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Begegnungen
15. Mai 2000

Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Leck im Tank des Landrovers ist geflickt, die Aktion dauerte einen halben Tag und kostete umgerechnet ca. CHF 90.00. Während Bernhard und Frieder in der Werkstatt waren, riefen Axel und Ute auf dem Camping an und Christoph fuhr los, um sie im wenige Kilometer entfernten Troja abzuholen. Gleichzeitig mit dem reparierten Landi trafen sie wieder auf dem Camping ein, und das Wiedersehen der alten Freunde musste natürlich gleich mit einem Troy Bier (das jedoch im späteren Vergleich mit dem Efes Pilsen deutlich schlechter abschnitt) und Frieders ständigem Reisebegleiter Ricard gefeiert werden.

Am folgenden Tag besichtigten wir das alte Troja (3000 v. Chr.), wo die Ruinen vom blühenden Mohn beinahe in den Schatten gestellt wurden. Vor der Stadt trafen wir einen deutschen Fahrradfahrer, der auch nach Indien unterwegs war, sich dafür aber über zwei Jahre Zeit genommen hatte. Weiter südlich am Meer fanden wir ein schönes Plätzchen zum Übernachten. Während die Schweiz und Deutschland von einer frühsommerlichen Hitzewelle erfasst wurden, waren bei uns vor allem abends warme Pullover und lange Unterhosen angesagt. Weiter auf Touristenpfaden gelangten wir nach Pergamon, wo wir zusammen mit einer Horde türkischer Schulmädchen - teils in Kopftücher und Mäntel gehüllt, teils in knackig engen Jeans und T-shirts – die auf einem schönen Hügel gelegene Erfindungsstätte des Pergaments besuchten. An diesem Abend fanden wir entlang eines kleinen Strässchens in einer sehr ländlichen Gegend einen leckeren (südafrikanischer Einfluss) Schlafplatz. Auf dem Weg dahin fuhren wir durch mehrere kleine Dörfer, deren Bewohner uns fröhlich zuwinkten. Besonders süss war eine Gruppe von älteren Frauen mit verwitterten Gesichtern und ansteckendem Lachen. Kaum angekommen an der Campsite tauchten auch schon die ersten Besucher auf: zwei Männer aus einem nahegelegenen Dorf. Es sah so aus, als wäre da kein Mensch, doch in Wirklichkeit wurden wir wohl schon von unzähligen Augen beobachtet. Die folgende Szene muss man sich so vorstellen: Die beiden Besucher standen einfach da und guckten, wechselten ab und zu ein paar Sätze, während wir uns etwas verloren und ratlos anschauten und uns die Köpfe über den möglichen Grund ihres Auftauchens zerbrachen. War campen hier etwa nicht erlaubt? Zu diesem Zeitpunkt waren wir mit den lokalen Gepflogenheiten noch nicht soweit vertraut, dass wir ohne weiteres akzeptieren konnten, dass die beiden einfach neugierig waren und wissen wollten, was es mit dieser seltsamen kleinen Karawane auf sich hatte. Irgendwann kamen wir auf die Idee, Tee zu kochen. Nach mehrmaligem Anbieten setzten sich unsere Gäste auch tatsächlich hin, wir tranken zusammen Tee und fuhren mit dem Finger über die Landkarte. Kurz vor dem Einnachten verabschiedeten sie sich und fuhren talwärts. Auch am folgenden Abend erhielten wir kurz nach dem Eintreffen auf der Campsite Besuch von zwei freundlichen Einheimischen. Beim letzten Mal hinzugelernt wollten wir schon wieder Tee kochen, doch nachdem klar war, woher wir kommen und wohin wir gehen, zogen die beiden ohne Tee weiter. An diesem Tag hatten wir uns Pamukkale angeschaut. Leider wurden die natürlichen Pools von den Touristen längst zerstört, weshalb man nun dabei ist, künstliche Pools zu bauen, die in ein paar Jahren auch wieder natürlich aussehen sollen.

Die Türkei ist ein Paradies für Leute, die gerne draussen sind und auch gerne irgendwo im Freien übernachten. Das Zeltleben scheint ein untrennbarer Bestandteil der anatolischen Kultur zu sein, und mittelalterliche Karawansereien an der historischen Seidenstrasse zeugen von der Mobilität der Händler alter Zeiten. Die Türken sind ein Picknickvolk, was vor allem an den Wochenenden deutlich wird, wenn türkische Familien an speziell eingerichteten Picknickplätzen oder sonstigen lauschigen Plätzchen ihren Autos alles entladen, was zu einem gelungenen Familienpicknick gehört. Die herrlichen Landschaften überall laden aber auch zum Verweilen ein.

Ooops, ich wurde beim Schreiben kurz unterbrochen: ein Platten – und schon wieder das rote Monster. Jetzt fehlt uns nur noch der Reifen vorne links... Aber wir stehen bereits bei der nächsten Werkstatt, und Frieder wird gerade von einem älteren Türken mit der hier unter Männern üblichen Umarmung begrüsst. Und wie schon heute früh an der Tankstelle wird uns auch hier wieder türkischer Tee angeboten. So macht Reifen flicken Spass! Und soeben erfahren wir, dass das alles auch noch umsonst war! Unglaublich, oder?

