Die Sehnsucht nach einem Himmel der Glückseligkeit auf Erden in einem Weltreich Gottes hat zur Folge, dass sich immerwieder einige politische Schwachköpfe für Gott halten und dieses Gottesreich auch gründen wollen. Sie streben die Weltherrschaft an und haben dann ein Gefolge, das sich für die himmlische Heerschar hält. Hier nur die Al-Kaida Osamabin Ladens anzusiedeln, wäre zu kurz gegriffen. Auch dessen rhetorischer Gegenspieler sprach von einem Kreuzzug und bot zum (Jüngsten) Gericht auf, die Schafe von den Böcken trennend, die Guten von den Schurken, und also sprechend: "Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns!" Dieses globale Reich, mit der einzig möglichen guten Regierung, wäre immerhin auch dann, wenn sich das Gute als solches definieren liesse, ein Reich der Rechthaber. Wir kämen uns alle darin sehr verloren vor, denn wir sähen weder das Ende, noch eine Grenze dessen, was uns plagt. Heimat haben wir nur in den Grenzen unserer Sinnhaftigkeit, in dem, was wir erfassen und erfüllen können. Darüber hinaus erfreuen wir uns der Nachbarn, deren Heimat wir deshalb anerkennen, weil wir wissen, welches die unsere ist. Substanzlose Nachbarschaft wäre ein Nichts. Vielleicht ist es uns deshalb in der Unendlichkeit ungemütlich, und vielleicht kehren wir deshalb nach unseren weiträumigen Ausflügen nach Hause zurück, damit wir denen, die dort geblieben waren, von der Ferne berichten können; denn dann sind wir wer! Zu denken, es könne eine menschenwürdige Welt ohne Grenzen geben, ist nur ein irrealer Traum und nicht einmal ein schöner. Das Weltforum UNO wird uns die Heimat nicht ersetzen, unseren Gartenzaun, der die Rabatten umschliesst, die wir hegen und pflegen dürfen, ohne dass uns ein Ukas zur Grenzenlosigkeit der Freude, einen Strich durch das Anwesen macht.
Selbstverständlich sind für das Eingebundensein in die Wechselwirkungen
grosser Kulturräume auch Aufwendungen nötig. Der Beitritt zur Europäischen
Union würde heissen, dass das ohnehin nur bedingt freie Entscheidungsrecht
aufzugeben sei, um sich einem (tendenziell autoritären) zentralistisch gelenkten
Grossstaat einzugliedern. Bilaterale Lösungen haben jedenfalls den Vorteil,
dass auch ein Kleinstaat in seiner Souveränität wahrgenommen wird, dass er
von gleich zu gleich mit den grösseren Nachbarn bei freier Entscheidungswahl
Beachtung findet, also einen Status geniesst, der mit dem endgültigen Anschluss
unter dem Übergewicht der proportionalen Bevölkerungsmassen im Grossraum
verloren ginge.
Systematisch wurde in den letzten zwei Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts
in der Schweiz nach Sachabstimmungen das Volksmehr durch Regierungsentscheide,
die nicht dem Plebiszit unterstanden, unterlaufen, und anderen Entscheiden
durch internationale Verpflichtungen vorgegriffen. Eine "Aktion für freie
Meinungsbildung"
gab eine Broschüre mit dem bezeichnenden Titel "Die Staatskasse als Beute"
heraus, wo sie auf 60 Seiten die, parlamentarisch teils nicht abgesegneten,
Subventionen des Bundes auflistet. Ihre Zahlen entnahm sie der Staatsrechnung
von 1998 und dem Budget 1999. Es sind allerdings auch die durch Volksentscheide
sanktionierten Beiträge dabei. Die happigen "freien" Pfründe an internationale
Institutionen, denen die Eidgenossen bisher nicht beitreten wollten, fallen
jedoch auf. Jetzt aber (2002) wird von der "Obrigkeit" argumentiert, dass
die Schweiz ja schon Beiträge leiste, und durch einen Beitritt nur unwesentliche
14 % Mehrkosten hätte
. So zahlte der Bundesrat an die Verwaltungskosten der Vereinten Nationen
(ohne bisher Mitglied zu sein) schon jährlich CHF 59'441'431.--; an das Umweltprogramm
der UNO CHF 3'906'500.--; an allgemeinen Beiträgen an internationale Organisationen
CHF 163'933'500.--; an die Entwicklungszusammenarbeit CHF 464'557'709.--;
an humanitäre Aktionen CHF 125'816'354.und so weiter und so fort, die Liste
ist lang und schwergewichtig. Es kommen Milliardenbeträge zusammen.
