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Ladakh
12. September 2000

Gaby und Franziska trafen am 16. August in Leh ein, nach einer langen Odyssee in Delhi, wo sie vier Tage lang ihrem verschollenen Gepäck nachrannten und sich gleich ein Bild von der indischen (und holländischen – KLM) Effizienz machen konnten. Ich hatte richtig Herzklopfen, als Christoph und ich von einem Ausflug zu einigen der umliegenden Klöster zurückkamen und uns im Guesthouse die Mitteilung erwartete, dass unsere Freunde eingetroffen seien. Das Wiedersehen war gross und wir wurden reich beschenkt: Trockenfleisch, Schokolade, Waschmittel aus der Tube und – was uns wirklich zu Tränen rührte – Fotos von unseren Freunden zu Hause, aufgenommen an einem sozusagen zu unseren Ehren veranstalteten Fest. Das war unbeschreiblich schön!

Den nächsten Tag benutzten wir, um unseren Trek zu organisieren und ein Permit für das nördlich von Leh gelegene Nubra Valley zu beschaffen, wo wir die nächsten vier Tage verbringen wollten. Als erstes galt es, den auf angeblich 5600m Höhe gelegenen Khardung La Pass zu überqueren. Für eine Schweizer Radfahrergruppe, die wir in Leh getroffen hatten, war das natürlich die Herausforderung. Bei uns war etwas weniger sportliche Leistung gefragt, und ein Adrelinschub erfasste uns nur kurz vor dem Pass, als uns ausgerechnet auf den steilsten Serpentinen eine nicht mehr enden wollende Kolonne von Militärlastwagen entgegenkam. Es blieb uns nichts anderes übrig, als uns millimeterbreit an den Abgrund zu stellen, damit alle an uns vorbeikamen. Der Pass war alles andere als schön, überall Militär und alte Teertonnen. Bereits in Leh war die Militärpräsenz sehr hoch gewesen, zusätzlich noch verstärkt aufgrund der neuesten Anschläge in der Kashmir-Region rund um Srinagar sowie der Spannungen im Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitstag Indiens am 15. August. Doch im Nubra Valley merkten wir, dass es uns wirklich langsam zuviel wurde und wir uns langsam aber sicher nach einem militärfreien Gebiet sehnten. Als dann noch irgendein höherer Militärkopf meinte, wir müssten eine Stunde auf dem Pass warten, bis die Verschiebung sämtlicher Militärlastwagen erfolgt sei, platzte Christoph der Kragen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er die weisen Ratschläge eines anderen hohen Militärs, mit dem wir später auf dem Weg von Leh wieder Richtung Süden diskutierten, noch nicht in der Tasche: 1. „Never argue with someone in uniform.“ 2. „Never argue with someone of lesser education.“ Irgendwann liessen sie uns dann doch gehen, allerdings nicht, ohne die Nachricht von diesen aufmüpfigen Touristen an den nächsten Posten nach dem Pass weiterzuleiten, die uns prompt auch schon mit ernster Miene empfingen. Gaby rettete die Situation, indem sie sich eingehendst für die anwesenden neugeborenen Welpen interessierte und im Nu die Sympathien auf unsere Seite brachte. Ohne weitere Zwischenfälle fanden wir einen wunderschönen Campingplatz und wurden erst am frühen Morgen wieder von tieffliegenden Militärhelikoptern geweckt. Wir fuhren weiter bis Hunder, wo für Touristen das Sperrgebiet beginnt. Dort richteten wir unser kleines Camp im Garten eines familienbetriebenen Guesthouses ein. Am Anfang war uns nicht ganz klar, ob die Familie das Campen wirklich begrüsste. Die Grossmutter schaute mürrisch drein und der Grossvater, ein kleines Männchen, schwang seine Sichel in unsere Richtung, während er uns unverständliche Worte murmelte. Das erste Lächeln entlockten wir den beiden, als wir ihnen mehr schlecht als recht halfen, die Esel aus dem Garten zu vertreiben, die hinter ihren Kartoffeln her waren. Von da an besuchte uns vor allem der Grossvater regelmässig, betrachtete neugierig den Landcruiser und verfolgte unsere Aktivitäten sehr genau. Wir blieben zwei Tage in Hunder, kletterten zu den Tempeln hoch und genossen den kleinen Garten. Am Nachmittag des zweiten Tages versetzten wir ungewollt das halbe Dorf in Aufregung. Als uns die Familie – Mutter und Vater mit Kleinkind sowie der Grossvater – wieder einmal besuchte, beschlossen wir, ein Sofortbild von ihnen und uns zu machen. Eins gaben wir ihnen und eines steckten wir selber ein. Der Grossvater schaute erschrocken auf das Bild, als sähe er sich zum ersten Mal, griff sich an die Glatze und lachte. Die junge Frau rannte sofort mit dem Bild ins Dorf, um es allen ihren Freundinnen zu zeigen. Nach einer halben Stunde kamen alle Familienmitglieder zurück, doch diesmal herausgeputzt in ihren schönsten Kleidern; der Vater trug sogar eine Blume in der Hand. Das perfekte Familienfoto. In der Folge besuchte uns das halbe Dorf und alle baten uns um „one photo“... Doch einmal mehr erfuhren wir am eigenen Leib, dass in Asien das Geben und Nehmen stets ausgeglichen sein sollte, denn die Familie des Guesthouses brachte uns als Dank für die Fotos Gemüse, Früchte und sogar einen Krug Tchang (selbstgebrautes Bier), das aber nur Christoph begeistern konnte... Am nächsten Tag machten wir noch einen kleinen Abstecher in die Sanddünen (!) von Hunder, die von riesigen zweihöckrigen wilden Kamelen durchwandert werden.

