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Religionen in Geschichte und Gegenwart
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Der Islam als Religion(Sunniten, Schiiten)

ab 900 n. Chr.

Gegenwärtig wird die immer zunehmende Zahl der Anhänger des Islam auf insgesamt etwa 1 Milliarde Menschen geschätzt. Zu den Ländern der islamischen Weltgemeinschaft gehören die arabischen Staaten in Nordafrika und im Nahen Osten, die Türkei und Teile der früheren UdSSR in Zentralasien (Turkvölker), der Iran, Afghanistan, Pakistan, Indien und Bangladesh, Malaysia, Indonesien, Philippinen und Teile Chinas. In Europa ist der Islam die zweitgrösste Religion nach dem Christentum.

Der Tod des Propheten Mohammed stürzte die Muslime in eine Krise. Er starb ohne einen Sohn und ohne jemand zu seinem Nachfolger bestimmt zu haben. Philip Hitti schreibt: "Das Kalifat (Amt des Kalifen) ist somit das älteste Problem des Islams. Es ist heute noch eine Streitfrage. Der muslimische Historiker al-Shahrast ani [1086-1153] schrieb: "Nie wurde wegen einer islamischen Streitfrage mehr Blut vergossen als wegen des Kalifats (imamah)." Abu Bakr wurde durch eine Art Wahl, an der sich die in der Hauptstadt al-Mad inah anwesenden Führer beteiligten, zum Nachfolger Mohammeds bestimmt (8. Juni 632)" (History of the Arabs).

Der Nachfolger des Propheten sollte ein Herrscher, ein khalifah oder Kalif, sein. Die Frage jedoch, wer der wahre Nachfolger Mohammeds sei, bewirkte Spaltungen im Islam. Die Sunniten halten an dem Wahlprinzip fest und lehnen das erbliche Recht ab. Daher glauben sie, daß die ersten drei Kalifen, Abu Bakr (Muhammads Schwiegervater), Omar (Ratgeber des Propheten) und Othman (Schwiegersohn des Propheten), die legitimen Nachfolger Muhammads waren.

Dem widersprechen die Schiiten, die sagen, allein die Familie des Propheten habe Anspruch auf die Führung, und zwar durch seinen Vetter und Schwiegersohn, Ali Ibn Abi Talib, den ersten Imam (Führer und Nachfolger), der Muhammads Lieblingstochter Fatima geheiratet hatte. Aus dieser Ehe gingen Muhammads Enkel Hasan und Husain hervor. Die Schiiten behaupten zudem, daß "Allah und Sein Prophet von Anfang an eindeutig Ali zum einzig legitimen Nachfolger bestimmt haben, daß aber die ersten drei Kalifen ihn um das Amt, das er richtigerweise hätte ausüben sollen, betrogen hätten" (History of the Arabs).

Dies bewirkte, dass sich der Islam spaltete und Muhammads Lehre, die Menschheit an den einzigen Gott, an die "Ewige Religion" zu erinnern in Vergessenheit geriet. Die Zeit zwischen 900-1200 n. Chr. brachte die heutigen islamischen Merkmale.

Die Sunniten sind neben den Schiiten die grösste Gruppe im Islam. Der Begriff Sunna, den die Sunniten auf ihre Gruppe beziehen („Menschen der Sunna“), bedeutet vermutlich „Mitte des Weges“. Er bezieht sich demnach nicht, wie allgemein angenommen, auf Sunna, das „Vorbild“ des Propheten Mohammed, da alle islamischen Gruppen und Sekten die Sunna, neben dem Koran, als verbindliche Lehre anerkennen.

Die Lehren der Sunniten bildeten sich gegen Ende des 9. Jahrhunderts heraus, während ihre Theologie als einheitliches System im 10. Jahrhundert entwickelt wurde. Damit reagierten die Sunniten auf frühe Abspaltungsbestrebungen anderer islamischer Gruppen, wie z. B. der Charidschiten, Mutasiliten und der Schiiten. Die Betonung der Bestimmung des menschlichen Schicksals durch den Willen Gottes entstand in der Auseinandersetzung mit der Überzeugung der Mutasiliten von der absoluten Freiheit des menschlichen Willens. Innerhalb der sunnitischen Theologie haben sich vier Gesetzesschulen entwickelt: die Schafiiten, die Hanefiten, die Malikiten und die Hanbaliten.

Die beiden grundlegenden Quellen der islamischen Glaubenslehre und Religionsausübung sind der Koran und die Sunna.