Diese Taktik war erfolgreich. Sie wurde am 3. März 2002 durch das Stimmvolk sanktioniert.
Allerdings bedeutet der UNO-Beitritt nicht die Aufhebung der Eigenstaatlichkeit.
Es ist ein Vertrag auf Gegenseitigkeit, mit der Tendenz zur internationalen
Nivellierung der Volksrechte und der Reglementation zwischenstaatlicher Umgangsformen,
in einem dazu paradoxen Vierklassensystem.
Das entscheidende, oberste
Organ, ist der Weltsicherheitsrat, der 15 Mitglieder umfasst. Davon bilden
die fünf feststehenden Grossmächte USA, Russland, Grossbritannien, Frankreich
und China die 1. Klasse. Das waren die Siegermächte von 1945, die sich selbst
auf immer erwählten, auch wenn ihre inneren Konstitutionen umbrechen sollten,
die einen von der imperialen Diktatur zur relativen Demokratie (Sowjetunion
zu Russland) die anderen von der relativen Demokratie zur imperialen Diktatur
Kuomintang (Formosa) zum Kommunismus (Festland) mutierend.
Daneben gibt
es die zehn auf Zeit gewählten Mitglieder minderen Rechts, das heisst ohne
Vetobefugnis der 2. Klasse, der einstigen Mitsieger, die in letzter Minute
des grossen Krieges der Allianz beigetreten waren.
Die 3. Klasse besteht
aus der Masse der nicht auserwählten Teile der UNO-Vollversammlung, wo nun
einige wenige Schweizer mitpalavern werden, aber nicht mitentscheiden dürfen.
Letzteres ist nur der vollberechtigten 1. Klasse, kraft ihre Vetorechts vorbehalten.
Schliesslich gibt es noch eine Feindstaatenklausel, betreffend die unbotmässigen
Länder der Völkergemeinschaft, als 4. Klasse, gegen welche laut Statut, die
Erstklassigen die gesamte UNO-Gefolgschaft, nach dem Motto: "Wenige befehlen,
alle müssen dran glauben!" aufbieten können.
Die Schweiz darf sich jetzt
ihrer drittklassigen Mitgliedschaft erfreuen und sicher sein, dass sie der
Viertklassigkeit entstiegen ist, sofern sie ihre Demokratienormen auf Unostandart
hält und keine Eigenwege geht.
Dienen und bezahlen müssen alle, und daran
waren die Schweizer auch schon vor dem Volksentscheid vom 3. März über Gebühr,
und teils gegen den Willen des Volkes, beteiligt. Dafür werden ihnen nun
einige Hoheitsrechte von sechs Komitees und anderen Organen, und vom Sekretariat
der Vereinten Nationen abgenommen. Für etliche Sachfragen ist damit das Schweizerische
Initiativ- und Referendumsrecht der Stimmbürger durch internationale Verträge
unterlaufen. Das trifft zwar nur die, ihrer Rechte auch bewusste Minderheit,
denn die Mehrheit der Bürger machte ohnehin nur selten von ihren direkten
Volksrechten Gebrauch.
Der Gesamtbundesrat verkaufte uns vor der Abstimmung das Mogelpaket als "Mitsprachegewinn".
