Deutung
Bereits der Titel "Homo faber" rückt das Thema "Mensch und Technik"
ins Zentrum. Die Beziehung zwischen beiden Grössen wird als Problem beschrieben. In
Walter Faber präsentiert der Text einen Menschen, für den Natur und Technik im Gegensatz
stehen, wobei für ihn die Technik einen wesentlich höheren Stellenwert besitzt. Der
Mensch hingegen erscheint neben der Idealität der Maschine als mangelhaftes Produkt:
"Überhaupt der ganze Mensch! -Als Konstruktion möglich, aber das Material ist
verfehlt: Fleisch ist kein Material, sondern ein Fluch" (S.171). Zum Beispiel stellen
Hochleistungscomputer auch das Gehirn weit in den Schatten -Gefühle werden zum
Störfaktor. Daher ist Faber als typisches Beispiel nicht kunstinteressiert, da ein Bild
oder eine Figur bei Menschen bestimmte Gefühle auslöst. Weil Faber die Technik als
Idealbild sieht, bleibt ihm nur der Versuch, ihr möglichst ähnlich zu werden. Wenn Faber
dann im Verlauf der Handlung durch die Liebe an Menschlichkeit gewinnt, passt das eben
nicht zu seinem Weltbild und er weiss nicht, damit umzugehen. Er reduziert die Welt und
sich auf das Wahrnehmbare, Benennbare und Messbare, da nur so die Illusion
aufrechtzuerhalten ist, das Geschehen in der Welt und seine Handlungen darin seien
kontrollierbar. Wie die Gefühle wird auch das Schicksal von Faber abgelehnt, weil es
nicht beweisbar und durch naturwissenschaftliche Mittel zu beweisen ist. Während er also
Gott und die Kunst ignoriert, respektive ablehnt, und die Welt zur Not auf das Messbare
reduziert, kann Faber mit Menschen, vor allem mit Frauen, und seinen Gefühlen nicht
umgehen. Er liebt deshalb den Kontakt zu Menschen nicht. Auch den Tod, der ihn immer mehr
beschäftigt, akzeptiert er nicht, er nimmt ihn gar nicht erst wahr.
Fabers Bericht zeigt, wie im Verlauf der Ereignisse sein technisches Weltbild ins Wanken
gerät; all das, was er durch sein technisches Funktionieren "ausschalten"
wollte, holt ihn schlussendlich ein. Er spürt nun plötzlich intensive Gefühle in sich
und kann diese auch zum Ausdruck bringen. Wie er nun die Natur wahrnimmt, ruft dies tiefe
Begeisterung in ihm hervor. Gerade jedoch als er praktisch ein "neuer Faber"
ist, stirbt er. Daher bleibt offen, ob sich Faber aber wirklich geändert hat.
© by Christoph Banik
banik@datacomm.ch
Last Update: 30. Dezember 1999