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Ein Unterschied? Eines Tages ging der Meister mit einigen seiner Schüler am Flussufer spazieren. Er sprach: "Seht, wie die Fische im Wasser umherschnellen. Sie sind ganz in ihrem Element und geniessen das wahrlich."
Ein Fremder, der die Aussage des Meisters mitangehört hatte, rief aus: "Meister - woher wisst Ihr das denn? Ihr seid doch gar kein Fisch!" Die Schüler hielten den Atem an. Was für ein unverschämter Mann dieser Fremde war! Doch der Meister lächelte milde und sprach: "Und Du, woher weisst Du, dass ich kein Fisch bin schliesslich bist Du ja auch nicht ich!" Den Schülern erschien die Antwort des Meisters wie eine Zurechtweisung und sie lachten. Aber der Fremde war tief betroffen, denn er erkannte den Sinn in den Worten des Meisters. Er grübelte lange über den Satz und kam dann erneut zum Meister: "Ja, vielleicht unterscheidet Ihr Euch tatsächlich gar nicht so sehr von dem Fisch - und ich mich nicht von Euch."(aus Mello, Anthony de: Eine Minute Weisheit, Herder, 1986 -Geschichte leicht überarbeitet,
Keine Zeit!
Ein Mann geht im Wald spazieren. Nach einer Weile sieht er einen Holzfäller, der hastig und sehr angestrengt dabei ist, einen auf dem Boden liegenden Baumstamm zu zerteilen. Er stöhnt und schwitzt und scheint viel Mühe mit seiner Arbeit zu haben. Der Spaziergänger geht etwas näher heran, um zu sehen, warum die Arbeit für den anderen so schwer ist. Schnell erkennt er den Grund und sagt zu dem Holzfäller: "Guten Tag. Ich sehe, dass Sie sich Ihre Arbeit unnötig schwermachen. Ihre Säge ist ja ganz stumpf - warum schärfen Sie sie denn nicht?" Der Holzfäller schaut nicht einmal hoch, sondern zischt durch die Zähne "Dazu habe ich keine Zeit, ich muss doch sägen!"
gefunden in: Die sieben Wege der Effektivität von Stephen Covey
Die leere Tasse... Eines Tages kam eine Schülerin zum Meister. Sie hatte schon so viel von dem weisen Mann gehört, dass sie unbedingt bei ihm studieren wollte. Sie hatte alle Angelegenheiten geregelt, ihr Bündel geschnürt und war den Berg hinauf gekommen, was sie zwei Tage Fussmarsch gekostet hatte.
Als die junge Frau beim Meister ankam, sass der im Lotussitz auf dem Boden und trank Tee. Sie begrüsste ihn überschwenglich und erzählte ihm, was sie schon alles gelernt hatte. Dann bat sie ihn, bei ihm weiterlernen zu dürfen. Der Meister lächelte freundlich und sagte: "Komm in einem Monat wieder."
Von dieser Antwort verwirrt ging die junge Frau zurück ins Tal. Sie diskutierte mit Freunden und Bekannten darüber, warum der Meister sie wohl zurückgeschickt hatte. Einen Monat später erklomm sie den Berg erneut und kam zum Meister, der wieder teetrinkend am Boden sass. Diesmal erzählte die Schülerin von all den Hypothesen und Vermutungen, die sie und ihre Freunde darüber hatten, warum er sie wohl fortgeschickt hatte. Und wieder bat sie ihn, bei ihm lernen zu dürfen. Der Meister lächelte sie freundlich an und sagte: "Komm in einem Monat wieder."
Dieses Spiel wiederholte sich einige Male.
Es war also nach vielen vergeblichen Versuchen, dass sich die junge Frau erneut aufmachte, um zu dem Meister zu gehen. Als sie diesmal beim Meister ankam und ihn wieder teetrinkend vorfand, setzte sie sich ihm gegenüber, lächelte und sagte nichts. Nach einer Weile ging der Meister in seine Behausung und kam mit einer Tasse zurück. Er schenkte ihr Tee ein und sagte dabei: "Jetzt kannst Du hierbleiben, damit ich Dich lehren kann. In ein volles Gefäss kann ich nichts füllen."
Quelle: unbekannt
Der Einheimische und der Tourist Es war einmal in einem kleinen Fischerdorf irgendwo in Italien. Ein Tourist kam vorbei und sah einen Mann, der seelenruhig am Hafenkai sass und aufs Meer blickte.
Der Tourist ging zu dem Mann und sagte: "Entschuldigung, ich möchte Sie etwas fragen: Warum arbeiten Sie eigentlich nicht? Sie könnten sich z.B. ein Fischerboot kaufen und hinaus aufs Meer fahren."