Die Muslime verstehen den Koran als das Wort Gottes, wie es Mohammed durch den Erzengel Gabriel übermittelt wurde. Sie glauben, dass Gott selbst, und nicht Mohammed, der Autor des Korans ist, welcher deshalb unfehlbar sei. Diese Schrift stellt die Sammlung der Worte dar, die Mohammed während der rund 22 Jahre seines Wirkens als Prophet zwischen 610 und 632 geoffenbart wurden. Sie besteht aus 114 Suren (Kapitel) von unterschiedlicher Länge, dessen kürzeste nur drei kurze Verse umfasst, die längste 306 Verse. Islamische wie nichtislamische Gelehrte stimmen darin überein, dass der Text des Korans im Lauf seiner Geschichte im wesentlichen unverändert überliefert wurde.

Die zweite Hauptquelle des Islam, die Sunna (arabisch: Gewohnheit), auch als der vorbildliche Weg des Propheten bezeichnet, ist im Hadith (arabisch: Überlieferung), einer Textsammlung aus dem 9. Jahrhundert enthalten. Diese umfasst die Aufzeichnungen über Denken, Handeln und Leben des Propheten.

Der Hadith wird im Unterschied zum Koran nicht für unfehlbar gehalten und ist diesem gegenüber von nachrangiger Bedeutung, wird aber von den meisten Muslimen als grundlegend für Glaube und Handeln angesehen.

Der Islam ist streng monotheistisch. Er vertritt ebenso wie Judentum und Christentum den Glauben an den einen allmächtigen Gott. Die Welt stellt ein wohlgeordnetes, harmonisches Ganzes dar, in dem alles seinen Platz und seine Ordnung hat.

Gegenüber der Welt und speziell gegenüber der Menschheit nimmt Gott vier fundamentale Aufgaben wahr: Schaffen, Versorgen, Führen und Richten. Die Aufgabe der Menschheit ist der „Dienst an Gott“ sowie der Aufbau einer Gesellschaftsordnung, in der ethische Prinzipien verwirklicht sind.

Dem Koran zufolge ist die „Verbesserung der Welt“ das Ideal aller menschlichen Anstrengungen. Dieser betont, dass die Menschen ihre Kleinlichkeit überwinden und grosszügig sein sollen. Dadurch werden sie die Tugend entwickeln, die als Taqwa bezeichnet wird. Mit Hilfe dieser Eigenschaft können die Menschen das Gute vom Bösen unterscheiden und vor allem ihre eigenen Handlungen richtig bewerten und die Selbsttäuschung vermeiden. Der wahre Wert der Taten einer Person kann nur durch Taqwa beurteilt werden; das Ziel des einzelnen sollte der höchste Nutzen für die Menschheit sein, nicht die unmittelbaren Freuden oder Wünsche des Selbst.

Nach islamischer Auffassung schickte Gott aufgrund der moralischen Schwäche der Menschen Propheten, um den Völkern sowie den einzelnen das moralisch und sprituell richtige Verhalten zu lehren. Mit diesem Akt göttlicher Führung sei – neben Schöpfung und Versorgung – Gottes Gnade vollendet. Obwohl Gut und Böse ins Herz des Menschen eingeschrieben seien, hätten die Unfähigkeit oder die Weigerung vieler Menschen, diese Inschrift zu lesen, die Führung durch Propheten erforderlich gemacht. Nach dem Islam war Adam der erste Prophet (dem Gott, nachdem er ihn aus dem Garten Eden vertrieb, seinen Sündenfall vergab – deshalb akzeptiert der Islam die Lehre von der Erbsünde nicht). Die Botschaften aller Propheten stammen danach aus derselben göttlichen Quelle, die im Koran als „wohlverwahrte Tafel“, „das verborgene Buch“ und „die Mutter aller göttlichen Bücher“ bezeichnet wird. Nach dieser Auffassung sind im Grunde alle Religionen ein und dieselbe, auch wenn sich ihre institutionalisierten Formen unterscheiden. Die Propheten sind eine untrennbare Einheit. Sie sind menschlicher Natur, haben nicht an der Göttlichkeit teil, sondern sind die vollkommensten Vorbilder für die Menschheit. Da einige Propheten den anderen überlegen sind, speziell bezüglich ihrer Standhaftigkeit gegenüber Versuchungen, bezeichnet der Koran Mohammed als „Siegel aller Propheten“. Deshalb glauben die Anhänger des Islam, dass das Prophetentum mit Mohammed vollendet und beendet und dass der Koran die letztgültige und vollkommene Offenbarung Gottes ist, die alle früheren Offenbarungen vollendet und aufhebt.