Bundesrat Deiss
kam dabei als grosser Public Relation Manager heraus. Er hatte bereits am
29. Mai 2000, eine Woche nach dem Ja des Souveräns zu den wenig vorteilhaften,
die Volksrechte einengenden, Verträgen mit der Europäischen Union erklärt:
"Zeitlich vordringlich und reif ist nun der Beitritt zur UNO. Diesen wollen
wir bis im Jahr 2002 schaffen." Das ist gelungen. Die Babylonische Sprachverdrehung
hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Es bleibt abzuwarten, ob Deiss sich nun
auch noch als Prophet erweisen wird, denn er sagte noch: "Der Beitritt zur
Europäischen Union ist und bleibt das Ziel des Bundesrates."
Besagtes Weltforum UNO begünstigt durch seine Struktur das Faustrecht.
Ein himmeltrauriges Beispiel der Aktualität des beginnenden Jahrtausends
bietet der Bruderzwist der Kinder Abrahams auf dem geschichtsreichen Boden
Palästinas. Die UNO-Resolutionen 242 und 338, die Teilung des Landes betreffend,
werden durch den, von der vetoberechtigten Grossmacht USA protegierten, militärisch
weit überlegenen Nutzniesser, schlicht ignoriert. Anders als im Balkankonflikt
des ausgehenden 20. Jahrhunderts, fallen keine Bomben auf einen "expandierenden
Agressor", wie die offizielle Lesart der gleichgeschalteten Weltpresse im
Falle des Balkans es zu sehen empfahl. Der, mittels einer faschistischen
Siedlungspolitik in die angrenzenden Ländereien expandierende Kraftprotz
am Ostufer des Mittelmeeres, wurde nicht zurückgebunden. Die USA gefiel sich
in der Rolle des Vermittlers, wo nichts zu vermitteln, sondern nur zu befolgen
wäre.
Wiederholt hatte die ständig gedemütigte, angestammte Bevölkerung des Gazastreifens
und der Westbank der Jordansenke nach internationalen UNO-Beobachtern verlangt,
wogegen sich Israel, mit Unterstützung der Vetomacht USA, stets schroff sperrte.
Seit September 2001 und während den ersten drei Monaten 2002 besuchte Premier
Sharon mehrmals den amerikanischen Präsidenten, welcher den direkten Kontakt
mit dem Palästinenserpräsidenten erklärtermassen ablehnte, bis dass dieser
die Forderungen des ersteren erfüllt haben werde! Gleichzeitig brach die
militärische Grossaktion los, die den Sündenbock Yasir Arafat de facto gefangensetzte
und isolierte. Wird die geographische Ausgangssituation zu diesem Gewaltakt
in Betracht gezogen, so ist aus dem Kartenmaterial ersichtlich, dass das
durch die UNO den Palästinensern zugesprochene Land schon ghettoisiert war,
bevor die, durch "General" Sharon, mit seinem Tempelspaziergang provozierte
Intifada ausbrach. Zum 4. April 2002 hielt endlich George W. Bush junior,
Präsident der Vereinigten Staaten, eine Rede, die weitherum als politischer
Kurswechsel interpretiert wurde; aber Bush trieb den Ministerpräsidenten
Israels verklausuliert lediglich zur Eile, die Zerstörung der Infrastuktur
palästinensischer Siedlungen zu vollenden. Die Fristerstreckung für Sharon
könnte auch durch das Reiseprogramm des höchsten Krisendiplomaten der USA,
Aussenminister Powell, angenommen werden, der wohl ein Treffen mit Arafat
ins Auge fasste, aber erst für den 12. April und zwar abhängig von der Erlaubnis
durch den israelischen Premier. Folgerichtig ging die Kriegsaktion mit schwerem
Gerät und aus der Luft noch hastiger weiter. Stereotyp wiederholten Bush,
wie auch sein Aussenminister Powell, die von Sharon vorgegebene Standardformel,
dass der (isolierte!) Palästinenserpräsident nicht genug täte, um den Terror
(der Verzweiflungstäter) zu unterbinden. Am 14. April war es denn, nach Absprache
mit Sharon, endlich so weit, dass Powell auch Arafat traf. Die Zerstörungsorgie
der Soldateska konnte weiterhin toben und trotz eines humanen Appells des
Generalsekretärs der UNO Kofi Annan, stellte sich am 18. April Bush wie gewohnt,
weiterhin hinter Sharon.
