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Zu den Annapurnas
14. Oktober 2000

Auf dem Campingplatz in Pokhara liess es sich tatsächlich herrlich leben, und Christoph und ich hätten es noch lange dort ausgehalten. Doch wer Gaby kennt, wird sich nicht wundern, dass sie nach einer zweitägigen Ruhepause von ihrem Bustrip bereits wieder kribbelig wurde. Ein Trek zum Annapurna Base Camp, das wär doch jetzt das Richtige. Vom Campingplatz aus waren jeweils am frühen Morgen die schneebedeckten Spitzen des heiligen Machapuchre und des Ganga Purna zu erkennen, bevor sie gegen Mittag regelmässig wieder in den Wolken verschwanden. Dieser Anblick war schon sehr verlockend, und nach kurzem Abwägen – ausspannen auf dem Camping, gut essen und einkaufen in Pokhara versus ab in die Berge – holte auch ich wieder meine Trekkingschuhe hervor. Bei Christoph jedoch prallten sämtliche unsere Überzeugungskünste ab – wahrscheinlich freute er sich darauf, nach sechsmonatigem ständigem Zusammensein mit mir endlich mal wieder für ein paar Tage seine Ruhe zu haben.

Der Trek unterschied sich in einem wesentlichen Punkt von unseren bisherigen Treks in Nordpakistan und in Ladakh: Es handelte sich um einen sogenannten „Teahouse-Trek“, der gut ohne Führer und Träger bestritten werden kann. Alle paar hundert Meter lädt ein gemütliches Restaurant oder eine Lodge zum Verweilen ein. Erstaunlicherweise waren dennoch die meisten Trekker mit Träger und/oder Führer unterwegs und schauten uns zum Teil recht ungläubig an. Christoph brachte uns zum Ausgangspunkt des Treks, wo wir gleich zu spüren bekamen, dass wir nicht die ersten Touristen waren, die diese Route begingen. Kinder bestürmten uns hier und auch während des weiteren Treks und wollten „sweets“, „pens“ und – wenn alles nichts half einfach nur – „rupees“... Leider sahen wir auch immer wieder Touristen, die taten wie geheissen, und dieses Betteln so nur noch ermutigten. Aber allzu schlimm war es nicht und wir nahmen voller Tatendrang die ersten von – wie sich später herausstellen sollte – Tausenden von Steintreppenstufen in Angriff. Wir genossen es sehr, ohne Führer und Träger unterwegs und damit vollkommen unabhängig zu sein. Dafür nahmen wir auch gerne unser Gepäck in Kauf. Bei den letzten Treks hatten wir es häufig erlebt, dass wir noch gerne weitergelaufen wären, uns jedoch dem Führer anpassen und oft schon um die Mittagszeit das Camp aufzuschlagen mussten. Wahrscheinlich war das der Grund, weshalb wir den laut Reiseführern und Trekkingagenturen ca. 10-tägigen Trek in 6 Tagen bestritten und Christoph viel zu früh wieder auf dem Camping in Pokhara überraschten. Die Route führte zunächst durch leuchtend grüne Reisfelder und kleine Dörfer immer weiter in die Täler hinein. Meistens ging es auf der einen Seite eines Hügels hoch und auf der anderen wieder zum Fluss runter - dieses Spiel wiederholte sich unzählige Male. Diese zum Teil sehr steilen Auf- und Abstiege erfolgten oft auf den weiter oben erwähnten Treppenstufen, die vor allem beim Hochsteigen kein Ende zu nehmen schienen. Um uns irgendwie abzulenken, begannen wir die Stufen zu zählen und siehe da, plötzlich ging es viel leichter. Einmal zählten wir für einen Aufstieg nicht weniger als 1884 Stufen. Dazu kam, dass es immer noch sehr heiss und feucht war und wir eigentlich permanent nassgeschwitzt waren. Sobald wir die Reisfelder hinter uns gelassen hatten, tauchten wir in wunderschöne überwucherte und vermooste Bambus- und Rhododendronwälder (leider nicht in Blüte) ein. In Pokhara hatten wir uns noch mit reichlich Salz gegen die Blutegel ausgerüstet, doch die gefürchteten Sauger blieben fast gänzlich aus – fast schon eine Enttäuschung. Auf dem letzten Stück, kurz vor dem Base Camp, wurde es langsam richtig alpin, und obwohl wir die Gipfel der Annapurnas schon weiter unten immer wieder aus einem anderen Winkel gesehen hatten, erfassten sie uns hier oben in ihrer ganzen Wucht. Als wir zum Base Camp hochstiegen, war es wie an jedem Nachmittag bewölkt, und wir konnten uns gar nicht vorstellen, wo die ganzen Berge überhaupt sein sollten. Doch plötzlich rissen die Wolken an einer Stelle weit oben im Himmel auf und wir erkannten den Machapuchre auf einer Höhe, wo wir ihn niemals erwartet hätten. Ähnlich war es uns in Nordpakistan gegangen, als wir den Nanga Parbat zum ersten Mal sahen, und dieses Gefühl ist einfach unbeschreiblich! Gaby und ich verbrachten die Nacht im Base Camp auf 4200m, inmitten des Annapurna-Massivs, und erlebten einen herrlich klaren Sonnenaufgang in der Frühe. Nachdem wir all die Stufen, die wir auf dem Hinweg hinuntergelaufen, wieder hochgestiegen waren, kamen wir wie gesagt am sechsten Tag und damit viel früher als erwartet wieder in Pokhara an. Bei einem Long Drink in einer der vielen Bars an der Lakeside von Pokhara stiessen wir auf unseren trotz Hitze und Steintreppen wunderschönen Trek an. Aber es gab auch noch einen weiteren Grund zum Feiern: Christoph und ich waren genau ein halbes Jahr und Gaby auch schon zwei Monate unterwegs!