"Aber, warum soll ich denn arbeiten?" fragte der Mann. "Ich habe alles, was ich brauche - genug zu leben und zufrieden bin ich auch." "Aber wenn Sie arbeiten würden, können Sie viel Geld verdienen, das Geld sparen und es zinsbringend anlegen!" sagte der Tourist.
"Warum," fragte der Mann, " soll ich Geld verdienen und sparen?" "Wenn Sie gut verdienen, können Sie von den Zinsen leben und dann brauchen nicht mehr zu arbeiten!"
Der Mann schaute den Tourist an und schüttelte langsam den Kopf. Dann ging sein Blick wieder hinauf auf das Meer.
( nacherzählt nach Heinrich Böll: "Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral")
Der Geizhals
Ein sehr geiziger Mann pflegte sein Gold unter einem Baum in
seinem Garten zu verstecken. Jede Woche ging er einmal zu
dem Baum, grub das Gold aus und betrachtete es stundenlang.
Eines Tages aber fand er nur ein leeres Loch.
Der Mann heulte vor Kummer so laut, dass die Nachbarn
zusammenliefen, um zu sehen, was geschehen war. Als sie
erfuhren, was dem Mann passiert war, fragte einer: "Hast Du
das Gold denn zu etwas gebraucht?"
"Nein," heulte der Geizhals, "ich habe es mir immer nur jede
Woche einmal angesehen."
"Dann," sagte der Nachbar "wenn Du das Geld nicht direkt
gebraucht hast, kannst Du doch genauso gut jede Woche
herkommen und das Loch anschauen."
(aus Mello, Anthony de: Gib deiner
Seele Zeit", Herder, 1999
Geschichte leicht überarbeitet)
Das Geldgeschenk
Man bot einem berühmten Weisen ein Summe an Geld als
großzügiges Geschenk an.
Der alte Weise aber sagte: "Ich brauche Euer Geld nicht. Ich
habe doch selbst schon eine Münze."
Die anderen schauten erschrocken und betroffen.
Einer von ihnen sagte dann: "Aber Herr, die Münze ist doch
nicht viel wert - wie lange soll Sie vorhalten?"
Der Alte sprach: "Wenn Du mir garantieren kannst, dass ich
länger lebe, als meine Münze vorhält, so will ich Dein Geschenk
annehmen."
Nach Dhun-Nun, nacherzählt
und leicht geändert; gefunden in:
Gelassenwerden. - Herder, 1996
Arme Leute
Eines Tages nahm ein Mann seinen Sohn mit aufs Land, um
ihm zu zeigen, wie arme Leute leben. Vater und Sohn
verbrachten einen Tag und eine Nacht auf einer Farm einer
sehr armen Familie.
Als sie wieder zurückkehrten, fragte der Vater seinen Sohn:
"Wie war dieser Ausflug?" "Sehr interessant!" antwortete der
Sohn.
"Und hast Du gesehen, wie arm Menschen sein können?" "Oh
ja, Vater, das habe ich gesehen."
"Was hast Du also gelernt?" fragte der Vater. Und der Sohn
antwortete: "Ich habe gesehen, dass wir einen Hund haben und
die Leute auf der Farm haben vier. Wir haben einen
Swimmingpool, der bis zur Mitte unseres Gartens reicht, und sie
haben einen See, der gar nicht mehr aufhört. Wir haben
prächtige Lampen in unserem Garten und sie haben die Sterne.
Unsere Terrasse reicht bis zum Vorgarten und sie haben den
ganzen Horizont."
Der Vater war sprachlos.
Und der Sohn fügte noch hinzu: "Danke Vater, dass Du mir
gezeigt hast, wie arm wir sind."
Quelle: Dr Philip E. Humbert, The
Innovative Professional's Letter, frei
übersetzt und leicht geändert
Nasrudins Verwirrung
Nasrudin kam auf seiner Reise einmal nach Bagdad. Was war
das für eine große Stadt. Noch nie zuvor hatte er so viele
Menschen gesehen. Das Gedränge und die Menschenströme
verunsicherten ihn sehr.
Er dachte: "Ich frage mich, wie es die Menschen in einer Stadt
wie dieser eigentlich schaffen, sich selbst im Auge zu behalten
und wie sie trotzdem wissen, wer sie sind." Dann sagte er zu
sich: "Ich muss mir genau merken, wer ich bin, denn sonst
verliere ich mich vielleicht."
