Bachputzete 2002 Mitglied des
Schweizerischen
Fischereiverbandes

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Vom Winde verweht...

...oder wie die Zivilisation Bäche als Mülldeponie missbraucht

Kurz vor Weihnachten marschierten fünf Männer mit Abfallsäcken bewaffnet los. Ihre Mission lautete: Bachreinigung. Sie befreiten die renaturierten Bäche Giessen, Dorfbach und Klostergraben von Zivilisationsmüll sowie von Abfall, welcher vom Föhn in die Bäche geweht wurde.


Über dem Urnersee liegt ein grauer Schleier, leichter Nieselregen fällt. Auf dem See ist kaum eine Bewegung auszumachen, denn es ist noch früh am Morgen. Auch im Gebäude der Urner Fischzuchtanstalt, welches in Flüelen direkt am See steht, scheint alles still zu sein, es sind keine Geräusche zu hören. Doch dies ändert sich schnell, denn schon treten zwei Männer aus der Tür. Begrüssung und Bekanntmachung sind angesagt. Einer trägt eine grüne Schürze, die bis zum Boden reicht. Das ist Hansruedi Zieri, der Urner Fischerei-Inspektor. Der zweite Mann, Felix Herger, ist einer der Fischereiaufseher, welcher in seiner Freizeit für die Fischerei im Kanton Uri tätig ist.. Er sorgt dafür, dass in den Urner Gewässern alles was mit der Fischerei zu tun hat, mit rechten Dingen zugeht. Dann treffen die restlichen Männer ein. Auch Roger Schillig, der Präsident des Urner Fischereivereins, ist dabei.

 

Der Grund ihres Zusammentreffens besteht in der Reinigung der renaturierten Bäche Giessen, Dorfbach und Klostergraben. Diese Arbeit wird durch Mitglieder des Urner Fischereivereins in Zusammenarbeit mit der Urner Fischereiverwaltung ausgeführt.

Warum werden Bäche renaturiert?

"Der Hauptzweck dieser Renaturierung liegt darin, vielfältige neue Lebensräume für die Tiere im und am Wasser zu schaffen", erklärt mir Hansruedi Zieri. Dafür wurden aus natürlichem Material, vor allem aus Weidenzweigen, Unterstände für Fische erbaut. Diese sind knapp unter der Wasseroberfläche angebracht. Fische brauchen Möglichkeiten, um sich verstecken zu können und an heissen Tagen benötigen sie einen schattigen Platz. Auf dem Ufergelände wurden Holz- und Steinhaufen für die Tiere, welche am Wasser leben, errichtet. Durch Aufschüttungen im Bach erreichte man verschiedene Wassertiefen und dadurch unterschiedliche Strömungsverhältnisse. Auch versah man den Bachlauf mit Biegungen und das Bachbett wurde total erneuert. Die verschlammte alte Sohle wurde durch neuen Kies in der richtigen Körnung ersetzt.
Die renaturierten Gewässer dienen vor allem auch als Seeforellenlaichgewässer. Damit sich die Seeforelleneier richtig entwickeln können, sind eine saubere und grobkörnige Kiessohle und relativ starke Strömung wichtig. Diese Massnahmen wurden vor allem deswegen getroffen, weil die Seeforelle auf der Liste der gefährdeten Fischarten der Schweiz steht. Der Kanton Uri ist einer der Kantone, welcher noch ein gutes Seeforellenvorkommen aufweisen kann. Angesichts des Erfolgs beim Giessen (1995 - 1996 erbaut), Klostergraben (1998 - 2000) und Dorfbach (2001) sind weitere Bäche zur Renaturierung in Planung.



Halbleere Säcke - ein gutes Zeichen!

   

Natürlich ist es nun wichtig, diese Bäche besonders sauber zu halten. So steigen wir in den blauen Kleinbus der Urner Fischereiverwaltung und machen uns zu sechst auf den Weg. Beim Dorfbach angekommen, heisst es angemessene Kleidung montieren. Zwei Minuten später marschieren fünf Männer in hüfthohen Fischerstiefeln und mit einem grossen Abfallsack in der Hand vor mir den Dorfbach entlang und machen sich daran, herumliegenden Abfall in ihren Säcken zu verstauen. Irgendwie haben sie mit ihren Abfallsäcken auf dem Rücken Ähnlichkeit mit dem Samichlaus. Doch die Säcke füllen sich nur kläglich - ein gutes Zeichen. Die Männer spotten, wer wohl den meisten Abfall sammelt.

