es den Wasserrädern zu. Im Endausbau trieben 11 Räder Mühlen, Schleifwerke, Stampfanlagen sowie das Prägewerk der städtischen Münzstätte an. Für die gesamte Anlage kann eine Leistung von 20-25 kW angenommen werden. Zum Gebäudekomplex gehörten auch mehrere Pferdestallungen.



Das Kraftwerk von 1889

The 1889 power plant - la centrale de 1889

1887/89 erstellte die Korporationsgemeinde ein Kraftwerk und ein Gewerbegebäude über der Reuss. Über hundert Meister, Arbeiter und Lehrlinge fanden hier ihr Auskommen. Drei Jonvalturbinen erzeugten die notwendige Energie.

Rekonstruktionszeichnung: Kraftwerk von 1889
Die Rekonstruktionszeichnung zeigt die drei Jonvalturbinen aus dem Jahre 1889.

Jonvalturbinen von 1889 Über ein nicht drehbares Leitrad (oberes schwarzes Rad) wurde das Wasser dem Laufrad (unteres rotes Rad) zugeführt. Ein Kammradantrieb mit Holzzähnen übermittelte die Energie auf eine horizontale Welle. Über verschiedene Getriebe und zwei Transmissionswellen wurde die Energie in das Gewerbegebäude übertragen.

Die im Sinne eines "Freilichtmuseums" wieder aufgebauten Turbinenräder lagen ursprünglich - wie in der Zeichnung dargestellt - unterhalb des heutigen Wasserspiegels. Leit- und Laufrad lagen direkt aufeinander.
Die mechanische Kraftübertragung mit Transmissionswellen wurde 1926 durch einen Drehstromgenerator von BBC, Baden abgelöst. Er lieferte Strom ins Netz des Elektrizitätswerkes Luzern. Im Durchschnitt erzeugte die Anlage 0,5 Mio. kWh pro Jahr.
Nach fast 90 Betriebsjahren zeigten sich Alterungsschäden. 1977 wurde die Anlage aus Sicherheitsgründen stillgelegt.

Der alte Generator ist heute hinter Glas sichtbar ausgestellt.
Generator von 1926

1932 vernichtete ein Brand das Gewerbegebäude. Dieses wurde in der Folge abgebrochen. Seither ist der Platz gegen die Reuss hin offen.



Das Kraftwerk von 1998

The 1998 power plant - la centrale de 1998

Kraftwerk von 1996/98 Die Stadt Luzern erbaute 1996/98 als Ersatz für die 1977 stillgelegte Anlage ein neues Kraftwerk mit zwei Kaplanturbinen. Das Nadelwehr erzeugt ein nutzbares Wassergefälle von durchschnittlich 1,5 m. Auf jede Turbine werden pro Sekunde 30 m3 Wasser geleitet. Der Wasserstrahl ist nicht nur künstlerischer Schmuck, die Wurfweite und die Stärke der Lichtquelle zeigen an, wieviel Energie erzeugt wird.

Fischpass
Wehranlagen und Turbinen unterbrechen die Wanderung der Fische zwischen Reuss und See. Eine Fischtreppe ermöglicht den Fischen, das technische Hindernis zu überwinden. Dies ist für gewisse Fischarten, wie z.B. die Seeforelle, überlebensnotwendig, weil sie im See leben und sich im fliessenden Wasser der Reuss fortpflanzen.

Die schematische Zeichnung zeigt einen Schnitt durch das heutige Kraftwerk von 1996/98. Rot dargestellt sind:
  • Die Kaplanturbine besteht aus einem beweglichem Leitapparat mit 16 Schaufeln und einem Turbinenrad mit 3 Schaufeln.
  • Der darüber angebrachte Generator hat eine Leistung von 500 kW.
Die Gesamtproduktion von 4,3 Millionen kWh pro Jahr reicht aus zur Versorgung von ca. 1500 Haushalten in der Stadt.
Schematische Zeichnung: Kraftwerk von 1996/98


Quelle: Informationsschilder am Mühlenplatz
Zeichnungen: Informationsschilder
Fotos: © Markus Jud, Oktober 2001
Text: bearbeitet durch Markus Jud

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