Es blieben uns zwei Tage in Leh, um uns auf unseren Trek vorzubereiten.  

Der Trek

Die Route führte uns vom leicht südlich von Leh gelegenen Hemis während 12 Tagen querfeldein durch Täler, über Pässe und wunderschöne Hochebenen über den Tso (See) Kar zum Tso Moriri. Wir starteten auf 3500m, doch bereits am Abend des zweiten Tages erreichten wir 4700m und blieben für den Rest des Treks über der 4000er-Grenze. Mindestens zwei Nächte verbrachten wir auf über 5000m, wo es nachts empfindlich kalt wurde, was auch die am frühen Morgen teilweise zugefrorenen Bäche bewiesen. Beinahe jeden Tag überquerten wir einen Pass, an manchen Tagen drei bis vier, wobei jedoch nicht alle einen steilen Anstieg erforderten. Über unendliche Hochebenen und mal weite, mal enge, verschlungene Täler ging es jeweils auf den nächsten Pass zu. Während des ganzen Treks begegneten uns kaum Menschen, nur vereinzelte Nomaden, die im Sommer mit ihren Yak-, Ziegen- oder Schafherden in den abgelegensten Tälern leben. Im Winter ziehen sie in die umliegenden Dörfer, um sich die Zeit mit lokalen Handwerksarbeiten zu vertreiben.

Da es sich um eine nicht sehr oft begangene Route handelte, trafen wir auch kaum andere Trekker. Doch Anne-Claire, Gaëtan und Pierre aus Lausanne brachen am selben Tag auf wie wir, und die ersten zwei Tage waren wir zusammen unterwegs. Leider trennten sich danach unsere Wege, und wir sahen einander erst am Tso Moriri wieder. Auf der Jeepfahrt zurück nach Leh wollte es der Zufall, dass wir zur selben Zeit am selben Ort einen Platten hatten. Ein paar Tage, bevor wir den Tso Moriri erreichten, trafen wir Harald, Antoine und Muriel aus Frankreich – wir hatten also genügend Gelegenheit, unser Französisch etwas aufzufrischen. Nie vergessen werden wir das Bündnerfleisch, das uns die Westschweizer - von uns wegen ihrer Aussprache von New Delhi auch kurz „Nüdeli“ genannt – an einem der ersten Abende so grosszügig anboten. An dieser Stelle sei zu erwähnen, dass Trockenfleisch zu denjenigen Dingen gehört, die Christoph und ich unterwegs am meisten vermissen. Auch ein feines Glas Rotwein würden wir unter keinen Umständen verschmähen! Aber bevor ich ins Schwärmen gerate, zurück ins ladakhische Hochland und zur Verpflegung auf dem Trek. Nach ca. fünf Tagen konnten die einen von uns das Frühstück, die anderen das Abendessen und eigentlich alle den Lunch nicht mehr sehen. Während Gaby die allmorgendlichen Chappatis und die Peanut Butter langsam zum Hals heraushingen, wünschte sich Christoph sehnlichst, einmal abends keinen Reis essen zu müssen. Es gab tatsächlich jeden Abend Reis, doch immer mit mindestens drei Beilagen in der Form verschiedener Gemüse oder Nudeln. Der Lunch war leider wirklich nicht ganz ausreichend, vor allem, als die Eier von Tag zu Tag fauler und ungeniessbarer wurden... Die letzten zwei Tage, die wir aufgrund eines Missverständnisses der Ponymänner auf den Jeep wartend am Tso Moriri verbrachten, gaben sich unser Guide und sein Helfer alle erdenkliche Mühe, uns kulinarisch zu verwöhnen, und sie tischten Unmengen von Speisen auf, die für mindestens zwanzig Leute gereicht hätten. Das Missverständnis der Ponymänner bestand darin, dass sie, kurz nachdem wir am Tso Moriri hätten eintreffen sollen, am Tso Kar eine neue Trekkinggruppe erwartete und sie zuwenig Zeit für den Rückmarsch eingeplant hatten. Aus diesem Grund verlängerten wir unsere Etappen, um drei Tage früher als ursprünglich geplant an unserem Ziel anzukommen und so den Ponymännern genügend Zeit für den Rückweg zu gewähren.

Am Abend des 7. Septembers trafen wir wieder in Leh ein und feierten den erfolgreichen Trek mit den Lausannern. Am übernächsten Tag mieteten wir zusammen drei Royal Enfield Motorräder (siehe Foto) und besuchten knatternd und ratternd ein paar weitere Gompas (Klöster) in der Umgebung von Leh. Christoph und ich spürten bereits nach einem Tag unsere Hintern, und wir dachten mehr als einmal an das deutsche Paar, das wir in Isfahan, im Iran, getroffen hatten und die mit ihrer Enfield von Indien kommend auf dem Rückweg nach Deutschland waren.

Während unsere Alpinistinnen Gaby und Franziska in drei Tagen den 6140m hohen Stok Kangri besteigen wollten, packten Christoph und ich nach über einem Monat in Ladakh den Landcruiser und machten uns auf den Weg nach Nepal. 

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