Kari Brunner und Beppo Lussmann wetteifern darum, wer die herumliegenden Papierfetzen zuerst erbeuten kann. In der Zwischenzeit hat es angefangen stärker zu regnen, doch das macht den Fischern nichts aus, sie sind sich gewohnt, bei Wind und Wetter draussen zu sein. Frei nach dem Motto: "Äs git käis schlächts Wätter, äs git nur schlächts Ghiddel!" Plötzlich schreckt vor uns ein Schwarm Enten auf und fliegt davon. Als wir auf dem Rückweg einige Gänse antreffen, die im Bach ihr Morgenbad nehmen, fällt die Bemerkung: "Hend iähr scho ä Wiähnachtsbratä?". Dann heisst es wieder hinein in den Wagen und weiter zum Giessen. Als ich ins Auto steige, schlägt mir angenehme Wärme entgegen. Erst jetzt merke ich, wie kalt es eigentlich draussen ist. Dass meine Kleidung vom Regen allmählich nass ist, lässt mich die Kälte draussen doppelt spüren, als ich beim Giessen das warme Auto wieder verlassen muss.



Billige Abfallentsorgung

"Äs Tüüsigerneetli het nu niämer verlorä!", lacht Beppo Lussmann. Wie wahr, doch es ist unglaublich, was man sonst alles an Unrat im und am Bach entdecken kann. Die seltsamen Funde gehen von Hasenfellen über Pampers bis hin zu einem grossen Wellblech. Sogar eine Klobrille ziehen die Männer aus dem Giessen. "Diä het sicher nit dr Feen da innä träit!", meint dazu Alois Scheiber. Da wird mir bewusst, dass es zwei Arten von Unrat gibt: jenen, welcher der Föhn in die Bäche trägt und solchen, den die Leute absichtlich in diesen Gebieten entsorgen. Wo sonst wird man seinen Abfall billiger los!?

   

Dieses Mal ist der Ertrag um einiges grösser als beim Dorfbach. Die Säcke sind zum Bersten voll. Bevor es weitergehen kann, muss der Abfall erst einmal in den grossen Sammelsack im Laderaum des Kleinbusses entleert werden. Dann beginnt die Sammelaktion wieder von neuem. Ein Stück weit verläuft der Bach einer Strasse entlang. Autofahrer schauen neugierig aus dem Fenster und erhaschen einen Blick auf die Männer, welche bis zu den Knien im Bach stehen. Auf einmal muss ich lachen. Vor meinem geistigen Auge taucht ein Bild auf: Das Klischee des Fischers, der einen vergammelten Stiefel mit seiner Rute aus dem Wasser zieht.



Klatschnass zum Finale

Schlussendlich kommen wir am Klostergraben an. Zum Glück geht die Reinigung hier schnell voran, meine Hände sind nämlich schon beinahe zu Eisklumpen erstarrt. Und auch an meinen Kleidern ist in der Zwischenzeit kaum noch ein trockener Faden zu finden. Es ist eine Wohltat, in das geheizte Auto steigen zu können und zurück nach Flüelen zu fahren. Als wir beim Gebäude der Urner Fischzuchtanstalt ankommen, lässt auch der Regen nach. Allmählich sind sogar einzelne blaue Löcher am bedeckten Himmel zu erkennen. Während wir gemütlich in der Stube beim Znüni und einem wohltuend warmen Kaffee sitzen, breiten sich über dem Urnersee langsam einzelne Sonnenstrahlen aus.




Der Urner Fischereiverein

Der Urner Fischereiverein wurde 1900 gegründet und ist Mitglied beim Schweizerischen Fischereiverband (www.sfv-fsp.ch). Heute zählt der Verein 380 Fischer. In Zusammenarbeit mit der Urner Fischereiverwaltung sind diese darum besorgt, das bestehende hohe Niveau des Fischbestandes in den Urner Gewässern zu erhalten. Eines ihrer Ziele ist es, jährlich ungefähr 250'000 Bachforellen zu erbrüten und aufzuziehen. Diese werden jeweils im Herbst in den Urner Gewässern wieder ausgesetzt. Bis sie die richtige Grösse erreicht haben, werden sie in der Fischzuchtanstalt in Silenen gehalten. Eine weitere Aufgabe des Urner Fischereivereins ist deshalb der Unterhalt dieser Fischzuchtanstalt. Der Verein führt ausserdem verschiedene Kurse durch. Dies sind unter anderem Jungfischerkurs, Fliegenfischerkurs, Fliegenbindekurs und Filetierkurs. Diese Kurse dienen einerseits der richtigen Handhabung der Fischereigerätschaften, andererseits lernen die Teilnehmer den artgerechten Umgang mit den Fischen und der Natur. Ein weiteres Ziel des Urner Fischereivereins ist es, eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung für Leute, vor allem für Jugendliche, anzubieten. Erwähnenswert ist, dass alle Aktivitäten, die vom Verein ausgehen, gemeinnützige Arbeiten sind. Weitere Informationen über den Urner Fischereiverein sind auf der Homepage (www.ufv.ch) des Vereins erhältlich.


  Reportage von Andrea Brunner


© 1999 by Bru
last update: 08. 02. 2007