Am Abend suchte er sich ein Quartier für die Nacht. Neben ihm
lagerte ein Schalk. Als Nasrudin sich nun schlafenlegen wollte,
bekam er Angst, sich nach dem Aufwachen nicht mehr
wiederzufinden. Das erzählte er dem Schalk, der neben ihm
auch noch wach war.
Der Spaßmacher riet ihm folgendes: "Kein Problem mein
Freund. Nimm diese Blase hier und puste sie zu einem Ballon
auf. Binde sie an Dein Bein und geh ruhig schlafen. Wenn Du
aufwachst, suche einfach nach dem Mann mit dem Ballon - das
bist dann Du!"
"Eine wunderbare Idee" sagte Nasrudin.
Nach einigen Stunden wachte er auf. Er suchte nach der Blase
und sah, dass sie am Bein des Narren befestigt war. "Ja, das
bin ich" dachte er. Dann aber packte ihn plötzlich die Furcht und
er schüttelte den anderen Mann: "Wach auf! Dein Vorschlag
war nicht gut. Es ist genau das passiert, was ich befürchtet
hatte."
Der Schalk erwachte und fragte Nasrudin, was denn los sei.
Nasrudin zeigte auf den Ballon: "Anhand der Blase kann ich
feststellen, dass Du ich bist. Aber wenn Du ich bist - wer bei der
Liebe des Allmächtigen bin ich?"
gefunden in: Ornstein, Robert:
Multimind, Junfermann, 1992,
Geschichte überarbeitet
Seesterne retten
Ein furchtbarer Sturm kam auf. Der Orkan tobte. Das Meer
wurde aufgewühlt und meterhohe Wellen brachen sich
ohrenbetäubend laut am Strand.
Nachdem das Unwetter langsam nachließ, klarte der Himmel
wieder auf. Am Strand lagen aber unzählige von Seesternen,
die von der Strömung an den Strand geworfen waren.
Ein kleiner Junge lief am Strand entlang, nahm behutsam
Seestern für Seestern in die Hand und warf sie zurück ins Meer.
Da kam ein Mann vorbei. Er ging zu dem Jungen und sagte:
"Du dummer Junge! Was Du da machst ist vollkommen sinnlos.
Siehst Du nicht, dass der ganze Strand voll von Seesternen ist?
Die kannst Du nie alle zurück ins Meer werfen! Was Du da tust,
ändert nicht das Geringste!"
Der Junge schaute den Mann einen Moment lang an. Dann
ging er zu dem nächsten Seestern, hob ihn behutsam vom
Boden auf und warf ihn ins Meer. Zu dem Mann sagte er: "Für
ihn wird es etwas ändern!"
gefunden in: Porter, Patrick:
"Entdecke dein Gehirn",
Junfermann, 1997; Geschichte
gekürzt und überarbeitet
Zwei Samen
Es steckten einmal zwei Samen nebeneinander im Boden.
Der erste Samen sprach: "Ich will wachsen! Ich will meine
Wurzeln tief in die Erde senden und ich will als kleines
Pflänzchen die Erdkruste durchbrechen, um dann kräftig zu
wachsen. Ich will meine Blätter entfalten und mit ihnen die
Ankunft des Frühlings feiern. Ich will die Sonne spüren, mich
von Wind hin- und herwehen lassen und den Morgentau auf mir
spüren. Ich will wachsen!"
Und so wuchs der Samen zu einer kräftigen Pflanze.
Der zweite Samen sprach: "Ich fürchte mich. Wenn ich meine
Wurzeln in den Boden sende, weiß ich nicht, was mich dort in
der Tiefe erwartet. Ich befürchte, dass es mir wehtut oder dass
mein Stamm Schaden nehmen könnte, wenn ich versuche, die
Erdkruste zu durchbrechen. Ich weiß auch nicht, was dort oben
über der Erde auf mich lauert. Es kann so viel geschehen, wenn
ich wachse. Nein, ich bleibe lieber hier in Sicherheit und warte,
bis es sicherer ist."
Und so verblieb der Samen in der Erde und wartete.
Eines Morgens kam eine Henne vorbei. Sie scharrte mit ihren
scharfen Krallen nach etwas Eßbaren im Boden. Nach einer
Weile fand sie den wartenden Samen im Boden und fraß ihn
auf.
( gefunden in: "Chicken Soup
for the Soul", 1993; frei übersetzt)
Wer bist Du?
Eine Frau lag im Koma.
Plötzlich schien es ihr, als sei sie schon tot, wäre im Himmel
und stände nun vor einem Richterstuhl.
"Wer bist du?" fragte eine Stimme.
"Ich bin die Frau des Bürgermeisters" antwortete die Frau.
"Ich habe nicht gefragt, wessen Ehefrau du bist, sondern, wer
du bist."