Die göttlichen Handlungen Schöpfen, Versorgen und Führen enden mit dem abschliessenden Akt des Richtens. Am Tag des Jüngsten Gerichts werden alle Menschen zusammengerufen und jeder einzelne nach seinen Taten gerichtet, wobei die „Geretteten“ ins Paradies eingehen, während die „Verdammten“ in die Hölle absteigen. Dabei wird Gott als gnädiger Richter gesehen, der denjenigen vergibt, die Vergebung verdienen. Daneben kennt der Koran eine weitere Form des göttlichen Gerichts, das im Verlauf der Geschichte über Nationen, Völker und Gemeinschaften gehalten wird.

Die als „fünf Säulen des Islam“ bekannten Pflichten werden im Islam als grundlegend und zentral im Leben der islamischen Gemeinschaft betrachtet.

Entsprechend der uneingeschränkt monotheistischen Auffassung des Islam ist die erste Pflicht das Glaubensbekenntnis (shahada): „Ich bezeuge, dass es keinen weiteren Gott gibt ausser Gott, und Mohammed akzeptiere ich als seinen Propheten.“ Jeder darf sich als Muslim oder Muslimin betrachten, der bzw. die das Glaubenszeugnis bewusst und aufrichtig ausspricht.

Die zweite Pflicht besteht in fünf täglichen Gebeten. Das erste Gebet wird vor Sonnenaufgang, das zweite am sehr frühen Nachmittag, das dritte am späten Nachmittag, das vierte unmittelbar nach Sonnenuntergang und das fünfte vor der Nachtruhe bzw. vor Mitternacht verrichtet. Zum Gebet richten sich die Muslime in Richtung der Kaaba in Mekka aus. Eine einzelne Gebetseinheit besteht aus einer stehenden Stellung, einer Verbeugung und zwei Prostrationen (Niederstrecken und Berühren des Bodens mit der Stirn) und schliesslich einer sitzenden Position. Dabei werden vorgeschriebene Gebete und Koranstellen rezitiert.

Alle fünf Gebete im Islam sind gemeinschaftlich und in einer Moschee zu verrichten, können jedoch auch einzeln verrichtet werden, wenn jemand aus bestimmten Gründen nicht in der Gemeinde anwesend sein kann. Individuelle Andachtsgebete sind nicht vorgeschrieben, jedoch wird den Muslimen nahegelegt, sie nach Mitternacht zu verrichten. Diese heissen Tahajjud (Nachtgebet). Im Nahen Osten und in Indonesien nehmen Frauen an den Gemeinschaftsgebeten teil, wobei sie in einem eigenen Raum oder Saal beten. Auf dem indischen Subkontinent beten die muslimischen Frauen ausschliesslich im Haus. Vor dem Gebet nimmt der Muslim rituelle Waschungen vor.

Vor jedem Gemeinschaftsgebet ruft der Muezzin (von azan: „Ruf zum Gebet“) das Gebet von einem Minarett der Moschee öffentlich aus. Neuerdings wird der Ruf über Lautsprecher verstärkt, so dass man ihn auch in grösserer Entfernung noch hören kann.

Am Freitagnachmittag findet ein spezielles Gemeinschaftsgebet in der Moschee statt. Vorher predigt der Imam, auch Khatib genannt, von der Kanzel. An den beiden religiösen Festtagen mit dem Namen Id (der Tag unmittelbar nach dem Ende des Fastenmonats Ramadan und der Tag nach der Pilgerreise nach Mekka) werden am Morgen spezielle Gebete verrichtet, denen eine Ansprache folgt. Diese Gebete finden nicht in der Moschee, sondern auf einem Platz ausserhalb statt.

Die dritte Hauptpflicht eines Muslims ist Zakat. Dies war ursprünglich die Steuer, die Mohammed (und später die muslimischen Staaten) von den reichen Mitgliedern der Gemeinschaft erhoben hatte, um den Armen zu helfen. Darüber hinaus soll die Zakat für die Mission sowie für den Djihad verwendet werden. Nur wenn diese Abgabe bezahlt ist, gilt der übrige Besitz eines Muslims als rein und legitim.

Die vierte Pflicht besteht im Fasten während des Ramadan im neunten Monat des islamischen (Mond-Kalenders). Während des Fastenmonats enthält sich der erwachsene und gesunde Muslim von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang der Nahrung, Getränke, Genussmittel wie z. B. Rauchen sowie des Geschlechtsverkehrs. Wer es sich leisten kann, muss darüber hinaus auch noch mindestens eine arme Person ernähren.