Die aufeinander abgestimmt erscheinenden Strategien
Israels und der USA hatten am 2. Mai 2002 aller Welt die UNO samt ihrem Sicherheitsrat,
als blossen Popanz vorgeführt, indem die beschlossene und bereits zusammengestellte
UNO-Kommission zur Untersuchung der blutigen Vorgänge, während der gewalttätigen
Aktion mächtiger, israelischer Panzertruppen, im Palästinenserflüchtlingslager
Jenin, sang und klanglos wieder aufgelöst wurde, "weil Israel ihr die Einreise verweigerte".
Gleichentags hat der USA-Kongress die Resolution gefasst, die Politik Israels ohne Vorbehalte zu unterstützen.
Ausserdem wurde für den Sommer 2002 eine Konferenz der "Grossen" vorgemerkt,
die dann Wege suchen solle, wie das Nahostproblem gelöst werden könne. (Israel
hat in der Zwischenzeit freie Hand, sein Werk in den Trümmern Palästinas
fortzuführen). Im gleichen Atemzug jener Ankündigung, ermahnte Präsident
Bush den gedemütigten Palastinenserpräsidenten, nun aber zu beweisen, dass
er führen könne!
Die hohe Politik der UNO-Arena ist damit offenbar zum Zirkus höhnischer Triumphatoren gediehen.
Die Indizien lassen eine strategische Absprache zwischen Sharon und Bush
zur Liquidierung der palästinensischen Identität vermuten. Mit dem verbalen
Deckmantel "Terrorbekämpfung", dürfte es sich um die orale Rechtfertigung
geplanter Racheaktionen handeln.
Die üblen diplomatischen Spiele und die
sichtbaren Grausamkeiten gegen Leib, Gut und Leben, überdecken das delikate
Detail, dass Israel der einzige rassisch-demokratisch definierte und zivilisiert
erscheinende Staat ist, der die Folter, bis September 1999 gesetzgeberisch
geordnet, erlaubte. Dieser Aspekt liess die Kamikazeaktionen der Palästinenser
nicht nur als verzweifelte Verteidigungstaktik, sondern geradezu als gebotenen
Selbstschutz der Täterschaft dastehen. Freilich ist der Terror, der damit
ausgeübt wird, unbeschreiblich grausam, aber die Täter sehen sich selbst
unverschuldet als Opfer und können einseitiges Bedauern nur als weitere Rechtfertigung
ihres Handelns begreifen.