"Ich bin die Mutter von vier Kindern." war nun ihre Antwort.
"Ich habe nicht gefragt, wessen Mutter du bist, sondern wer du
bist."
"Ich bin Lehrerin."
"Ich habe auch nicht nach deinem Beruf gefragt, sondern wer
du bist."
"Ich bin Christin."
"Ich habe nicht nach deiner Religion gefragt, sondern wer du
bist."
Und so ging es immer weiter. Alles, was die Frau erwiderte,
schien keine befriedigende Antwort auf die Frage "Wer bist du?"
zu sein.
Irgendwann erwachte die Frau aus ihrem Koma und wurde
wieder gesund. Sie beschloß nun herauszufinden, wer sie war.
Und darin lag der ganze Unterschied.
(nach Anthony de Mello, gefunden in:
Gelassenwerden. - Herder, 1996)
Die Frösche im Milchtopf
Auf dem Bauernhof stand ein Eimer. Zwei Frösche kamen
vorbei und waren neugierig, was da wohl im Eimer sei. Also
sprangen sie mit einem großen Satz in den Eimer.
Es stellte sich heraus, dass das keine so gute Idee gewesen
war, denn der Eimer war halb gefüllt mit Milch. Da schwammen
die Frösche nun in der Milch, konnten aber nicht mehr aus dem
Eimer springen, da die Wände zu hoch und zu glatt waren.
Der Tod war ihnen sicher.
Der eine der beiden Frösche war verzweifelt. "Wir müssen
sterben", jammerter er "hier kommen wir nie wieder heraus."
Und er hörte mit dem Schwimmen auf, da alles ja doch keinen
Sinn mehr hatte.
Der Frosch ertrank in der Milch.
Der andere Frosch aber sagte sich: "Ich gebe zu, die Sache
sieht nicht gut aus. Aber aufgeben tue ich deshalb noch lange
nicht. Ich bin ein guter Schwimmer! Ich schwimme, so lange ich
kann."
Und so stieß der Frosch kräftig mit seinen Hinterbeinen und
schwamm im Eimer herum. Immer weiter. Er schwamm und
schwamm und schwamm. Und wenn er müde wurde, munterte
er sich selbst immer wieder auf. Tapfer schwamm er immer
weiter.
Und irgendwann spürte er an seinen Füßen eine feste Masse.
Ja tatsächlich - da war keine Milch mehr unter ihm, sondern
eine feste Masse. Durch das Treten hatte der die Milch zu
Butter geschlagen! Nun konnte er aus dem Eimer in die Freiheit
springen.
(Quelle unbekannt)
Die Blinden und der Elefant
Es waren einmal fünf weise Gelehrte. Sie alle waren blind.
Diese Gelehrten wurden von ihrem König auf eine Reise
geschickt und sollten herausfinden, was ein Elefant ist.
Und so machten sich die Blinden auf die Reise nach Indien.
Dort wurden sie von Helfern zu einem Elefanten geführt. Die
fünf Gelehrten standen nun um das Tier herum und versuchten,
sich durch Ertasten ein Bild von dem Elefanten zu machen.
Als sie zurück zu ihrem König kamen, sollten sie ihm nun über
den Elefanten berichten.
Der erste Weise hatte am Kopf des Tieres gestanden und den
Rüssel des Elefanten betastet. Er sprach: "Ein Elefant ist wie ein
langer Arm."
Der zweite Gelehrte hatte das Ohr des Elefanten ertastet und
sprach: "Nein, ein Elefant ist vielmehr wie ein großer Fächer."
Der dritte Gelehrte sprach: "Aber nein, ein Elefant ist wie eine
dicke Säule." Er hatte ein Bein des Elefanten berührt.
Der vierte Weise sagte: "Also ich finde, ein Elefant ist wie eine
kleine Strippe mit ein paar Haaren am Ende", denn er hatte nur
den Schwanz des Elefanten ertastet.
Und der fünfte Weise berichtete seinem König: " Also ich sage,
ein Elefant ist wie ein riesige Masse, mit Rundungen und ein
paar Borsten darauf." Dieser Gelehrte hatte den Rumpf des
Tieres berührt.
Nach diesen widersprüchlichen Äußerungen fürchteten die
Gelehrten den Zorn des Königs, konnten sie sich doch nicht
darauf einigen, was ein Elefant wirklich ist.
Doch der König lächelte weise: "Ich danke Euch, denn ich weiß
nun, was ein Elefant ist: Ein Elefant ist ein Tier mit einem
Rüssel, der wie ein langer Arm ist, mit Ohren, die wie Fächer
sind, mit Beinen, die wie starke Säulen sind, mit einem
Schwanz, der einer kleinen Strippe mit ein paar Haaren daran
gleicht und mit einem Rumpf, der wie eine große Masse mit
Rundungen und ein paar Borsten ist."