Die fünfte Pflicht ist die Wallfahrt zur Kaaba in Mekka. Alle erwachsenen Muslime, die körperlich und wirtschaftlich dazu in der Lage sind, müssen diese Wallfahrt mindestens einmal im Leben machen. Die Wallfahrt (hadjdj) findet während der ersten zehn Tage des letzten Monats im Mondjahr statt und beginnt damit, dass sich die Pilger durch Waschungen und Anlegen eines Bussgewandes in einen Zustand der Reinheit versetzen. Der Hadjdj besteht im siebenmaligen Umschreiten der Kaaba sowie sieben Pilgergängen zwischen den Hügeln Safa und Marwa in der Nähe des Heiligtums, einem Gang von drei Meilen (etwa 4,5 Kilometer) bis Mina und sieben weiteren Meilen (etwa 11 Kilometer) auf den Berg Arafat, einer symbolischen Steinigung des Teufels und der Schlachtung eines Tieres zur Erinnerung an Abrahams Opfer.

1977 wurden in Mekka fast zwei Millionen Pilger gezählt. Jahrhundertelang spielte die Kaaba als Treffpunkt islamischer Gelehrter eine wichtige Rolle für den Austausch und die Verbreitung ihrer Ideen. Im Lauf der letzten zwanzig Jahre diente die Wallfahrt auch der Förderung der politischen Solidarität in der islamischen Welt.

Neben diesen fünf Hauptstützen des Islam gibt es weitere wichtige Vorschriften, beispielsweise das Verbot von Glücksspielen, Alkohol zu trinken oder Schweinefleisch zu essen. Neben der Kaaba, dem zentralen Heiligtum des Islam, sind die Moscheen, in der die täglichen Gebete sowie das Freitagsgebet stattfinden, die wichtigsten Zentren des islamischen Lebens.

Das islamische Gesellschaftsverständnis ist theokratisch: das Ziel aller Muslime ist „Gottes Herrschaft auf Erden“. Damit ist jedoch keine Herrschaft der Priester gemeint, wenn auch in einigen islamischen Staaten die religiösen Autoritäten einen bedeutenden politischen Einfluss ausüben. Der islamischen Sozialphilosophie liegt die Auffassung zugrunde, dass alle Lebenssphären – die spirituelle, die soziale, die politische und die wirtschaftliche – eine untrennbare Einheit bilden und von den islamischen Werten geprägt sein sollten. Auf diesem Ideal basieren die Gedanken des „islamischen Rechtes“ und des „islamischen Staates“ und die starke Betonung des sozialen Lebens und sozialer Pflichten im Islam. Selbst die geschilderten fünf religiösen Hauptpflichten, die „Säulen des Islam“, haben eindeutige soziale Implikationen.

Die Grundlage der islamischen Gesellschaft ist die Gemeinschaft, die durch die Ausübung der fünf Pfeiler des Islam miteinander verbunden ist. Ihre Aufgabe besteht darin, „das Gute zu befördern und das Böse zu verhindern“ und so die Welt zu verbessern.

Das System der islamischen Universitäten trug zu den grossen kulturellen Entwicklungen des Islam bei. Die Universitäten wurden als religiöse Ausbildungsstätten gegründet, an der die Ulama (Religionsgelehrte), Qadis (Richter), Muftis (staatlich anerkannte Rechtsgelehrte) und weitere hohe religiöse Amtsträger ausgebildet wurden. Diese Amtsträger bildeten – besonders in der Türkei und Indien  - eine wichtige politische Klasse, die grossen Einfluss auf die Politik des Staates nehmen konnte. In vielen muslimischen Ländern des 20. Jahrhunderts haben die Ulama jedoch einen Grossteil ihres früheren Einflusses verloren, besondern unter den westlich erzogenen Muslimen, die einer rein islamistischen Regierungsform kritisch gegenüberstehen; in der Türkei haben die Ulama ihre juristische Macht völlig eingebüsst.