Rache ist ein Durst, ein nur durch entsprechendes Tun stillbares, gleichsam physisches Urbedürfnis. Die Geschichte eines Rachedurstes beginnt mit dem Kettenglied, das aus einer langen Abfolge herausgegriffen wird. Rache, als aktueller Status Israels, antwortet also auf eine Reihe von Selbstmordattentaten, die das zivile Leben im gesamten Lande unsicher machten. Zweifellos sind die zu Tode zerfleischten Menschen zu betrauern. Es sind Opfer eines schrecklichen Terrors. Mitfühlbar ist auch die Wut, die darauf antwortet und die Rache, die über die empfundene Ohnmacht obsiegt, welche eine solche alltägliche Bedrohung begleitet. Aber eben, das herausgegriffene Glied der Aktions-Reaktionskette löst das Rätsel des Verhängnisses nicht. Die Palästinenser kennen einen anderen Beginn der Geschichte. Sie haben nicht nur grosse Teile ihres angestammten Siedlungsgebietes verloren. Die nun seit über fünfzig Jahren in Flüchtlingslager gedrängten Vertriebenen verblieben mit ihren Kindern und Kindeskindern dort. Das Restland ist von Besatzern durchsetzt und zwangsweise Fremdsiedlern geöffnet. Ihr Ackerland wurde von Strassen durchschnitten, die diesen Fremden vorbehalten sind. Die Existenzbedingungen der autochthonen Bevölkerung sind eingeengt, und sie sehen keinen Schimmer einer Änderung ihres so gezeichneten Unglücks. Ständige Demütigungen durch fanatische jüdische Siedler sind für die Palästinenser unerträglich. Sie haben keine Aussicht auf eine andere Zukunft und sehen nur noch einen Ausweg in der Selbstopferung. Andere mit sich in den Tod reissen, auch wenn es sich um anonyme, wahrscheinlich sympathische und friedliche Einzelpersonen handelt, scheint zudem das einzige Mittel, das Selbstopfer bekannt zu machen, damit der Tod wenigstens diesen einen Sinn, den der Sensationsnachricht bekommt. Vergessenwerden , unter diesem Schleier haben die Palästinenser schon lang vegetiert, und der eigene Tod soll sie wenigstens für Augenblicke aus der Vergessenheit reissen. Die Mittel in diesem ungleichen Kampf sind so verschieden, dass es schwer fällt, beider Seiten Elend gleich zu würdigen. Sicher ist nur, dass Racheaktionen die Probleme nicht lösen, sondern nur bezeugen können.
Wir haben es nicht mit einem Rassenkonflikt auf Tod und Verderben
zwischen Pseudogermanen und Semiten zu tun, sondern mit einem semitischen
Bruderkrieg. Es ist sicher nicht gut das zu tun, was gemäss der Überlieferung
am Treiben der weiland politischen Kampfstaffeln Hitlers als gnadenlos sadistisch,
barbarisch und mörderisch verabscheut und vermarktet wurde.
Es handelt sich nicht um rassische Qualitäten die sich hier auftun, sondern
um mit perfektionierter Mechanik aufgerührten sadistischen Urschlamm.
Die UNO-Resolutionen, die Israel zur Mässigung aufriefen, wurden zu begleitenden
Sprüchen im Bühnenaufzug eines Dramas degradiert, in dem der starke Faustkämpfer
dafür Beifall erntete, dass er den verröchelnden Miesling peinigte. Das sind
Reaktionen primitiver, soziopathischer Impulse, einer Art Schadenfreude.
Da werden Verzweiflungsakte grundsätzlich als ungehorsame Böswilligkeit,
als verwerfliche Charakterschwäche verurteilt, wenn jemand seiner eigenen
Schwäche erliegt.
Der israelische Publizist Amos Oz
rief dazu auf, den legitimen Kampf der Palästinenser um einen eigenen Staat,
vom islamischen Fanatikerkrieg gegen Israel zu unterscheiden. Er fürchtet,
dass der Vernichtungsfeldzug Sharons zur weltweiten Ächtung der Judenheit
führen könnte. HINC ILLAE LACRIMAE
.
Es muss mit Nachdruck angemerkt werden, dass die jetzige Staatspolitik des
Medinet Israel nicht mit dem ethischen Judentum identisch ist. Die moralischen
Anforderungen des Judaismus sind sehr hoch und stehen im diametralen Gegensatz
zum aktuellen politischen Gebaren der Mehrheit des Staatsvolkes, das aus
der jüdischen Ethik in die Barbarei zurückfiel.
Der "Sharonismus" beleidigt
die Thora und ist damit antijüdisch. Eigene Missetaten können nicht damit
gerechtfertigt werden, dass die Vorfahren Opfer eben solcher Brutalitäten
waren. Es sind Personen die den Frontwechsel vollziehen, nicht die Werte.
Die Nachkommen der Auserwählten des Zufalls, welche die Shoah überlebten,
können sich zwar auf deren Peiniger berufen wenn sie es denen gleichtun,
aber um den Preis des Verrats an den Shoahopfern.