Nach dem Abstecher ins Landesinnere entschlossen wir uns, einen Ruhetag einzuschalten, um das Mittelmeerklima noch einmal so richtig auszukosten. Da wir wieder einmal waschen wollten, suchten wir uns einen offiziellen Camping im Backpacker-Paradies Dalyan. Aber schon nach wenigen Stunden wurde uns bewusst, wie friedlich wir es die letzten Abende und Nächte auf unseren selbst ausgesuchten Schlafplätzen hatten. Bumm, bumm, bumm – so dröhnte es bis nachts um zwei Uhr von der Disco gleich nebenan. Am nächsten Tag tauschten wir die Fahrzeuge gegen ein Boot und tuckerten einen Tag lang in der wunderschönen Bucht herum. Der Höhepunkt bildete neben dem über zehn Kilometer langen Strand (die Wassertemperatur war eher etwas für Frischverheiratete - nur Ute und Axel schafften es) eine natürliche Schlammpackung mit anschliessendem Bad im ca. 38° warmen Wasser. Nachdem wir beim Campen und auf kleineren Strassen bereits einigen Landschildkröten begegnet waren (um die genaue Zahl zu nennen, müsste ich mich zuerst bei unserer Schildkrötenfetischistin Marzena erkundigen), sahen wir hier auch noch grössere Wasserschildkröten. Bären und Wölfe haben wir zwar noch keine gesehen, dafür zwei Schlangen und auf der Fahrt entlang der Küste mehrere Delphine.

Nach zwei Fahrtagen Richtung Kappadokien kamen wir am frühen Abend auf der Suche nach dem ultimativen Camp am Fusse des Hasan Gebirges an einem ländlichen Dorf vorbei. Im Nu waren wir umringt von Kindern und Männern; das ganze Dorf schien sich zu versammeln, um zu sehen, was es mit den drei Fahrzeugen auf sich hatte. Die Menschen waren sehr freundlich und winkten uns zu, ein paar kleine Jungen waren schon ein bisschen frecher und steckten neugierig den Kopf durch unsere offenen Fenster. Schwer zu sagen, wer neugieriger war, ob sie oder wir, denn wir kamen aus dem Staunen auch kaum mehr heraus. Ein hilfsbereiter Traktorfahrer bot uns schliesslich in perfektem Deutsch an, uns zu einem schönen Schlafplatz zu führen. So schaukelten wir hinter seinem Fahrzeug den Berg hoch und landeten tatsächlich auf dem ultimativen Patz, am Fusse des 3200 m hohen Schneeberges, der vor drei Millionen Jahren den Lavagrundstein für Kappadokien ausgespuckt hatte.

In Kappadokien nahmen wir uns wieder mehr Zeit und wanderten am ersten Tag durch die steile Ihlara-Schlucht, mit ihren unzähligen Kirchen und Wohnbauten im Fels, die man stundenlang kletternd auskundschaften kann. Am zweiten Tag besichtigten wir die unterirdische Stadt Derinkuyu, die den Christen im 7. Jhd. Zuflucht vor ihren arabischen Invasoren Zuflucht bot. Erstaunlich, diese Einrichtungen unter der Erde - sogar ein riesiger Weinkeller fehlte nicht! Die Nacht im unglaublichen Kappadokien verbrachten wir oben auf einem kleineren Berg, der von unten ziemlich flach und harmlos aussah, den 4x4 Anfängern unter uns jedoch weiche Knie und Herzklopfen bereitete. Aber da war es bereits zu spät zum Umkehren...

Heute fuhren wir ein Stück weiter Richtung Norden, um möglichst bald an die Schwarzmeerküste zu gelangen. Die Landschaft ist so abwechslungsreich hier, dass das Fahren nie langweilig wird. Wir kamen an unzähligen Äckern vorbei, wo sich vor allem die Frauen in ihren farbigen Kleidern in gebückter Haltung Meter für Meter voranarbeiteten. Einmal mehr verliessen wir am frühen Abend die Hauptstrasse, um einen Schlafplatz zu finden. Und wie immer wurden wir bald fündig. Während wir die Zelte aufbauten und das Abendessen zubereiteten, tauchten weiter oben am Berg zwei Schafherden auf, deren Hirten neugierig auf uns zukamen. Der Tee war diesmal schon gekocht, und dank den minimalen Englischkenntnissen des einen Besuchers und unserem von Tag zu Tag grösser werdenden Türkischwortschatz kam schon eine längere Unterhaltung zustande. Als es dunkel wurde, zogen die Hirten weiter, und wir stürzten uns auf die Spaghetti. Wenig später tauchten drei junge Türken auf, die zwar nur zögerlich in unsere Nähe kamen, dafür aber beim Weitergehen mit mehreren Gewehrschüssen zu imponieren versuchten.

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