Im 9. Jahrhundert gründete der Kalif Al-Mamun in Bagdad eine Akademie zur Erforschung nichtreligiöser Fächer und zur Übersetzung griechischer philosophischer und wissenschaftlicher Texte. Im 10. Jahrhundert gründeten die Fatimiden-Kalifen auch in Kairo eine Akademie, El-Azhar, die heute noch das wichtigste islamische Ausbildungszentrum darstellt. Herrscher und reiche Gönner unterstützten in der Regel einzelne Gelehrte finanziell. Die islamischen Gelehrten des Mittelalters waren bedeutende Philosophen, Mediziner, Astronomen, Mathematiker und Naturwissenschaftler; zwischen dem 9. und dem 13. Jahrhundert war die islamische Kultur weltweit die am weitesten entwickelte.

Weitere berühmte islamische Universitäten sind unter anderem die 1067 von dem iranischen Staatsmann Nizam Al-Mulk in Bagdad gegründete Nizamiya, an der Religion, Theologie und islamische Tradition gelehrt wurden und an der auch der berühmte Philosoph Al-Ghazali lehrte, sowie die 1234 in Bagdad gegründete Mustansiriya, die islamisches Recht und andere Fächer lehrte.

In der islamischen Gesellschaft hat der Ausdruck "Recht“ einen weiteren Bedeutungsumfang als in den westlichen Gesellschaften, da das islamische Recht sowohl rechtliche als auch moralische Imperative umfasst. Aus demselben Grund kann nicht das gesamte islamische Recht in Form von Gesetzen gefasst werden.

Das islamische Recht besteht aus vier Quellen, den sogenannten „Wurzeln des Rechtes“. Die ersten beiden Quellen sind die schriftlich niedergelegten in Form des Koran und der Sunna. Die dritte Quelle wird als „Idjtihad“ („individuell verantwortete Meinung“) bezeichnet und wird herangezogen, wenn ein Thema im Koran und in der Sunna nicht abgehandelt wird. Ein Jurist kann das Problem dann durch Analogieschluss (qiyas) lösen. Diese Art des Schliessens wurde eingeführt, als islamische Theologen und Juristen sich in eroberten Ländern der Notwendigkeit gegenübersahen, die dortigen Gebräuche und Gesetze mit dem Koran und der Sunna in Übereinstimmung zu bringen. Später begannen islamische Autoritäten, dies eigenständige Denken als Bedrohung für den Koran und die Sunna anzusehen, und stellten strikte Regeln zur Beschränkung seines Gebrauchs auf. Wegen der tiefgreifenden Veränderungen der muslimischen Weltgemeinschaft in den letzten Jahrzehnten hat das innovative Denken des Idjtihad jedoch wieder mehr Bedeutung gewonnen. Die vierte Quelle ist der Konsens der Gemeinschaft (idjma). Da der Islam keine offizielle Autorität kennt, die in Fragen der Glaubenslehre entscheidet, ist dies ein informeller Prozess, der oft lange Zeiträume in Anspruch nimmt.

Im Islam haben sich fünf Rechtsschulen entwickelt, vier sunnitische und eine schiitische. Die vier sunnitischen Schulen – Shafiiten, Hanafiten, Malikiten und Hanbaliten – entwickelten sich in den ersten beiden Jahrhunderten der Geschichte des Islam. Sie behandeln die Rechtsgebiete, die der Koran oder die Sunna nicht abdecken, mit Hilfe systematischen Schliessens und unterscheiden sich in erster Linie dadurch, ob sie mehr die Autorität der Texte oder mehr den Analogieschluss in den Mittelpunkt stellen; alle Schulen erkennen jedoch die Schlussfolgerungen der anderen Schulen als vollständig legitim und den Rahmen des orthodoxen Islam nicht überschreitend an. Im Prinzip dominiert jede Schule in bestimmten geographischen Bereichen: die Hanafiten auf dem indischen Subkontinent, in Zentralasien, der Türkei und teilweise in Ägypten, Jordanien, Syrien, im Irak und in Palästina, die Malikiten in Nordafrika, die Shafiiten in Südostasien und die Hanbaliten in Saudi-Arabien. Die schiitische Schule (Djafariten) ist im Iran vorherrrschend.

Der Ausdruck „Djihad“, der in der Regel mit „Heiliger Krieg“ übersetzt wird, bezeichnet den Kampf für das islamische Ziel der „Verbesserung der Welt“; wenn notwendig, können dafür als Defensive auch Streitkräfte eingesetzt werden. Einige muslimische Herrscher des Mittelalters setzten dabei den Djihad dafür ein, um Kriege zu rechtfertigen, die aus rein politischen Ambitionen geführt wurden.