Dabei können die Erfolgsbilanzen
der terroristischen Qualitäten einstiger zionistischer Organisationen, wie
Irgum, Lechi, Stern, Hagana und Palmach von 1947, samt den Fertigkeiten des
Mosad, nicht mit denen der palästinensischen Intifada-Brigaden der Fatah,
des Jihad, Kassam, Aksa und Kuds samt Hamas von 2002, aufgerechnet werden.
Premier Sharon hat jedoch mit seiner Gewaltpolitik zur Demütigung des von
ihm gehassten Brudervolkes in Palästina, keine neue Kategorie eingeführt.
Obwohl rassisch doktrinär, ist der Sharonismus nicht identisch mit dem historischen
Hitlerismus, der zwar gewalttätig, aber wenig intelligent gewesen war, und
endlich auch, zum Glück der Folgegenerationen, unterlag. Nun dient sein Katafalk
zur Rechtfertigung für alles, was als Abgeltung einstiger Greuel eingefordert
werden kann, aber rein gar nichts davon vergilt. Der Sharonismus ist auf
Dauer über seinen Urheber hinaus angelegt und brilliert durch die perfekt
durchorganisierte Public Relations, durch seine Dialektik und die, auf solide
Kenntnis sozialpsychologischer Prozesse (von denen einige hier aufgeschlüsselt
sind) aufgebaute, suggestive Führung labiler Massen. Dabei zählt der sich
autogen rechtfertigende Erfolg als Indikator. Er wird durch die Dauerhaftigkeit
schliesslich den Realitätswert seiner hypothetischen Vorgaben beweisen (oder
widerlegen), und dies völlig unbefangen von der uns hier unterlaufenen, moralisierenden
Exegese.
Während der sinnlichen Aufnahme einer Tatfolge, geschieht bereits
eine Selektion, das heisst eine Wertung, welche durch die emotionale Beteiligung
bestimmt ist, von der die Natur der Engrammierung abhängt. Das bedeutet,
dass wir nolens volens moralisieren, solange wir im sinnlichen Aufnahmeverlauf
stehen, und erst dann zum objektiven Tathergang finden, wenn ein Zeitabstand
uns eine weniger befangene Nachsichtung erlaubt. Dichte Inkreisgeschlossenheit,
die sich durch eine deutliche, kollektive Tatdynamik offenbart, führt dazu
diese, zumeist stereotypen Handlungsweisen, mit dem Suffix "Ismus" zu versehen.
So werden Ideologien zu solchen "Ismen", wie beispielsweise der Kommunismus,
der Nationalismus, Zionismus, Zentralismus, Anarchismus, Panslavismus, Faschismus,
Sozialismus, Chauvinismus und so fort. Bestimmte Überzeugungen, die als Inkreisbindungsmotive
kenntlich sind, werden personifiziert, das heisst durch Galionsfiguren verkörpert,
und bekommen dann als Doktrin deren Namen, wie zum Beispiel Stalinismus,
Leninismus, Hitlerismus, Trotzkismus und nun auch Sharonismus, welcher die
Doktrin der Brachialgewalt in die Metapher "Defensive Shield"
(Schutzwall) kleidet, um die Begriffskonversion seiner brutalen Expansion
in eine Selbstschutzhandlung zu bewirken. Diese Wendung wird zur political correctness
werden, sofern die Protektion des Weltpolizisten USA sie schützt. Macht
ist der entscheidende Faktor. Es stimmt nicht, dass Israel unter Sharon ein
Anhängsel der Vereinigten Staaten von Nordamerika unter Bush sei. Es ist
umgekehrt, indem Sharon sich uneingeschränkt des durchschnittlichen Kulturniveaus
der Bushadministration der USA bedienen kann. Je mehr Macht hinter einer
Doktrin steht, umso eher wird sie durch Personifizierung und "Ismus" ausgezeichnet.