Die Gelehrten senkten beschämt ihren Kopf, nachdem sie
erkannten, dass jeder von ihnen nur einen Teil des Elefanten
ertastet hatte und sie sich zu schnell damit zufriedengegeben
hatten.
(Ursprünglich nach Mowlana)
Der Tempel der tausend Spiegel
Eine Geschichte aus Indien
Es gab in Indien den Tempel der tausend Spiegel. Er lag hoch
oben auf einem Berg und sein Anblick war gewaltig. Eines
Tages kam ein Hund und erklomm den Berg. Er stieg die Stufen
des Tempels hinauf und betrat den Tempel der tausend
Spiegel.
Als er in den Saal der tausend Spiegel kam, sah er tausend
Hunde. Er bekam Angst, sträubte das Nackenfell, klemmte den
Schwanz zwischen die Beine, knurrte furchtbar und fletschte die
Zähne. Und tausend Hunde sträubten das Nackenfell,
klemmten die Schwänze zwischen die Beine, knurrten furchtbar
und fletschten die Zähne.
Voller Panik rannte der Hund aus dem Tempel und glaubte von
nun an, dass die ganze Welt aus knurrenden, gefährlichen und
bedrohlichen Hunden bestehe.
Einige Zeit später kam ein anderer Hund, der den Berg
erklomm. Auch er stieg die Stufen hinauf und betrat den
Tempel der tausend Spiegel. Als er in den Saal mit den tausend
Spiegeln kam, sah auch er tausend andere Hunde. Er aber
freute sich. Er wedelte mit dem Schwanz, sprang fröhlich hin
und her und forderte die Hunde zum Spielen auf.
Dieser Hund verließ den Tempel mit der Überzeugung, dass die
ganze Welt aus netten, freundlichen Hunden bestehe, die ihm
wohlgesonnen sind.
gefunden: CD des Buchs "Erfolgsprinzipien
der Optimisten" v. Nikolaus B. Engelmann. -
Offenbach: GABAL, 1998
Vier Engel
Als Gott dabei war, die Welt zu schaffen,
kamen vier Engel, um das zu betrachten.
Der erste Engel sah sich die Sache an
und sagte: Herr, aus nichts machst Du
etwas so Großartiges - wie ist das
möglich, wie? der zweite Engel sah sich
die Sache an, bewunderte sie eine
Zeitlang und sagte: Herr, Gott, du schaffst
etwas Neues, das nie da war - warum?
Dann kam der dritte Engel vorbei. Er sah
alles an und sprach: Herr, du schaffst
etwas Großes, etwas Reiches - wenn du
fertig bist, kann ich es haben? Der vierte
Engel sah an, was Gott dabei war zu
schaffen und sagte: Herr, Gott, ich kann
nicht nur ein Zuschauer sein. Du schaffst
etwas Neues - kann ich dir helfen?
Aus der jüdischen Literatur
(aus: Freundesbrief der OJC Nr 150,
3/1994, Seite 143)
2 Pastoren unterhalten sich:
"Mensch, hatte ich heute einen anstrengenden Tag: 2 Beerdigungen, 2 Einäscherungen und noch eine
Kompostierung!"
"Wieso Kompostierung?"
"Na ja, die Grünen werden auch mal älter!"
Eine chassidische Geschichte setzt sich
mit der auf Christus gedeuteten Frage des Propheten Jesaja auseinander:
"Wächter, wie weit ist es in der Nacht?" —
wobei Finsternis als Zeit der Bedrängnis
und die Morgendämmerung und der Tag
als Erfüllung der Verheißungen,
als Tag der Erlösung und Erfüllung gilt.
Rabbi Israel Baal Schem Tow fragte also seine Schüler,
wie man die Stunde bestimmen könnte,
in der die Nacht zu Ende
und der Tag mit dem Morgengrauen beginnt.
"Wenn man von weitem einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann",
so schlug einer seiner Schüler vor.
"Nein", antwortete der Rabbi.
"Ist es, wenn man einen Weinstock
von einem Feigenbaum unterscheiden kann?",
fragte ein zweiter.
"Nein", sagte der Rabbi.
"Es ist dann, wenn du in das Antlitz eines Menschen schauen kannst —
eines jeden Menschen —
und genug Licht hast,
um in ihm deinen Bruder, deine Schwester zu erkennen.
Bis dahin ist es dunkel, und die Nacht ist noch bei uns."
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