Der klassischen islamischen Rechtsauffassung zufolge zerfällt die Welt in drei Gebiete: das „Gebiet des Islam“, in dem die Muslime die Vormacht besitzen, das „Gebiet des Vertrages“, die Mächte, mit denen Muslime Friedensverträge geschlossen haben, und das „Gebiet des Krieges“, also die übrige Welt. Im Laufe der Geschichte wurde das offensive Verständnis vom Djihad von einem eher defensiven ersetzt.

Die islamische Gemeinschaft der Anfangszeit brachte eine Stärkung der Familie sowie die gleichzeitige Schwächung alter Stammesbindungen mit sich, wobei letztere jedoch nicht völlig verschwanden. Der Koran betont den Respekt vor den Eltern. Die Ehe gilt im Koran und in der Sunna als eine empfohlene, selbstverständliche Einrichtung, in der die Ehepartner in Liebe und Verständnis einander zugetan sein sollen. Im islamischen Recht, z. B. im Scheidungsrecht, nimmt der Mann eine Vormachtstellung ein, wobei der Ehebruch der Frau mit hohen Strafen belegt wird.

Der Koran schreibt Massnahmen zur Verbesserung der Stellung der Frau vor, wobei die im vorislamischen Arabien verbreitete Kindestötung von Mädchen verboten wurde; Töchter haben Anspruch auf einen Erbteil, wenn auch nur auf die Hälfte dessen, was Söhne beanspruchen können. Der Koran legt wiederholt Nachdruck auf eine gute Behandlung der Frau und gesteht Ehefrauen im Fall einer schlechten Behandlung das Recht auf Scheidung zu. Der Koran erlaubt die Polygamie mit bis zu vier Frauen, ermahnt aber auch: „Wenn Du fürchtest, nicht allen Frauen gleichermassen gerecht zu werden, dann heirate nur eine Frau.“ Der Missbrauch der Polygamie und des Rechtes, eine Frau auch dann zu verstossen, wenn sie sich nichts hat zuschulden kommen lassen, hat dazu geführt, dass in den meisten muslimischen Ländern in neuerer Zeit ein neues Eherecht eingeführt wurde.

Zentral für Mohammeds Lehre war die Güte, Allmacht und Einheit Gottes sowie die Forderung von Grosszügigkeit und Gerechtigkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen. Wichtige Elemente des Judentums und des Christentums wurden in die neue Religion aufgenommen, die ihre Wurzeln jedoch in den vorislamischen arabischen Traditionen hatte. Zentrale Institutionen wie die Wallfahrt und das Heiligtum der Kaaba wurden in veränderter Form aus dem vorislamischen arabischen Glauben übernommen.

Während der ersten Jahrhunderte des Islam (7. bis 10. Jahrhundert) wurden seine Rechtsauffassung und seine Theologie, also die beiden grundlegenden orthodoxen Disziplinen, entwickelt, wobei die Theologie nach dem Recht den zweithöchsten Stellenwert besass. Der erste grosse theologische Disput wurde durch die Ermordung des dritten Kalifen, Uthman ibn Affan, und die darauf folgenden politischen Auseinandersetzungen ausgelöst. Dabei ging es um die Frage, ob ein Muslim auch nach einer schweren Sünde noch der muslimischen Gemeinschaft angehöre. Die fanatische Gruppe der Kharidjiten vertrat die Auffassung, dass selbst gläubige Muslime, die schwere Sünden begangen hätten, aber diese nicht angemessen bereuten, aus der islamischen Gemeinschaft ausgeschlossen werden sollten. Die Kharidjiten gingen so weit, alle politischen muslimischen Autoritäten als gottlos zu betrachten. Nach zahlreichen Rebellionen wurden sie jedoch entscheidend geschlagen. Eine gemässigtere Gruppierung der Kharidjiten, die Ibaditen, konnte sich jedoch halten und existiert heute noch in Nord- und Ostafrika, Syrien und Oman.

