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Geschichten 1

Die Wassersuppe
 
Simsach, der Alte vom Berg, war ein sehr friedsamer Mensch. Und da die Kunde von seiner Sanftmut in aller Welt bekannt wurde, kamen schon bald zu ihm die Gelehrten und baten ihn, dass er ihre Gespräche leiten solle, damit sie in Frieden stritten über Gott und die Welt und Simsach nickte.
 
Da begannen sie zu erzählen vom Glauben ihrer Ahnen, doch weil sie höflich und der anderen noch nicht sicher waren, sprachen sie so, dass niemand ihnen wiedersprechen konnte. So kürzten sie hier ein wenig und dort, und liessen wegfallen, was die Sache auf den Punkt, den anderen aber möglicherweise in Gegnerschaft gebracht hätte. Und immer schielten sie zu Simsach, dem Friedfertigen, der freundlich nickte.
 
Als nun die Mittagszeit kam, lies Simsach seine Gäste das Gespräch beenden und versprach ihnen, ein Mahl zu bereiten, das sollte all die Köstlichkeiten vereinen, die ein jeder aus seiner Heimat mitgebracht hatte.
Da es aber so weit war, gab er einem jeden Löffel und Schüssel in die Hand, stellte ihnen einen grossen Kessel aufgewärmtes Wassers in die Mitte und sprach: "Ach ihr Sanftmütigen, seht diese Speise voller Harmonie. Hat nicht ein jeder von euch eingebracht, was alles mit allem verbindet? Und was ist das anderes, als das Wasser in der Suppe?"

 

Der Zirkusbär

Es war einmal ein Zirkusbär. Sein Zuhause bestand aus einem kleinen Käfig.

Er war bereits in einem solchen Käfig geboren worden und verbrachte seine Freizeit damit, in diesem Käfig zehn Schritt vorwärts zu machen und wieder zehn Schritte rückwärts.

Irgendwann beschloss der Zirkusdirektor, den Zirkus aufzugeben, da er nur noch Verluste machte. Er fuhr mit den Bären in den Wald, stellt den Käfig ab und öffnete die Tür, bevor er abfuhr.

Der Bär steckte die Nase aus der offenen Käfigtür. Nun stand ihm die Welt offen für ein Leben als ein freier Bär. Der Bär sprang aus dem Käfig. Er stapfte einen Schritt vorwärts, vier, sechs, acht, neun... Aber nach dem zehnten Schritt ging der Bär wieder zehn Schritte rückwärts...                         

nach Bert Hellinger
 

Die heilige Flamme

Da ist ein Mann, der hat davon gehört, dass an einem fernen Ort eine heilige Flamme brennt. Er macht sich auf, um dieses Licht zu sich nach Hause zu tragen. Er denkt sich, wenn du dieses Licht hast, dann hast du das Leben, das Glück. Nun ist er auf dem Heimweg. Seine Sorge ist, dass die Flamme erlischt. Er trifft einen anderen, der kein Feuer hat, der friert. Der bittet ihn, ihm von seinem Feuer zu geben. - Zuerst will er nicht, er denkt, dieses heilige Feuer für eine so weltliche Sache, das geht nicht. - Dann aber gibt er doch.

Auf seinem weiteren Weg gerät er in einen schlimmen Sturm. So sehr er auch sein Licht schützt, seine Flamme erlischt. Nun erinnert er sich des anderen, dem er von seinem Licht abgegeben hat. Den weiten Weg zurück zum heiligen Ort über Meere und Ströme hätte er nicht mehr geschafft. Aber zu dem anderen, dem er geholfen hat, kann er zurück.

keine Quelle

 

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