Sie kommen mit der warmen Jahreszeit. Zuerst die Bienen, später die Mücken, Wespen, Hornissen und Stechfliegen. Für die meisten Menschen sind Insektenstiche zwar lästig, haben aber in der Regel keine Folgen. Bei einzelnen allerdings können vor allem Bienen-, Wespen- und Hornissenstiche gefährliche Reaktionen hervorrufen.
Susi hatte sich eben ihre Trainingshose übergezogen und wollte zu ihrem täglichen Lauf aufbrechen. Noch im Hausflur verspürte sie am rechten Oberschenkel einen Stich und dann ein heftiges Brennen. Sie rannte zurück in die Wohnung. Dort fand sie das Uebel: Sie war von einer Biene gestochen worden. Die sportliche Frau hatte ihre roten Beinkleider am Vorabend auf den Balkon gehängt, wo sie das Insekt wohl mit einer Blume verwechselt hatte!
Schwellung tritt ein
Susi zog den Stachel heraus und betupfte die Einstichstelle, weil gerade kein Salmiakgeist im Hause war, mit Zwiebelsaft. Dieser hat die gleiche Wirkung gegen Insektenstiche. Er brannte noch eine Weile. Bald aber hatte die Sportlerin das Malheur vergessen und genoss, wie jeden Tag, ihren Waldlauf. Erst auf dem Rückweg machten sich Schmerzen im Oberschenkel bemerkbar. Dort, wo sie etwa eine Stunde vorher gestochen worden war. Zu Hause angekommen, stellte sie eine grosse, rötlich gefärbte Schwellung rund um die Einstichstelle fest. Und diese verhärtete sich zusehends.
Susi war schon oft von Insekten gestochen worden, doch eine solche Reaktion hatte sie noch nie erlebt. Sie würde ihr Bein - sie hatte sowieso einen Termin - anderntags ihrem Hausarzt zeigen. Solange sollte sie, zumal sich keine andern Beschwerden bemerkbar machten, noch zuwarten.
Gefährdete Personen
Der Arzt befand die
Schwellung als ungefährlich und schrieb die heftige Reaktion der Tatsache
zu, dass die Bienen im Frühjahr besonders viel Gift mit sich führen.
Dann, so erklärte er seiner Patientin, komme es häufiger zu heftigen
Rötungen oder Schwellungen rund um die Einstichstelle. Bei Susi verschwand
beides nach ein paar Tagen wieder.
Gefährlich werden
kann ein Bienen-, Wespen- und Hornissenstich
hingegen für Menschen, die darauf allergisch reagieren. Bei ihnen
kommen zu Rötung und/oder Schwellung Vergiftungserscheinungen hinzu.
Treten nach einem Stich Schwindelgefühle, Herzklopfen, Kopfschmerzen
oder Uebelkeit auf, soll die nächste Arztpraxis aufgesucht werden.
Bei gefährdeten Menschen kann es ohne sofortiges Eingreifen zum Kreislaufkollaps kommen. Auch wenn dies selten vorkommt, sterben dennoch jedes Jahr einige Menschen an den Folgen von Insektenstichen. Allergikerin oder Allergiker ist man aber von Geburt an. Festzustellen ist bei Betroffenen hingegen meist eine nach jedem Stich heftigere Reaktion.
Im Freien Vorsicht!
Vor allem jüngere Kinder sollten, wenn Insekten Flugzeit haben, nicht ohne Aufsicht im Freien essen und trinken. Bienen, Wespen und Hornissen werden von Süssigkeiten, Früchten oder Sirup angezogen. Warnende Worte sind keine genügende Vorbeugungsmassnahme. Spielende Kinder vergessen jede Vorsicht. Nur mit den nötigen Vorkehrungen im Freien zu essen gilt auch für allergische Personen.
Vorbeugen hilft
Wer heftig auf Insektenstiche reagiert, kann vorbeugende Massnahmen ergreifen. Starke Farben, Blumenmuster und Düfte ziehen Insekten an. Also möglichst auf stark riechende Parfums, Haarsprays oder duftende Pflegeprodukte verzichten. Ebenfalls geeignete Kleidung schützt vor Stichen. Damit kann man sich auch mit Erfolg gegen Mückenstiche wappnen, vor allem in den Abendstunden. Diese Stiche sind - ausser für allergische Personen - an sich harmlos.
In malariagefährdeten Gebieten hingegen ist äusserste Vorsicht geboten. Da helfen oft auch insektenvertreibende Salben und Sprays nichts. Wohl aber in gemässigten Breitengraden. Nur müssen diese Mittel von Zeit zu Zeit erneut aufgetragen werden. Haben die stechfreudigen Mücken schon zugeschlagen, helfen antiallergische Salben, den Juckreiz zu mildern. Die Eichstichstelle kann auch mit einer alkoholhaltigen Lösung betupft werden.
Stachel entfernen
Bei Bienen-, Wespen oder gar Hornissenstichen muss unbedingt zuest der Stachel entfernt werden. Und dies sorgfältig, damit aus der daran hängenden "Giftblase" nicht weiteres Gift in den Körper gelangt. Danach empfiehlt es sich, Salmiakgeist oder Zwiebelsaft auf die Einstichstelle zu tupfen. Das neutralisiert das Gift erst einmal. Kaltes Wasser oder Umschläge mit Borwasser oder Alkohol lindern die Beschwerden.
Die gleiche Wirkung haben antiallergische Salben. Bei starken Schwellungen oder Rötungen, eventuell auch an andern Körperstellen, kann es sich um Anzeichen einer Allergie handeln. Dann sollte besser der Arzt aufgesucht werden. Dasselbe gilt, wenn sich nach einem Stich ein Kribbeln am Kopf, an Händen oder Fusssohlen einstellt.
Sofort handeln
Keine Zeit zu verlieren gilt es bei Stichen im Hals-, oder Rachenbereich und direkt in die Lymph-oder Blutbahnen am Kopf. Dabei spielt es keine Rolle, ob dafür eine Biene, eine Wespe oder eine Hornisse verantwortlich ist. Die Gifte dieser Insekten sind zwar verschieden, doch mehr oder weniger gefährlich. Eines aber gilt immer: Ruhe bewahren und überlegt handeln. Und auf keinen Fall das Gift mit dem Mund absaugen. Menschen mit festgestellter allergischer Reaktion sollten sich vom Arzt entsprechende Medikamente für Notfälle - ein Notfallset mit genauen Anweisungen - geben lassen und in den entsprechenden Jahreszeiten immer bei sich tragen.
Heute gibt es auch vorbeugenden Therapien. Dabei handelt es sich um Massnahmen, die in der Regel nur im Spital durchgeführt werden können. Für Auskünfte kann man sich an den Hausarzt oder direkt an eine der Allergiestationen der Universitäten Basel, Bern, Genf, Lausanne oder Zürich wenden.
[Quelle: Wanderrevue 4/1994, Gertrud Amstutz]