Die Übersetzung der griechischen philosophischen Werke ins Arabische im Verlauf des 8. und 9. Jahrhunderts führte zur Entstehung der ersten grossen theologischen Schule des Islam, der Mutaziliten. Ihr Hauptanliegen bestand darin, die absolute Einheit und Gerechtigkeit Gottes zu betonen. Daher verstanden sie Gott als reines Sein ohne Eigenschaften, da Eigenschaften bereits Vielfältigkeit implizierten. Die göttliche Gerechtigkeit habe den freien Willen der Menschen zur Voraussetzung, denn wenn der einzelne sich nicht frei zwischen Gut und Böse entscheiden könne, hätten Belohnung und Bestrafung keine Bedeutung. Da Gott vollkommen gerecht sei, könne er dem Guten seinen Lohn ebensowenig vorenthalten wie dem Bösen die Strafe. Unter dem Kalifen al-Mamun war die Theologie der Mutaziliten Staatstheologie, im 10. Jahrhundert jedoch setzte eine von dem Philosophen Al-Ashari und seinen Anhängern (Ashariten) angeführte Gegenbewegung ein, die die menschliche Willensfreiheit bestritt, da sie diese Vorstellung als nicht mit Gottes absoluter Macht und seinem unbegrenzten Willen vereinbar ansah. Bestritten wurde auch, dass die naturgegebene Vernunft des Menschen zur Erkenntnis von Gut und Böse führen könne. Dieser Meinung nach werden moralische Wahrheiten von Gott gesetzt und können nur durch Offenbarung erkannt werden. Die Ansichten der Ashariten gelangten im sunnitischen (orthodoxen) Islam allmählich zur Vorherrschaft und sind heute noch bei den meisten konservativen Muslimen verbreitet. Davon unabhängig tendieren die Sunniten eher dazu, kleinere Meinungsverschiedenheiten zu tolerieren und betonen ansonsten den Konsens der islamischen Gemeinschaft in Fragen der Glaubenslehre.

Die mystische Bewegung des Sufismus entstand im 8. Jahrhundert. Damals wandten sich kleine Kreise frommer Muslime in Reaktion auf die wachsende Weltlichkeit der islamischen Gemeinschaft dem inneren geistlichen Leben zu. Im Verlauf des 9. Jahrhunderts wurde der Sufismus zu einer mystischen Glaubenslehre, deren Ideal die Vereinigung mit Gott war. Das Ziel der mystischen Vereinigung verstiess gegen den im Islam vertretenen Monotheismus; so wurde 922 in Bagdad Al-Halladj unter der Anklage hingerichtet, er habe behauptet, eine mystische Erfahrung von Gott gehabt zu haben. In der Folge versuchten berühmte Sufis, eine Synthese zwischen gemässigtem Sufismus und der Orthodoxie zu schaffen; im 11. Jahrhundert gelang es dem Philosophen und Mystiker Al-Ghazali die Mystik mit der sunnitischen Orthodoxie zu versöhnen.

Im 12. Jahrhundert wandelte sich der Sufismus von der Beschäftigung einer gebildeten Elite zu einer Volksbewegung. Der Wert, den die Sufis dem intuitiven Wissen und der Liebe Gottes beimassen, trug mit zum Missionserfolg des Islam in Afrika und Ostasien bei. Vom Atlantik bis nach Indonesien entstanden Sufi-Bruderschaften; einige umfassten die ganze islamische Welt, andere waren regional oder lokal begrenzt. Ihren erstaunlichen Erfolg verdanken diese Bruderschaften hauptsächlich den Fähigkeiten und der Menschlichkeit ihrer Gründer und Führer, die nicht nur für die spirituellen Bedürfnisse ihrer Anhänger sorgten, sondern auch den Armen aller Glaubensrichtungen halfen und häufig als Vermittler zwischen dem Volk und seiner Regierung fungierten.

Die Schiiten sind die einzige noch existente sektiererische Bewegung des Islam. Sie entstanden im Verlauf der Auseinandersetzung über die politische Nachfolge Mohammeds, in der die Schiiten die Auffassung vertraten, dass die Herrschaft über die islamische Gemeinschaft ein göttliches Recht der Nachkommen des Propheten über seine Tochter Fatima und deren Mann Ali ist. Die Schiiten glauben an eine Abfolge von zwölf unfehlbaren Führern, die mit dem Imam Ali einsetzt. Sie werden deshalb auch als „Zwölfer-Schia“ bezeichnet. Der zwölfte und letzte Imam verschwand 880; die Schiiten erwarten seine Rückkehr und glauben, dass mit ihr die Welt gerecht werden wird.

Aus der Schia haben sich mehrere kleine Glaubensgemeinschaften entwickelt, darunter als wichtigste die der Ismailiten. Deren theologische Ideen sind radikaler als die der Schiiten; sie sind weitgehend von der Gnosis und vom Neuplatonismus beeinflusst. Die Ismaeliten leben vorwiegend in Indien und Pakistan, während andere aus Ostafrika nach Kanada emigrierten. Die Drusen entstanden aus den Ismaeliten und bildeten sich nach dem mysteriösen Verschwinden des ismaelitischen Fatimiden-Kalifen Al-Hakim, von dem viele Drusen glauben, dass er eine Inkarnation Gottes gewesen sei.

