6.1           Arm und Reich

 

Wie bereits erwähnt, wünschte sich jeder Ägypter nach seinem Tode mumifiziert zu werden um in die Ewigkeit eingehen zu können. Für die reicheren Bürger stellte das kein Problem dar, sie liessen sich schöne Gräber mit vielen Grabbeigaben errichteten und kauften sich eine Mumifizierung erster Klasse. Doch was ist mit der gewöhnlichen Bevölkerung, den Bauern und Handwerkern? Herodot zufolge gab es drei Mumifizierungsarten mit abgestuften Preisen (die teuerste wurde schon im Kapitel 4 vorgestellt):

„Wünscht man aber die mittlere (Mumifizierungsart) und scheut die Kosten, richten sie sie so her: Sie füllen Klistierspritzen mit Saft, den man von Zedern gewinnt, und drücken ihn ins Innere der Leiche, ohne sie aufzuschneiden und das Eingeweide herauszunehmen, sondern führen sie im Gesäss ein, verschliessen der Flüssigkeit den Ausweg, und dann legen sie die Toten die bestimmten Tage (in Natron) ein, am letzten Tag aber lassen sie den Zedernsaft, den sie hineingedrückt hatten, wieder heraus. Der hat solche Kraft, dass er die Gedärme und Eingeweide völlig zersetzt mit herausbringt. Das Fleisch aber wird vom Natron vertilgt, und übrig bleiben von der Leiche nur Haut und Knochen. Sind sie damit fertig, geben sie so die Leiche zurück, ohne noch mehr mit ihr anzustellen. Die dritte Art Einbalsamieren, mit der man die Ärmeren zurichtet, ist folgende: Sie spülen den Bauch mit einem scharfen Purgiersaft, legen sie siebzig Tage ein und liefern sie so zum Abholen aus.“

Mumien, bei denen die mittlere Mumifizierungsart zumindest in ähnlicher Form angewendet wurde, wurden tatsächlich gefunden, wenn auch nur sehr wenige. Bei diesen wurden keine Verletzung der Bauchdecke festgestellt, hingegen teilweise Schädigung im Analbereich.  Nach dem Tode wurde also, wie Herodot beschrieben hatte, auf diesem Wege auflösende Substanzen eingespritzt. Die billigste Mumifizierungsart hingegen muss wohl weit verbreitet gewesen sein. Je nach Preisklasse wurden  Amulette aus verschiedenen Materialien benutzt, oder einfach nur auf die Leinenstreifen gemalt; die Leinenumwicklung beschränkte sich wenn überhaupt dann nur auf wenige Lagen. Natürlich wurden nicht alle Menschen mumifiziert, einige wurden im Sand mit kleineren Beigaben verscharrt, bei anderen wurden bestimmte Schritte in der Mumifizierung ausgelassen, wie die Gehirnentfernung, das Ausweiden oder das Salben. Die einfache Bevölkerung hatte also weder schöne Gräber als Wohnungen fürs Jenseits, noch Grabbeigaben wie Spiele, Möbel oder Nahrungsmittel.

Somit bleibt der Eindruck, nur die Reichen erlangten nach dem Tode wieder ein „reiches Leben“, nicht aus. Als Trost mögen überlieferte Texte gelten, die deutlich machen, dass das jenseitige Leben nicht von der Ausstattung des Grabes abhängt, sondern von dem gerechten Denken und Handeln des Menschen während seines irdischen Lebens.

[10, S. 479]

 

6.2           Tiermumien

Kunstvoll eingewickelte Krokodilmumie aus Kom Ombo

Die Kunst der Balsamierung wandten die Ägypter nicht nur bei Menschen an, sondern auch bei Tieren. Dabei gibt es jedoch verschiedene Gründe der Bestattung: Verstarb das Lieblingstier eines Menschen, etwa ein Hund, eine Katze, ein Affe oder eine Gazelle, konnte dieses mumifiziert werden. Es erhielt manchmal sogar einen speziellen Sarg und in einigen Fällen eine eigene Totenstele.

In einzelnen Tieren sahen die Ägypter aber auch die Verkörperung einer Gottheit. Man hielt diese in Tempeln, versorgte sie mit besonderer Nahrung und behängte sie manchmal mit Schmuck; und wenn diese Tiere starben, erhielten sie ein aufwändiges Begräbnis.

Von besonderer Bedeutung waren z.B. die heiligen Apis-Stiere; deren Begräbnisstätten (das Serapaeum in Saqqara) aus ausgedehnten unterirdischen Galerien bestanden, in denen riesige Steinsarkophage einst die balsamierten Tierkörper enthielten. Das Einbalsamierungsritual war ähnlich wie beim Menschen.

Wie die Mumien der Könige waren auch die Mumien der Apisstiere überhäuft mit kostbaren Amuletten und Schmuckstücken. Dies war sicher der Grund dafür, dass Grabräuber diese Mumien zerstörten, so dass keine erhalten blieb.  Die Liste der Tierarten, in denen sich Gottheiten manifestieren konnten, ist lang: Allein in Saqqara wurden vier Millionen einbalsamierte Ibisse gefunden. Es wurden Krokodilmumien verschiedener Grösse entdeckt, sogar einbalsamierte Krokodileier. Katzen gehörten auch zu den damals verehrten Tieren, wie auch Falken, Hunde, Skarabäen, Spitzmäuse und Schlangen.

[5, S. 469]

Katzenmumien, griechisch-römische Zeit  

Falkenmumie, gr.-röm. Zeit  

Hundemumie, griechisch-römische Zeit  

Falkenmumien Krokodilmumien aus Kom Ombo Ibismumien Mumienmasken von einbalsamierten Katzen Sarkophag einer Ibismumie Katzenmumie Sarkophag einer Affenmumie Krokodilmumien aus Kom Ombo

                 

Mumifizierung auf wissenschaftlicher Ebene

            

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