Von einem Milosevicismus war bisher nicht die Rede, was bedeuten könnte,
dass das Drama um Jugoslawien im letzten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts
im Vergleich eher belanglos war, obwohl die Galionsfigur Milosevic in die
selbe Gallerie der schon genannten Chauvinisten gehört. Serbiens Reserven
reichten jedoch nicht aus, um dessen persönlichen Ismus zu markieren.
Doch kehren wir zum schon bemängelten Moralisieren zurück, weil genau dieses den bleibenden Eindruck färbt.
Aus der brutalen Realität ragt die hohe Moral des Yesh Gvul = es gibt eine Grenze! hervor. Diese Gruppierung patriotischer Dienstleistender verweigert die Teilnahme an militärischen, sogenannten "Strafaktionen" gegen jede Zivilbevölkerung, deren Kultur und Lebensgrundlagen, wie sie der Sharonismus betreibt. Soldaten aller Mannschafts- und Offiziersränge der israelischen Armee waren schon 1982 zum Problem der Sharonistischen Strategie im Libanon geworden und sind es, ihrer numerischen Grösse wegen, angesichts der unsäglichen Racheaktionen militärischer Fanatiker in Palästina erst recht. Dieser Mut wandelt die zaghafte Hoffnung auf kultivierte Menschlichkeit in Optimismus, stärkt ihn zur Zuversicht, dass die endogene Evolution des Menschwerdens durch Kultur nicht nur ein Wunschtraum bleibt. Yesh Gvul = es gibt eine Grenze! ist die wahre Freude der Thora und damit die berechtigte Hoffnung auf die Zukunft einer Zivilisation jenseits der bestialischen Instinkte aus den Urgründen des Seins.
Wer wegen einer Notlage etwas entwendet hat, was anderen gehörte, sollte
wenigstens so viel zurückerstatten, dass die Betrogenen nicht ihrerseits
in Not geraten. Ein Vernichtungsfeldzug ist keine Friedensvorgabe und bewahrt
gerade im Siegestaumel den, in gespreiztes Heldengetue gekleideten Hass.
Nun siegen sie wieder, diese Helden.
Für Kulturkreise mit hohem gemeinschaftlichem Freiheitsgut, ist das Heldenhafte
einer Soldateska mit dem Gehabe von Kampfmaschinen etwas, das aus den dunklen
Niederungen der Raubtierhaftigkeit der menschlichen Urnatur aufsteigt. Deren
Rechtfertigungen sind sämtlich unwahr, weil sie das Feindschaftsprinzip vertreten
und auf ein einseitig begünstigendes Recht setzen. Schlussendlich ernten
jedoch die Sieger eine Zustimmung die so viel Wert hat, wie das Lämmerblöken
der verschont Gebliebenen nach dem Blutrausch der Wölfe.
Katastrophisch
wird es leicht, wenn sich relative Massen in einem Führer verwirklicht sehen,
das heisst sich mit dem identifizieren, was dieser ihnen verheisst. Dann
geraten die Zwischenglieder der hierarchischen Struktur ausser Funktion,
und es entsteht der hypnotoide massenpsychotische Zustand, der die Völker
ins Verderben reisst. Im semitischen Bruderkrieg befinden sich Israeli wie
Palästinenser in eben einer solchen Situation, brüderlich entzweit wie Kain
und Abel, verkörpert durch ihre Führer Sharon und Arafat.
, tat dies an der Jubiliäumsversammlung 100 Jahre Verband Schweizer Lokomotivführer
(VSLF) mit den Worten: "Ihr habt Anspruch auf die besten Chefs! Und die tun
das nicht mehr nur aus Idealismus, sondern um Geld!" War das nun gekonnt,
oder Chuzpe? Ein Leistungsunterschied, wie der solcher Gehälter, ist unmöglich,
welcher Arbeit es auch sei. Der Unterschied soll sich aus der (freilich undefinierten)
Fülle der Verantwortung ergeben.
.
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