1841 behauptete der junge Schiit Mirza ali Muhammad aus Sh?r?z im Iran, der Bab (Tür, Tor; im übertragenen Sinn: Zugang zu Gott) zu sein und übernahm eine messianische Rolle. Seine Anhänger, die Babiten, wurden von der schiitischen Geistlichkeit mit Macht verfolgt, er selbst wurde 1850 exekutiert. Unter der Führung seines Schülers Mirza Husain Ali Nuri, genannt Baha Allah, entwickelten die Bahais (wie die Gruppe nun genannt wurde) eine synkretistische pazifistische Lehre, erklärten den Bahaismus als vom Islam unabhängige Religion, die u. a. auch in den USA viele Anhänger fand.

Nach dem Mittelalter stagnierte die islamische Kultur, so dass Idjtihad (das eigenständige Denken) wieder mehr in den Vordergrund rückte und religiöse Reformbewegungen entstanden. Im Gegensatz zu den hauptsächlich auf die Glaubenslehre und Philosophie ausgerichteten Bewegungen des Mittelalters waren die Anliegen der neuzeitlichen Bewegungen überwiegend soziale und moralische Reformen. Die erste derartige Bewegung waren im 18. Jahrhundert die nach ihrem Gründer Ibn Abd al-Wahhab genannten Wahhabiten. Diese wollten den Islam erneuern, indem sie ihn von Einflüssen zu befreien versuchten, die vom ursprünglichen Monotheismus abwichen.

Andere islamische Reformer wurden von westlichen Gedanken beeinflusst. Der einflussreichste Reformer des 19. Jahrhunderts war der Ägypter Muhammad Abduh, der davon ausging, dass Vernunft und modernes westliches Denken die Wahrheit des Islam eher bestätigen als in Frage stellen würden und dass die islamische Glaubenslehre in neuzeitlichen Worten neu formuliert werden könne. Sir Muhammad Iqbal ist der wichtigste neuzeitliche Philosoph, der eine neue Interpretation der islamischen Glaubenslehre entwickelte. Intellektuelle in Ägypten, der Türkei und Indien unternahmen es, die Lehren des Korans mit den Ideen in Einklang zu bringen, die mit der konstitutionellen Demokratie, den Naturwissenschaften und der Emanzipation aufkamen. Der Koran lehrt das Prinzip der „Herrschaft durch Beratung“, das – wie sie argumentierten – in heutigen Zeiten am besten durch repräsentative Regierungsformen und nicht mehr durch die Monarchie zu verwirklichen sei. Sie wiesen darauf hin, dass der Koran die Erforschung und Nutzbarmachung der Natur fördert und dass die Muslime einige Jahrhunderte lang in den Naturwissenschaften führend waren. Sie vertraten weiter die Auffassung, dass der Koran die Frauen rechtlich gleichgestellt habe, dass diese Rechte jedoch von den Männern an sich gerissen worden seien, indem diese die Polygamie massiv missbraucht hätten.

Zwar basieren die modernistischen Gedanken auf plausiblen Interpretationen des Korans, sie wurden jedoch, besonders nach 1930, von den Fundamentalisten erbittert bekämpft. Der islamische Fundamentalismus, der als Reaktion auf den Modernismus die Rückbesinnung auf die Fundamente des Islam fordert, lehnt nicht die moderne Bildung, Naturwissenschaft und Technik als solche ab, sondern beschuldigt die Modernisten, Moralvorstellungen sowie Lebensformen der westlichen Welt zu verbreiten. So machen sie z. B. die Emanzipation der Frau nach westlichen Muster für eine permissive Sexualmoral und den Zerfall der Familie verantwortlich. Demgegenüber fordern sie, die Rechtsvorstellungen der Scharia als Staatsgesetz durchzusetzen. Weitere Gründe für das Aufkommen des Fundamentalismus liegen in der Unfähigkeit westlich orientierter Staatspräsidenten, die Situation der zumeist armen und rasch wachsenden Bevölkerung dieser Länder zu verbessern sowie darin, dass in breiten Bevölkerungsschichten noch immer Resentiments gegenüber den früheren Kolonialmächten bestehen, die ihren Ausdruck in der Abneigung alles Westlichen finden.

Auch in der Neuzeit hatte der Islam Missionserfolge zu verzeichnen, so z. B. in Schwarzafrika sowie unter den Schwarzen in den USA (Black Muslims)
 

Quelle: www.wort-gottes.ch

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