Christoph war alles andere als auf der faulen Haut gelegen, der Landcruiser hatte nach 25'000km den zweiten Ölwechsel erhalten und war endlich mal wieder geschmiert worden. Während unserer kurzen Abwesenheit waren auch etliche neue „Overlander“ auf dem Camping eingetroffen: vier deutsche und ein Schweizer Paar, davon allerdings die meisten mit Bus. Astrid und Peter mit ihrer riesigen und absolut unerziehbaren Huskyhündin Kali erzählten uns von ihrem einschlägigen (im doppelten Sinn) Erlebnis im Swat Valley in Pakistan, wo auch wir ein paar Tage verbracht hatten. Dummerweise waren sie genau am Unabhängigkeitstag Indiens am 15. August (Pakistan feiert am 14.) dort und gerieten auf einem Hotelparkplatz in ein Schussgefecht zwischen indienfreundlichen Pakis und lokalen Rebellen. Drei Stunden lang waren sie auf diesem Parkplatz zwischen anderen Autos eingeklemmt gewesen und konnten deshalb nicht wegfahren. Das Einschussloch im Dach ihres Mercedes-Busses und die dazugehörige Kugel liessen keine Zweifel mehr darüber, dass die Situation mehr als nur unangenehm war... Zur falschen Zeit am falschen Ort – und so schnell kann es ungemütlich werden.

Wir blieben noch zwei Tage in Pokhara, bevor wir unsere Sachen zusammenpackten und zu Dritt nach Katmandu fuhren. Nach dem ersten Schock – nach langem wieder einmal eine richtige Stadt! – und einigen Stadtbummeln durch die vielen Gässchen mit ihren unzähligen kleinen Shops gefällt es uns schon richtig gut hier. Und auch die vielen Strassenverkäufer im Thamel, dem Touristenviertel, die ihre Tigerbalsam-Dosen zu unverschämt hohen Preisen loswerden wollen, können uns nichts mehr anhaben. Die letzten beiden haben wir von je 150 Rupees (you must be joking!) auf 15 runtergehandelt und sind gespannt, ob sie sie auch für 10 Rupees (ca. 25 Rappen) noch hergeben...

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